Eleanor Louise merkte, wie ihre Schritte immer langsamer und zögerlicher wurden, je näher sie den Ställen kam. Einerseits konnte sie es kaum erwarten, den Prinzen in iher Prinzessinengestallt wieder zu treffen, aber andererseits hatte sie auch unglaublich Angst, sich durch irgendetwas, das sie sagte oder tat ihr Geheimnis zu verraten oder sich vor dem Prinzen zu blamieren.
Doch sobald sie den Prinzen sah, kam ihr die Sorge überflüssig vor. Er hatte seine beiden Pferde schon gesattelt und lächelte ihr erfreut entgegen. "Du siehst wunderschön aus." flüsterte er ihr ins Ohr als er ihre Wange küsste. Eleanor Louise spührte wie ihre Wangen rot wurden und schaute mit einem verlegenen Lächeln auf den Boden, und dankte dem Prinzen leise.
Dieser grinste nur wissend, und gab ihr die Zügel von Dark Secret. "Wer zuerst an der grossen Eiche ist", lachte er, stieg auf Silver Sky und verschwand. Mit offenem Mund starrte sie ihm hinterher. Hatte er sie gerade wirklich stehen lassen, ohne ihr aufs Pferd zu helfen? Was für gutes Benehmen er doch hat, dachte sie ironisch und verdrehte die Augen. Das würde sie nicht auf sich sitzen lassen beschloss sie. Schnell stieg sie auf das Dark Secret, und hoffte dass ihre Verwandlung auch die Fähigkeit zu reiten beinhaltete. Als die Prinzessin schnalzte, lief der schwarze Hengst sofort los, und nachdem sie das offene Grasland des Schlossparks erreichte, konnte sie in der Ferne schon den Wald und kurz davor auch das weiße Pferd des Prinzen sehen. Sie gab die Zügel vor, und als würde ihr Pferd ihre Gedanken lesen können, schoss es vorwärts und galoppierte in einem unglaublichen Tempo dem Prinzen hinterher.
Glücklich lachend kam Eleanor an der uralten Eiche, die windschief am Rand des Waldes stand an, und diesmal eilte der Prinz zu ihr und half ihr vom Pferd. "Das nächste mal kommst du nicht so einfach damit davon, mich erst allein lassen und dann auch noch so unverschämt grinsen." zischte sie wütend. Verstört sah Henry sie an, "Eleanor, ich wusste nicht.." doch bevor er weiterreden konnte, fing sie an zu lachen: "Du hättest dein Gesicht sehen sollen, bleib ruhig, ich habe nur Spaß gemacht. Aber das nächste Mal werde trotzdem ich gewinnen!"
Lachend band er die Pferde zum grasen an, nahm ihre Hand und führte sie unter die Eiche. "Hier, stell deinen Fuß in meine Hand, ich habe ein Picknik im Baum vorbereitet", sagte er. "Ein Picknik im Baum? Das ist etwas ganz neues. Hast du dir mal überlegt wie ich im Kleid dort hinauf klettern soll?" fragte Eleanor ihm skeptisch. Verlegen schaute Henry auf den Boden. "Warte, ich habe immer ein paar Reiterhosen und Blusen in meinen Satteltaschen", bemerkte er. Schnell lief er zu den Pferden und gab ihr die Kleidung. Sie beschloss nicht weiter nachzufragen, wieso er so etwas immer dabei hatte, und befahl ihm sich umzudrehen während sie sich umzog.
Als sie fertig war, fiel ihr auf wie bequem es war, mal nicht in Kleidern zu sein, die einen immer einzwängten und am rennen hinderten. Glücklich lief sie zurück zur Eiche um mit Henry hinauf auf einen dicken Zweig zu klettern. Er holte den Picknikkorb heraus, den er zwischen Ästen eingeklemmt hatte. Von ihrem Platz aus konnten sie bis zum weit entfernten Schloss schauen, über den See und den Park.
"Hübsch hier, findest du nicht?" sagte Henry leise. Eleanor nickte nur und lächelte ihn an. Wie perfekt das grün seiner Augen zu dem dunklen grün der Blätter passte, doch je länger sie ihn anschaute, desto mehr sah sie das traurige und verschlossene in ihnen. "Manchmal hilft es, darüber zu reden", sagte sie leise. An seinem Ausdruck konnte sie sehen, dass er wusste wovon sie sprach, dennoch schien er überrascht.
"Was willst du wissen, es gibt nicht worüber ich reden will." fuhr er sie plötzlich an. Erschrocken schaute sie ihn an, nun war er wieder der Prinz den sie kannte, wenn sie eine Mülltonne war, ärgerlich und unnahbar. Doch da wurde sein Gesicht traurig, und er zog sie in seine Arme. "Es tut mir Leid, ich bin es nur nicht gewohnt dass sich jemand um mich sorgt, seit..." "Seit was?"
"Seit meine Mutter verschwunden ist. Einfach von einem Tag auf den anderen war sie weg, keiner Erklärungen, jede Spur endete im nichts. Ich war gerade 7 geworden, und sie hatte mir versprochen, dass sie mir beibringen würde zu reiten, sobald ich 7 war. Doch soweit kam es nicht. Fünf Jahre später, als jede Suche erfolglos blieb, wurde sie für tot erklärt.. Ich kam fast jeden Tag zu dieser Eiche, nur damit ich so weit wie möglich von meinem Vater entfernt war. Er warf mit Dingen um sich, trank und warf alle weiblichen Mägte und Köchinnen aus dem Schloss. Zwei Jahre später, als er zum ersten mal wieder aus dem Schloß hinaus kam, ging er in den Stall, und befahl dem Stallmeister die Pferde meiner Mutter zu töten. Doch ich konnte es nicht zulassen, sie liebte sie zu sehr um zu wollen dass ihnen etwas zustieß. Also überredete ich meinen Vater die Pflege komplett mir zu überlassen. Dann kam eine neue Magt mit ihrer Tochter zum Schloss. Magdalena, sie konnte reiten und gab mir heimlich Unterricht. Wir waren beste Freunde, bis wir 14 waren, von da an waren wir zusammen. Als wir 17 Jahre wurden, wollte mein Vater dass wir uns verlobten. Jedoch hatte sie Angst vor den Aufgaben die eine Prinzessin und später Königin haben würde und ritt mit ihrem Pferd in den Wald um nachzudenken. Doch ihr Pferd scheute, sie fiel und starb. Wäre ich bei ihr gewesen, könnte sie jetzt noch am Leben sein..."
Dort brach er ab, und eine Träne rollte seine Wange herunter. Eleanor wischte sie weg und nahm ihn in den Arm. "Ich wusste nicht, dass es so schlimm ist," sagte sie, "doch es kann alles besser werden, beide, deine Mutter und Magdalena würden wollen dass du wieder glücklich bist." Sie fühlte sich schuldig, dass sie ihm nicht erzählte, dass sie durch das Gespräch des Königs mit dem Mann im Garten wusste, dass die Königin noch am Leben war, doch es war die Aufgabe des Königs es dem Prinzen zu berichten. Als Henry sich beruhigt hatte, lächtelte sie ihm aufmunternd zu und sie kletterten den Baum hinab, stiegen auf die Pferde und ritten in den Wald.
Lange Zeit schwiegen sie und trabten gedankenversunken nebeneinander her. Dann kamen sie auf einen langen Sandweg, der über eine riesige Lichtung hinauf zu einer alten Burgruine führte, die ganz oben auf einem Felsvorsprung stand. "Wer zuerst an der Burg ist!" rief die Prinzessin freudig, diesmal wollte sie umbedingt gewinnen, und trieb Dark Secret in einen schnellen Galopp. Kurz darauf kam sie atemlos an der Burg an, sie streichelte ihr Pferd und stieg ab, und erst da erreichte der Prinz sie. "Ach, sieh an, du bist doch sonst so schnell, was ist passiert?" lachte sie stichelnd.
"Ich habe dich nur gewinnen lassen, das nächste mal wird es nicht so leicht." antwortete er und zwinkerte ihr zu. Ihr wurde ganz kribbleig im Bauch wenn er sie so ansah.Sofort bereute sie ihren Gedanken. Der Prinz mochte sie zwar anscheinend, doch sie war sich sicher dass es sich nur im freundschaftlichen Ramen hielt. Als sie die Pferde angebunden hatten, nahm er ihre Hand und sie liefen hinauf zum alten Turm, der das einzige war, was noch stand. Sie standen eine Weile dort, und betrachtetenden roten Sonnenuntergang.
Henry schaute Eleanor von der Seite an, während sie in die Ferne starrte. Ihre braunen, leichten Locken umrahmten ihr feines Gesicht, ihre Kornblumen blauen Augen in perfektem Kontrast zu ihrer hellen Haut und ihren leicht rosanen Wangen. Er fragte sich ob sie wusste, wie schön sie war. Da schaute sie ihn plötzlich an, und Henry schaute ertappt zu Boden und fühlte die röte in seine Wangen steigen. Doch Eleanor lächelte ihn an, und er konnte nicht dem Drang wiederstehen, ihre Hand in seine zu nehmen. Sie war so klein, oder seine einfach so groß, doch es fühlte sich perfekt an. Er stich über ihre Wange, dann beugte er sich zu ihr und küsste sie zärtlich.
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Die Abenteuer der Mülltonne
FantasyWas passiert, wenn du verzaubert wirst? Durch unglückliche Umstände in eine Situation kommst, die alles verändert? Prinzessin oder Mülltonne? Liebe oder Hass? Fluch oder Segen?