Kapitel 1

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,,Ganz ruhig Süße.", beruhigend schaukelte ich Vera in meinem Arm hin und her, während ich gleichzeitig versuchte, Eva zu wickeln.

Meine beiden Schätze waren mittlerweile bald zwei Jahre alt.

Obwohl es schwer war, sich als 18-Jährige mit zwei Kindern und schlecht bezahltem Job durchzuschlagen, konnte ich mir ein Leben ohne die Zwillinge nicht mehr vorstellen.

Sie waren mein Ein und Alles und wenn ich in ihre unbeschwerten, braunen Augen schaute, vergaß ich alles Andere um mich herum.

Dann vergaß ich, dass ich eine winzige Wohnung hatte, dass meine Eltern mich rausgeschmissen hatten.

Ich vergaß, dass ich noch nie einen Freund hatte und immer unerwünscht gewesen war.

Die Beiden halfen mir über alles hinweg...

Vorsichtig band ich mir ein Tragetuch um, in welches ich Eva setzte, und nahm Vera auf den Arm.

Ich war spät dran, in etwa 30 Minuten würde meine Arbeit beginnen, mit der U-Bahn brauchte ich mindestens 20 Minuten, und ich musste Eva und Vera noch in den Kindergarten bringen.

Als ich in die U-Bahn stieg, begann Eva leise zu wimmern.

Ich spürte die Blicke der Leute auf mir und versuchte, Eva möglichst unauffällig zu beruhigen.

Als sie anfing loszubrüllen, fragte mich eine ältere, streng aussehende Dame herablassend, ob ich nicht zu jung wäre, um auf zwei Babys aufzupassen.

Mit hochrotem Kopf wollte ich mich rechtfertigen, aber mit einem 'Pling' öffneten sich die Türen und ich konnte die
Bahn verlassen.

Erleichtert eilte ich durch die bunten Schwingtüren der Kita und gab die Zwillinge schweren Herzens bei einer Erzieherin ab.

So schnell ich konnte hetzte ich zu der Haltestelle und erwischte in letzter Sekunde die Bahn.

Erschöpft ließ ich mich auf einen freien Sitzplatz fallen. Jetzt musste ich erstmal eine Weile warten, bis ich wieder aussteigen konnte.

Gedankenverloren blickte ich in die Luft.

Ich hatte echt Glück, dass der Kindergarten schon um 6:30 Uhr öffnete.

Er war extra für arbeitende Eltern eingerichtet.

Müde ließ ich meinen Kopf auf die Sitzlehne sinken.

Ich war jetzt schon völlig fertig, dabei hatte der Tag eben erst begonnen.

Zum Glück war bald Wochenende.

****

Leise öffnete ich die Tür zu dem kleinen Cafe, in dem ich arbeitete, und huschte auf meinen Platz.

Kathreen, meine Mitarbeiterin, begrüßte mich fröhlich.

Sie war auch erst 18 Jahre alt und ich hatte in ihr eine echte Freundin gefunden.

Ich mochte ihre unbefangene, offene Art.

Insgesamt gab es fünf Leute, die hier arbeiteten.

Außer Kathreen und mir waren da noch Josh, William und Olive.

Josh und Will, 24 und 23 Jahre, waren die Spaßvögel unter uns.

Sie hatten gemeinsam kurz nach mir angefangen und waren seit vielen Jahren befreundet.

Ich hatte sie wirklich gerne, aber manchmal trieben sie mich mit ihren Scherzen zur Weißglut.

Mit ihren 41 Jahren war Olive deutlich die Älteste von uns und die Inhaberin dieses Cafes.

One Reason *Pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt