Kapitel 11

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,,Komm meine Süße. Wir wollen doch neue Anziehsachen suchen!", liebevoll drückte ich Eva einen Kuss auf die Stirn.

Auf diesen Tag hatte ich so lange drauf hin gearbeitet, dass ich es nun kaum erwarten konnte.

Ich hatte mich strikt von Sachen getrennt, die ich nur selten trug, hatte Sachen von den Zwillingen aussortiert, die ihnen zu klein waren und hatte alle diese Sachen an einen Second-Hand-Shop gegeben, der mir dafür etwas Geld gab.

Ich hatte von meinem Arbeitsgehalt jeden Monat etwas abgezweigt und endlich hatte ich genügend Geld, um uns drei neu einzukleiden.

Eigentlich wollten wir schon vor einigen Wochen shoppen gehen, doch mein Bein war erst vor einer Woche komplett verheilt und man hatte mir Gips und Schiene abgenommen.

Also hatten wir den Ladenbesuch auf später verschoben, was hieß, dass es jetzt soweit war.

Langsam, mit Vera an meiner rechten und Eva an meiner linken Hand, schlenderte ich durch das kleine Kaufhaus.

Es war immer anstrengend mit kleinen Kindern einkaufen zu gehen, besonders, wenn man allein ist und beide Kinder quengelten, aber trotzdem mochte ich es.

Ich war zwar 'schon' 18 Jahre alt, bald 19, aber meine Kindheit hatte vor ein bisschen weniger vier Jahren ein rasches Ende gefunden.

Während andere Mädchen in meinem Alter shoppen gingen, sich gegenseitig schminkten und darüber rätselten, welcher Junge nun auf wen stand, hatte ich mir einen Job gesucht, eine Wohnung eingerichtet, Windeln gewechselt und zwei kleine Kinder bekommen. Ich musste über die Angst vor Leuten hinweg kommen, über den seelischen Schmerz, den der Rausschmiss meiner Eltern und die Vergewaltigung bei mir verursacht hatte.

Vera hatte anscheinend etwas gefunden, was ihr gefiel, denn sie zog mich zu einem Kleiderständer, so gut sie konnte.

Aufgeregt zeigte sie mit ihren kurzen Fingern auf ein rosafarbenes Kleid, was mich an das einer Ballerina erinnerte.

Es hatte einen weiten Rock und lag oben etwas enger an.

Lächelnd nahm ich es vom Kleiderhaken und wir gingen weiter.

Auch Eva entdeckte kurz darauf einen süßen Pulli, der ihr anscheinend gut gefiel.

Er war aus sehr dünnem Stoff, weiß, hatte lange Ärmel, eine Kapuze und in der Mitte ein rosanes Einhorn.

Auch diesen zog ich vom Kleiderbügel, suchte noch schnell eine passende Hose dazu raus, dann brachte ich meine Kinder in eine Umkleide und half ihnen beim Umziehen.

****

Mittlerweile hatten wir genügend Sachen zusammen, doch ich konnte mich trotzdem nicht von dem Laden losreißen.

Es gab da dieses Kleid...

Es bestand aus einem Unterkleid aus seidigem, roten Stoff und dünnem, hellrotem Stoff darüber.

Um die Taille herum wurde es enger, sonst war es locker.

Es war mir sofort ins Auge gefallen, aber nachdem ich auf den Preis geguckt hatte, wollte ich es mir sofort aus dem Kopf schlagen

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Es war mir sofort ins Auge gefallen, aber nachdem ich auf den Preis geguckt hatte, wollte ich es mir sofort aus dem Kopf schlagen.

Erst als Eva begann, an meiner Hose zu zerren, ließ ich es schweren Herzens wo es war und lief zu Kasse um zu bezahlen.

****

Als wir zu Hause ankamen, erwartete mich eine Überraschung.

,,Olive! Was machst du denn hier?", fröhlich zog ich sie in eine sanfte Umarmung.

,,Wie geht es dir?", erkundigte ich mich besorgt.

,,Darüber wollte ich mit dir reden, Dayna. Unter vier Augen.", eindringlich blickte sie mich an.

Ich verstand den Wink und öffnete die Haustür.

,,Fühl dich wie zu Hause. Dort ist die Küche. Ich komm gleich nach, ich bring nur schnell Eva und Vera ins Bett.", lud ich sie ein.

Etwa 15 Minuten später betrat ich den selben Raum.

Olive hatte sich meine Worte zu Herzen genommen und einen Tee aufgebrüht, den sie mir jetzt überreichte.

Mal wieder fiel mir auf, wie alt sie wirkte. Nicht nur ihr Körper schien gebrechlich. Ihr Gesicht war von tiefen Falten durchzogen. Wenn sie ihre Hand hob, zitterte diese furchtbar und ihre Augen wirkten, als würden sie schon sehr lange auf das Unglück der Welt blicken und wären es leid.

,,Du bist eine tolle Mitarbeiterin, das weißt du oder Dayna?" ,eröffnete meine Chefin das Gespräch.

,,Danke.", in meiner Naivität fühlte ich mich geschmeichelt.

,,Du weißt, dass ich 41 Jahre alt bin. Und du weißt auch, dass ich an Krebs leide. Vor einigen Wochen hat man mir erzählt, dass ich nur noch wenig Zeit im Leben habe. Mein Mann weiß davon und ist traurig, aber wir wollen uns die Zeit nicht vermiesen. Wir wollen uns unseren Traum erzählen und um die Welt reisen. Nur leider haben wir nicht genug Geld."

,,Ich kann ihnen etwas leihen!", bot ich an. Es nahm mich sehr mit, dass diese Frau, die ich so gerne hatte möglicherweise in Kürze sterben würde, doch Olive brachte mich mit einem rauen Lachen zum Schweigen.

,,Darum geht es nicht Dayna. Wir haben uns Geld beschafft.
Und deswegen bin ich hier. Wir haben das Cafe verkauft. Es tut mir leid, ich hatte nie daran gedacht, was ich meinen Angestellten antue...
Vielleicht ist es besser, wenn ich jetzt gehe.
Du bist eine starke junge Frau, Dayna. Bleib so, wie du bist.", mit einem kleinen Ächzen stand sie auf und humpelte aus der Küche.

Wie versteinert saß ich da, auf dem harten Stuhl, und es kam mir vor, als würde ich träumen.

Ich hörte das leise Knacken, als die Tür ins Schloss fiel.

Ich sah den Regen auf die Scheibe trommeln.

Ich spürte, wie mir die Tasse aus der Hand rutschte.

Ich hörte das Porzellan auf den Boden fallen und zersplittern.

Ich spürte den Schmerz, als sich eine Scherbe in meinen Fuß bohrte.

Und doch nahm ich nichts von all dem war.

Mit einem Schlag wurde ich wieder hellwach. Mir wurde klar, dass ich soeben meinen Job los war.

Soeben hatte ich meine einzige Möglichkeit verloren, diese Wohnung zu bezahlen und meine Kinder zu ernähren.

Und ich dachte, es konnte nicht mehr schlimmer kommen.

Niedergeschlagen legte ich meinen Kopf auf den Tisch und brach in Tränen aus.

Was konnte jetzt noch schief laufen?

Hätte ich bloß nicht an so etwas gedacht, denn in dem Moment klingelte es an der Tür.

Schluckend stand ich auf, strich meine Hosen glatt, was wohl ein nerviger Tick von mir war, und lief zur Tür.

Im Flur beseitigte ich vor dem kleinen Spiegel so gut es ging meine Tränenspuren.

Dann öffnete ich die Tür.

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Hey meine Motten!

Schon wieder habe ich einen Cut drin😊

Arme Dayna.

Ich muss euch leider sagen, dass das noch nicht das schlimmste war, was Heaven passiert war.

Aber keine Angst. Irgendwann geht es wieder Bergauf.

Irgendwo habe ich mal dieses Spruch gelesen: ,,Auch in tiefster Dunkelheit gibt es ein Licht, dass dir den richtigen Weg zeigt."

Mal schauen, wer Daynas "Licht" ist😝😝

Bis bald

One Reason *Pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt