Ich verharrte. Fünf, sechs, sieben, acht Sekunden war ich wie ein Stein und sah ihm regungslos in die Augen. In der neunten Sekunde drehte ich mich weg und wollte gehen, aber in der Zehnten packte mich jemand am Arm und wirbelte mich herum. Ich blickte wieder ins Blaue, hoffte, dass meine Augen nicht zu viel darüber verrieten, wie ich mich fühlte. Aber der Plan ging nicht gerade auf.
"Können wir reden?", fragte er leise, als wäre er heiser vom vielen Schreien. Ich schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Mal ehrlich? Ich kam mir echt blöd vor. Dass ich die Augen schließen musste, nur um die Tarnung nicht aufliegen zu lassen, als würden wir Verstecken spielen... einfach kindisch, aber ich konnte nichts daran ändern, dass es eine Angewohnheit geworden war.
Brooklyn stellte sich auf meine Seite und legte eine Hand auf meine Schulter, wie ich vorher bei ihr, und versuchte mich etwas wegzuziehen, aber Heath hatte mich zu fest im Griff. Und damit meinte ich nicht den Griff um meinen Oberarm.
"Wir müssen l-los.", stotterte ich. Unsere Blicke trafen sich und ich brauchte weniger als eine Sekunde, um zu erkennen, dass er mir nicht glaubte. Ich konzentrierte mich auf den Wind, der unsere Haare durcheinanderbrachte. Das gleichmäßige Rauschen beruhigte mich, aber als es aufhörte, blieb mir nichts mehr, auf das ich mich fokussieren konnte. Windstille.
"Ganz kurz nur, dann kannst du wieder gehen." Seine Finger streichelten mein Oderarm. Blitzschläge ersetzten das Blut in meinen Adern, verteilten sich in meinem ganzen Körper. Meine Herzschläge waren der Donner, der den Sturm vervollständigte. Nur hatte ich kein Sturmkeller, der mich vor mir selbst schützte.
"Nein, ich will jetzt gehen." Hilfesuchend sah ich zu Brooklyn, die selber nicht genau wusste, was sie zu tun hatte. Sie tat mir leid. Ich wollte sie da nicht mit reinziehen. Jetzt waren wir beide rat- und wehrlos.
"Wenn sie nicht mit dir reden will, dann zwing sie nicht.", zischte jemand. Es war schwerer als gedacht, Stimmen im Dunkeln zuzuordnen, aber ein Blick an Heath vorbei und die Stimme hatte ein Gesicht.
"Ich habe dir doch gesagt du sollst nicht herkommen, Scott.", sagte Heath genauso bedrohlich, ohne die Augen von mir zu nehmen. Ich versuchte gar nicht erst zu verstehen, was hier abging. Das wäre zu viel für meine nichtvorhandene Kraft.
"Habe ich jemals auf dich gehört?", fragte Scott leicht amüsiert. Heath sagte nichts dazu, ließ meinen Arm aber auch nicht los. Brooke's verwirrter Blick pendelte von Scott zu Heath, bis sie zu Sinnen kam und mich am anderen Arm packte.
"Komm, wir gehen jetzt." Sie wollte mich von Heath wegziehen, aber er ließ nicht locker. Erst als sein Griff so fest wurde, dass ich das Gesicht verziehen musste, glitten seine Finger von meinem Arm und seine Augen wurden dunkler, als wollten sie sich der Nacht anpassen. Obwohl ich frei war, bewegte ich mich nicht von der Stelle. Auch Brooke schien das zu verwirren, aber sie begriff schnell.
"Ich... komme gleich nach.", sagte ich zögernd zu meiner Freundin und das wenige Blau, dessen Rest von Schwarz eingenommen wurde, glitzerte auf. Brooklyn sah ihn skeptisch an, wendete sich aber trotzdem ab, und ich wusste, wie schwer es ihr fiel mich jetzt allein zu lassen.
"Mach schnell, ja?" Ich nickte leicht und hoffte, dass sie es gesehen hatte. Gleich danach hafteten sich meine Augen wieder auf Heath und ich schluckte. Vielleicht wollte ich nicht mit ihm reden, aber jetzt interessierte mich doch, was er zu sagen hatte. Ich könnte wahrscheinlich nicht ruhen, bevor ich das wusste. Und Schlaf war jetzt das einzige, das mich aus der Realität ziehen konnte, obwohl Träume nicht immer hilfreich waren.
"Scott, verschwinde.", sagte er monoton, aber Scott dachte nicht einmal daran, seinem Wunsch nachzukommen, und setzte sich mit verschränkten Armen auf den Baumstamm.
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It Was Summer
ChickLitTeil 1. It Was Summer Teil 2. It Was Spring Viele Sachen verändern sich im Sommer. Die Temperatur. Die Pflanzen. Und auch ich. Wäre ich einfach zuhause geblieben und nicht mit meinen Freunden zu diesem See gefahren, dann hätte mein Leben noch die üb...