Zwei Wochen später fand der nächste ball statt. Aufgeregt wartete die Mülltonne auf ihre Verwaltung und als es 7 Uhr schlug, legte sie sich auf ihr Bett und schloss die Augen. Als sie wieder erwachte, stand sie langsam auf und sah in den Spiegel. Ihr blieb fast das Herz stehen, so überrascht war sie. Ihre Haare fielen in seidigen Wellen über ihre Schultern, ihr Diadem hatte Rubine und Diamanten in den goldenen Rahmen eingesetzt. Das Kleid war robinrot, mit Diamanten wurde ein wunderschönes, reines Blumenmuster über das Oberteil gelegt. Das Kleid war eng bis zur Taille und fiel von dort in Rüschen bis auf den Boden, kleine diamantene Sterne, die einen Rubin in der Mitte hatten, waren über den Rock verteilt.
Lächelnd machte sich Eleanor Louise auf den Weg zur Festhalle, in der das Dinner stattfand. Dieser Ball war nicht so groß wie der Letzte, doch trotzdem waren immer noch über 200 Gäste geladen. Als Eleanor Louise eintrat, sah sie sich lange um, und da erblickte sie den Prinzen. Er redete mit einer schönen Prinzessin mit langen strohblonden Haaren und einem rosafarbenen Ballkleid. Beide schienen sich prächtig zu amüsieren und die Gegenwart des Anderen zu genießen. Wütend ging sie zur anderen Seite der Halle. Warum war sie nur wütend? Sie hatte keinen Grund, eifersüchtig zu sein, versuchte sie sich einreden. Da tippte ihr jemand auf die Schulter. Verwundert drehte sie sich um und Alexander stand vor ihr. Sie musste zugeben, mit seinen strahlend blauen Augen und den strohblonden Haaren sah er sehr gut aus. Als er fragte, ob sie mit ihm tanzen würde, bejaht sie ohne zu zögern. vielleicht könnte sie Henry ja auch eifersüchtig machen...
Traurig dachte Sie an den Abend am See zurück. Sie hatte dem Prinzen ohne darüber nachzudenken jedes Wort geglaubt. Wie viel davon war tatsächlich wahr gewesen? Wenn sie ihm wirklich so viel bedeutete, hätte er dann nicht nach ihr ausschau halten müssen? Und hätte er sie dann nicht gesehen, und wäre zu ihr gekommen, obwohl er sich gerade mit dieser anderen Prinzessin unterhalten hatte? Von ihren eigenen Gedanken genervt, versuchte sie diese aus ihrem Kopf zu verbannen und den Tanz zu genießen, denn Alexander war ein ausgezeichneter Tänzer. wenn auch nicht so gut wie Henry, schoss es ihr durch den Kopf. Ärgerlich schüttelte sie den Kopf. sie musste diesen Prinzen vergessen.
Aber dann, kurz vor dem Dinner, stürmte Henry plötzlich wütend durch die Menge. Bevor Eleanor Louise oder Alexander sich versehen könnten, hatte Henry Alexander schon heftig ins Gesicht geschlagen, sich schützend vor Eleanor gestellt und schrie: "Ich hab dir schon einmal gesagt, dass du dich von ihr fernhalten sollst! Ich hab es auch so gemeint! Halt dich daran! Du gehst jetzt besser, bevor ich noch etwas schlimmeres mit dir anstelle!"
Verängstigt versuchte Eleanor ihre Hand aus Henrys zu ziehen, doch er griff nur fester zu. "Lass uns platz nehmen!", sagte er sanft zu ihr und lockerte seinen Griff endlich. Er führte sie an die Spitze der Tafel, wo der König und sonst nur Familienmitglieder sitzen durften.
Den Rest des Abends tanzten sie unbesorgt und Eleanor sah Henry immer wieder ganz verliebt an. Es hatte sich heraus gestellt, dass das blonde Mädchen nur eine Cousine des Prinzen war, die mit ihrer Mutter, der Schwester des Königs ihren Urlaub hier auf dem Schloss verbrachte.
Gerade als der Prinz sich zu ihr herunter beugte, um sie zu küssen, fiel ihr Blick auf die Uhr. 5:45. Nicht mehr lange bis zu ihrer Verwandlung! Es durfte ihr nicht noch einmal passieren, dass ihr die Zeit so knapp wurde, wie beim letzten Ball. Schnell stieß sie den Prinzen leicht vor die Brust, knickste und sagte: "Danke für den schönen ball, ich habe die Zeit wirklich genosssen, aber ich muss nun gehen." Mir diesen Worten lief sie aus dem Saal.
***
Ich sah Eleanor Louise kurz verwundert hinterher, dann folgte ich ihr schnell. Warum ging sie nur immer so überstürzt?
Verwirrt stellte ich bald fest, dass sie nicht zum Haupteingang sondern in die entgegengesetzte Richtung zu der Tür, die die Kellner und die anderen Dienstboten benutzten, lief. Was wollte sie da bloß?
So ziemlich alle Regeln über Ehre und Stolz eines Kronzprinzen und die Privatsphäre einer fremden Prinzessin missachtend, folgte ich Eleanor Louise in den Teil des Schlosses, in dem die Dienstboten wohnten. Es dauerte nicht lange bis sie ihr Ziel erreicht hatte. Sie sah sich noch einmal gründlich um, und ich konnte mich nur noch in letzter Sekunde in den nächsten Gang retten.
Nachdem sie die Tür sorgfältig hinter sich geschossen hatte, schlich ich näher und sah auf das Schild, das neben der Tür befestigt und auf dem der Bewohner vermerkt war.
"private Mülltonne des Kronzprinzen", las ich und erstarrte. Eleanor Louise kannte meine Mülltonne? Hatte sie vielleicht doch etwas ausgeplaudert, von dem, was ich ihr am See erzählt hatte? Ich hatte von Anfang an gewusst, dass es keine gute Idee gewesen war, aber mein Drang, das alles jemandem zu erzählen, war einfach zu groß gewesen, und ich hatte ja sonst niemanden, der mir zuhörte, ohne sofort Hochzeitspläne zu machen.
Ich konnte mich nicht länger beherrschen und schaute vorsichtig durch das Schlüsselloch. Der Raum war klein und gut zu überblicken. Die Mülltonne war definitiv nicht da. Eleanor Louise stand vor dem Spiegel und betrachtete sich mit einem Gesichtsausdruck, den ich nicht ganz deuten konnte, er war fast schon wehmütig.
Sie seufzte noch einmal traurig und strich über den Stoff ihres Kleides, bevor sie sich auf das schmale Bett legte und die Augen schloss. Ging sie in ihrem Ballkleider im Zimmer einer Bediensteten schlafen?
Irgendwo im Schloss schlug eine Uhr 6 und ich wusste, ich sollte zurück zum Ballsaal gehen und die Gäste verabschieden, doch ich konnte meine Augen nicht von Eleanor Louises friedlich schlafender Gestalt abwenden.
Plötzlich stellte ich fest, dass ihr Körper begann, sich zu verformen. Erschrocken machte ich ein paar Schritte rückwärts. Was ging hier vor?
Als ich mich von dem ersten Schrecken erholt hatte und wieder in die kleine Kammer blickte, war die Verwandlung so gut wie abgeschlossen.
Meine Augen weiteren sich und ich wollte einfach nicht glauben, was ich sah. Nein, dass konnte einfach nicht wahr sein!
Wie konnte sich eine gewöhnliche Mülltonne in so eine wunderbare Prinzessin verwandeln?
Eine Weile stand ich noch vor der Tür, unsicher, was ich als Nächstes tun sollte.
Dann drehte ich mich abrupt um und ging zu meinen Gemächern. In diesem Moment war es mir egal, dass ich mir deshalb morgen wieder einen endlosen Vortrag von meinen Vater über richtiges Verhalten Gästen gegenüber und meine Verantwortung als Kronzprinz anhören musste.
In diesem Moment wollte ich einfach nur meine Ruhe haben und gründlich darüber nachdenken, was ich eben gesehen hatte...
***
**Nach dem Kapitel muss ich mich bei meiner Zwillingsschwester Amelie entschuldigen. Ich weiß, du hasst Liebesgeschichten, aber das hier ist immer noch ein Märchen und in jedes Märchen gehört eine Liebesgeschichte!
Ich hoffe sehr, allen anderen Lesern gefällt es.
Ich würde mich freuen, wenn ihr voten oder kommentieren würdet, was ihr von der Geschichte haltet. Danke! Bis bald!**
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Die Abenteuer der Mülltonne
FantasyWas passiert, wenn du verzaubert wirst? Durch unglückliche Umstände in eine Situation kommst, die alles verändert? Prinzessin oder Mülltonne? Liebe oder Hass? Fluch oder Segen?