Kapitel 14

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Langsam wanderte ich durch das große Haus. Das Einzige, was man hörte, war das Tapsen meiner nackten Füße auf den Fliesen, ansonsten war alles ruhig.

Die Jungs schliefen, Vera und Eva schliefen, das Baby schlief, nur ich konnte keinen Schlaf finden.

Ich zuckte zusammen, als ich ein Geräusch hinter mir hörte. Die Situation erinnerte mich stark an die Nacht, in der mein Leben zerstört wurde, aber das war jetzt nicht wichtig. Wichtig waren die Ereignisse, die in naher Vergangenheit passiert waren, wie der Brief

Immer wieder hörte ich in meinem Kopf Bruchstücke des Textes.

Hässlich.... Missgeburt.... Schlampe... vergewaltigt... fett... Nutte...

Verzweifelt hielt ich mir die Ohren zu, um die Stimme, die in mir wisperte, nicht mehr zu hören, doch gegen die Wörter half es nichts.

Erschöpft lehnte ich mich gegen die weiße Wand, rutschte an hier hinunter und vergrub meinen Kopf zwischen meinen Knien.

Warum passierte immer mir so ein Mist? Nicht, dass ich es anderen Leuten wünschte, aber Menschen sind nunmal Egoisten und auch ich war da keine Ausnahme.

'Siehst du, du Missgeburt, du bist schlecht, von Grund auf. Bring dich um, niemand sollte dir begegnen.', flüsterte die Stimme in meinem Schädel.

,,Sei leise!", murmelte ich.

'Wieso? Weil du, wenn du ehrlich bist, doch weißt was ich meine, nicht wahr?', ich konnte die Häme in dem Satz hören.

,,Lass mich in Ruhe, geh schon weg!", ich konnte die Wut in mir brodeln und blubbern spüren und wusste, dass ich kurz vor dem Ausrasten stand.

'Merkst du die Wut in dir? Merkst du, wie sie blubbert? Wie ein Vulkan. Du bist ein Vulkan. Vulkane sind gefährlich für alle. Setze deinem Leben ein Ende, bevor du dem deiner Kinder im Wege stehst. Sonst passiert ihnen das selbe wie deinem toten Kind!'

"Halt endlich deine verfickte Klappe und verpiss dich aus meinem Kopf du... du...", mein Atem ging schnell und mein Herz hämmerte gegen meine Brust.

,,Ähm... Dayna? Alles okay?",nentsetzt blickte ich in die grünen Augen, die über mir schwebten.

,,Oh Gott... Harry... Du musst mich ja für verrückt halten.", hauchte ich.

,,Ach was. Ich führe auch oft Selbstgespräche. Bitte hör auf, so zu gucken, das macht dein süßes Gesicht nur faltig.", sanft strich er über meine Wange.

Verlegen bis ich mir auf die Unterlippe, als ich spürte, wie ich rot wurde.

Er lachte leise und hockte sich neben mich.

Eine ganze Weile saßen wir einfach nur schweigend nebeneinander und ich starrte an die Wand gegenüber von uns.

Schließlich brach Harry die Stille.

,,Soll ich dir etwas Schönes zeigen?", ohne auf meine Antwort zu warten, griff er nach meinem Handgelenk und zog mich hinter sich her.

,,Warte, mach nicht so schnell! Ich hab viel kürzere Beine als du!", beschwerte ich mich.

Schon wieder grinste er, was seine süßen Grübchen zeigte und ich musste ihm einfach hinein pieken.

,,Ich kann einfach nicht anders.", grinste ich.

Er erwiderte mein Grinsen, dann liefen wir weiter.

Am Ende des Flurs blickte Harry sich kurz um, dann öffnete er eine schmale Tür, die mir bestimmt nicht aufgefallen wäre.

One Reason *Pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt