0 4 | Lügen

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V i e r
Wer mit den Augen liebt, liebt nur einen Augen-Blick.

Rosé

»Wer zur Hölle ist Hades?«
Ein großes Fragezeichen steht Kate auf der Stirn geschrieben.

»Woher soll ich das denn wissen? Lass es uns schnell googeln, die Mittagspause ist gleich vorbei.«
Dränge ich meine Freundin.
Ich blicke auf meine Armbanduhr.
Nicht einmal mehr zehn Minuten haben wir.

»Bin schon dabei.«
Murmelt meine Freundin, eher zu sich selbst.
Wir sitzen am Fenster und haben einen schönen Blick auf den schwarzen Wald, der uns umgibt.
Die Einheimischen nennen ihn Tar taros, wie die Hölle der griechischen Mythologie.
Draußen wütet noch immer der Sturm, mir kommt es fast so vor als würde das Unwetter mit jeder Minute schlimmer werden.
Fast kontinuierlich erhellt ein strahlender, weißer Blitz den dunklen Himmel und lässt mich zusammenzucken.

»Da, ich hab' was!«
Ruft Kate triumphierend in mein Ohr.
Sie murmelt ein kurzes Sorry, als ich sie böse von der Seite ansehe.

»Hoffentlich ist es ein Gehirn, sonst seh' ich wenig Hoffnung für dich..«
Flüstere ich worauf hin sie nur die Augen verdreht.

»Hades,
Gott der Toten und der Unterwelt, ist Teil der mysteriösen Sagen und Legenden, rund um das alte Griechenland und ihre Götter. Er soll seit Anbeginn der Zeit über die Seelen der Verstorben herrschen und dunkele Kräfte bändigen können, die sich Andere nicht einmal Vorstellen zu wagen.«
Ließt Kate den Text auf der Website vor.
Der Computer flackert ein paar mal, aufgrund des Wetters. Auch die Lampen scheinen sehr beeinträchtigt zu sein.

»Er ist besonders für seine Kälte und Unberechenbarkeit bekannt, allen voran jedoch seine Verachtung gegenüber der Menschen. In den Legenden soll er sie gehasst haben. Auch sein seine Freunde sind eiskalte, brutale und herablassende Wesen, heißt es in der Mythologie. Besonders seine engsten Freunde Thanatos und Hypnos, Die Götter des Todes und des ewigen Schlafes, die ihm Treu ergeben sind. Besonders Thanatos soll Hades sehr nahe stehen und wird deshalb oft als seine Rechte Hand bezeichn- «
Plötzlich schlagt ein gewaltiger Blitz ein und der Computer rattert bis der Bildschirm mit einem lauten Zischen komplett schwarz wird.
Auch die Lichter geben auf und die Bibliothek wird in volle Dunkelheit getaucht.
Stromausfall.

»Scheiße
Flucht Katelyn als sie sich das Bein oder den Zehen, beim Versuch aufzustehen, gestoßen hat.
»Verdammt, das schmerzt ja mehr als Liebeskummer
Jammert sie.

»Warte, Kate!«
Ich ziehe ein Feuerzeug aus meiner schwarzen Jeanshosentasche und mache es an.
Augenblicklich spendet uns eine kleine Flamme und ein bisschen Licht.

»Geh an, du dummes Ding!«
Flucht Kate schon wieder und tritt erneut gegen den Tisch und klopft auf den Bildschirm.

»Du bist echt zu hohl, Kate. Klopfen wird den Computer nicht reparieren  machen, es sei' denn, was du hier machst ist eine neue Art eines Regentanzes?«
Scherze ich und schüttele belustigt meinen Kopf.

»Nein, weißt du, ich möchte dein Niveau herauf beschwören, nicht Regen. Es soll endlich aus dem Loch kommt, in das es gekrochen ist.«
Zischt sie während Kate noch ein paar letzte Male gegen den Computer tritt.

»Scheiße.«
Flüstert Kate, als sie schlussendlich aufgibt. Ich laufe mit dem Feuerzeug in der Hand ans Fenster, das durch die vielen Blitze etwas Licht spendet.
Auf einmal wird es auch noch eiskalt und ein kräftiger Windstoß fegt das Fenster auf, neben dem ich stehe.
Sofort regnet es stürmisch herein und ich werde von oben bis unten durchnässt, ehe ich es schaffe, mit viel Mühe das uralte, morsche Fenster zuzudrücken.
Erleichtert atme ich auf, als das Unwetter nicht mehr im Zimmer wütet.
»So ein Mist.«
Fluche ich vor mich hin.

Ich lehne mich sachte an das Holzfenster an.
Plötzlich ziehen sich wieder kleine Frostmuster rund um das Glaß innerhalb von wenigen Sekunden ist das ganze Fenster damit überzogen. Ich halte meine Hand auf das Fenster, aber die Schneeschicht auf der Innenseite verschwindet nicht.

Hastig ziehe ich mein altes Feuerzeug wieder heraus und versuche es, obwohl es bereits feucht geworden ist, an zu knipsen.

Komm schon!
Da flammt auch schon eine kleine Wärme auf.
Endlich.
Ich halte sie an das schlecht gestrichene Fenster. Dich die Kristalle verschwinden nicht. Ganz im Gegenteil, sie scheinen sich durch das Feuer zu vermehren und zu verdichten.

»Kate, das musst du sehen!«
Rufe ich meine Freundin.
Sie kommt angerannt und ich deute auf das Fenster.

»Diese kleinen Kristalle, sie waren plötzlich da, so wie der kalte Wind!
Das Feuer scheint sie nicht zu verbrennen sondern zu nähren, wie ist das überhaupt möglich?!«
Wie gebannt nickt Kate und hält ihre Hand auf die Glasscheibe.

Auf einmal scheinen alle Eiskristalle auf ihren Finger zu zuschweben.
Um ihre Hand bilden sich immer mehr und mehr.
Langsam verfärben sich ihre Finger weiß und dann hellblau.
Es knackst und das zerbrechliche Glas, das nun kaum mehr wegen des Eises um Kates Hand zu sehen ist, bekommt risse und splittert schon.

Ich rüttele Katelyn an, doch sie schein wie in Trance und bewegt sich kein Stück.
Ihre Augen scheinen plötzlich ozeanblau zu schimmern und in ihnen glitzern winzige, weiße Punkte.

»Kate, verdaamm-«
Brülle ich sie an, als plötzlich jemand ihre Schulter packt und sie mit gewaltiger Kraft mach Hinten zieht.
Scheiße!

»Kate!«
Schreie ich hysterisch in die Leere.

»Keine Panik, Kleine.
Deine Freundin ist hier.«
Than.
Oder sollte ich besser sagen Thanatos.

»Lass sie los!«
Herrsche ich ihn an.
Er schein verwundert und lässt von meiner besten Freundin ab.
Diese schein zuerst etwas verwundert und blinzelt ein paar mal.

Plötzlich gehen alle Lichter wieder an und ein grinsender Hypn kommt um die Ecke gebogen und stellt sich neben seinen Zwillingsbruder.

»Beruhig dich, ich hab' deiner Freundin nichts getan.«
Beschwichtigend hält Thanatos seine Hände nach oben und ich kann etwas von seinen unteren Handgelenken sehen. Sie sind von pechschwarzen Adern durchzogen.
Schnell bemerkt er seinen Fehler und zieht sein langes, schwarzes Shirt wieder nach unten  und verdeckt seine Unterarme.

»D-Danke...«
Murmelt Katelyn noch etwas Neben der Spur und starks an meine Seite.
Sie sieht noch immer zerstreut aus und als hätte sie einen Geist gesehen.
Ihr Blick ist starr auf die Leere gerichtet und ich vermute sie ist geistlich nicht wirklich anwesend.

»Kein Ding «
Lächelt Thanatos sie an, doch das bemerkt Kate garnicht.
Ich mache vorsichtig eine Schritt auf sie zu und lege meine Hand sanft auf ihren Rücken.
Sofort zuckt sie zusammen und sieht mich an, wie ein verschrecktes Reh im Scheinwerfer.
Doch langsam wird ihr blick klarer und sie seufzt laut.

»Nun ja..«
Hypnos stellt sich ebenfalls neben seinen Bruder.

»Ziemlich beschissenes Wetter, oder?«
Hypnos lächelt uns an und steckt seine Hände komisch in seine Hose.

»Smalltalk? Wirklich
Thanatos sieht seine Bruder verständnislos an.

»Ja, Hypn. Oder sollte ich dich besser Hypnos nennen? Wieso reden wir nicht über die Lügen, die ihr allen Auftischt?«
Herausvordernd sehe ich die beiden an.
Zuerst scheinen sie sichtlich überrascht und überrumpelt, doch dann bahnt sich ein teuflisches Lächeln in ihr Gesicht, das eine reihe perfekte, spitze Zähne entblößt.

Mir gefriert das Blut in den Adern, so kalt ist ihr Lächeln.
Ihre Zähne sind viel zu weiß. Niemand hat ein Lachen, so strahlend, es sei denn es ist falsch.
Das gefällt mir nicht.

Das gefällt mir garnicht.

Hot As HellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt