Kapitel 6

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Bevor sie wirklich merkte, wie die Zeit verging, war die Vollmondnacht gekommen.

Besorgt starrte sie auf die Uhr. um punkt 7 Uhr spürte sie, wie ihr Körper sich zu strecken und umzuformen begann. ihr wurde schwindelig und vorsichtig setzte sie sich auf ihr bett. Gerade noch rechtzeitig, sobald sie saß, wurde ihr schwarz vor Augen.

Als sie wenige Minuten später wieder aus ihrer kurzen Ohnmacht erwachte, hatte sie sich vollständig in eine Prinzessin verwandelt.

Bewundern sah sie in den Spiegel. sie hatte lange braune Haare, die kunstvoll auf ihrem kopf festgesteckt waren. Ihre Augen waren von einem wunderschönen klaren himmelblau.

Besonders von dem Kleid war sie verzaubert. Es war relativ schlicht, aber in ihren Augen perfekt.

Es war genau in dem gleichen blau wie ihre Augen. Unter der Brust hatte es einem cremefarbenen Gürtel, auf dem Saphire waren, umrandet von kleinen Diamanten. Der Rock fiel in weichen Wellen bis auf den Boden, an ihrer Hüfte mit einer silbernen Spange festgehalten. unten am Saum waren kleine, cremefarbene Blüten eingestickt, deren Mitte, wie bei der Blüte auf ihrer Hüfte, von einem kleinen Saphir gebildet wurde.

Sie wusste nicht, woher sie es wusste, aber sie wusste, dass sie Eleanor Louise von Kaphengst hieß und 21 Jahre alt war. Sie hatte auch keine Probleme damit, sich anmutig zu bewegen und erinnerte sich an alle Tischmanieren, die ihr nie jemand beigebracht hatte.

Die Mülltonne war begeistert. ihr gefiel diese Seite von sich schon jetzt ausgesprochen gut.

sie wusste jedoch, dass sie sich unmöglich schon jetzt vom Prinzen sehen lassen könnte. so versteckte sie sich immer im schlossgarten auf der großen schaukel, die, vom mondlicht beschienen, von der riesigen eiche am rand des sees hing.

sie musste sich jeden Abend beeilen von der Tafel das Königs wegzukommen, damit ihr Geheimnis nicht versehentlich aufgedeckt wurde. schon am dritten Abend gelang es ihr nicht mehr ganz. Der Prinz hatte sie zu lange aufgehalten, um am ihr herumzumeckern, und als sie den gang zu ihrer Kammer entlang eilte, fiel sie zu Boden und verwandelte sich. Gerade noch rechtzeitig erreichte sie die Tür, als draußen laut lachend die Mägde vorbei liefen. sie erhaschte einige wortfetzen, es ging wieder um den großen ball des Königs, auf dem alle Prinzen und Prinzessinnen aus den ganzen anderen Königreichen dabei sein würden.

Intern wurde der ball auch hochzeitsball genannt, da so gut wie jeder König  seine Töchter oder söhne dorthin schickte, in der Hoffnung einen partner zu finden. Eleanor Louise war klar, dass das ihre größte chance war, dem Prinzen näher zu kommen.

schon am nächsten Abend sollte der ball statt finden. Die ganze Nacht saß Eleanor Louise auf der schaukel und stellte sich ihren ersten ball vor.

Am nächsten morgen, nun wieder als unscheinbare Mülltonne, stand sie auf.

Erstaunt stellte sie fest, dass sie vollständig ausgeruht war, auch wenn sie, anders als bisher alle Nächte, nicht geschlafen hatte. Ihr Dasein als Prinzessin schien genauso erholsamen zu sein.

Mit einem freudigen lächeln auf den Lippen trat sie ihren Dienst an. Die gemeinheiten, die der Prinz noch immer ohne Unterbrechung auf sie abfeuerte, schmerzten lange nicht mehr so sehr wie am Anfang, dennoch konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass der Prinz sie jemals mögen würde, nicht einmal, wenn er nichts von ihrer Mülltonnen-Identität wusste.

sie war vollkommen in Gedanken versunken, als zum ersten mal seit länger Zeit wieder der große Vogel des Königs kam, um sie zum thronsaal zu begleiten, indem sie sie sofort einzufinden hatte, wie der Vogel betonte.

Die Abenteuer der MülltonneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt