Kapitel 27.

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Es gab viele verschiedene Arten von Angst. Ungewissheit war eine davon. Die Stille, die sich über uns legte, ließ mir Zeit, um über alle möglichen Reaktionen nachzudenken. Meine Handfläche wurde wieder attackiert, aber ich spürte den Schmerz kaum. Vielmehr konzentrierte ich mich auf Heath und jede seiner Bewegungen, so klitzeklein sie auch waren. "Heath?", fragte ich vorsichtig.

"Wer hat dir von Clara erzählt?" Er legte zwischen jedes Wort eine Pause ein, was das Drama um einiges steigerte. Ich presste die Lippen zusammen, als er aufstand und mich mit Flammen in den Augen ansah. "Wer, Mira?" Seine Stimme wurde lauter und ich zitterte leicht. Das ganze war eine miese Idee. Einer meiner Schlechtesten.

"Du und Scott... ich meine, euer Gespräch...", fing ich stotternd an, wurde aber unterbrochen. Adeline stand an der Treppe und sah von oben auf uns herab, eine Augenbraue gehoben.

"Hier unten alles in Ordnung?" Sie sah skeptisch zu Heath, aber seine Augen waren immer noch auf mich gerichtet.

"Ja, Addie, gib uns eine Minute.", bat ich, stand mit meinen Wünschen aber allein.

"Nein, ich gehe jetzt.", zischte Heath und lief zu Haustür, die er dann mit Gewalt öffnete. Draußen regnete es immer noch, aber das schien ihn nicht zu interessieren. Er lief raus und ich lief ihm hinterher. Mein Pyjama war in Sekunden durchnässt, trotzdem biss ich mich durch.

"Warte, Heath!" Aber er hörte nicht auf mich. Er lief einfach weiter. Ich rannte fast, was ohne Schuhe oder gar Socken ziemlich schwer und etwas schmerzhaft war, aber das war nicht wichtig. Irgendwann schaffte ich es, ihn einzuholen, und drehte ihn an der Schulter zu mir. Schweratmend sah er zu mir runter, ließ mich aber nicht einmal zu Wort kommen.

"Hör auf damit, Mira. Sprich nie wieder von ihr. Erwähne nicht ihren Namen, denk nicht mal an sie. Und wage es nicht, dieses Thema noch einmal aufzubringen.", warnte er mich und wieder tropfte das Blut von meinen Fingerspitzen. Irgendwie musste ich diese Angewohnheit loswerden, aber für heute würde es nichts werden.

"Warum nicht? Ich dachte wir sind..." Ich brach ab, bevor ich das letzte Wort aussprechen konnte, und biss mir auf die Lippe.

"Wir sind was?", drängte er, aber er wusste bereits, was ich sagen wollte. Warum musste er mich überhaupt verhöhnen? Konnten wir kein normales Gespräch führen, ohne dass er gleich so ausrastete?

"Freunde, Heath.", beendete ich meinen Satz und wieder loderte es in seinen Augen. Er wandte sich von mir ab, blieb aber noch stehen.

"Wir sind keine verdammten Freunde, Mira. Waren wir nie.", sagte er mit dem Rücken zu mir und setzte seinen Weg dann fort. Ich wusste, dass es nichts bringen würde, wenn ich ihn nochmal aufhielt, also blieb ich stehen und sah ihm hinterher. Regentropfen rannten mir die Wangen runter. Es war der Regen. Es waren bloß Regentropfen.

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Nachdem ich eine dampfende Dusche genommen, und mich in über 100 Decken eingenistet hatte, war ich erst bereit, mit Addie über die Sache zu reden. Egal wie oft ich ihr sagte, dass es nichts gab, um das sie sich sorgen müsste, wurde sie noch neugieriger, also wäre es wohl einfacher es ihr zu erzählen.

Ich fing mit dem Gespräch von Scott und Heath an, das ich gehört hatte, bevor ich abgehauen war, und beendete die Erzählung mit unserer kleinen Unterhalten gerade eben. Addie hörte aufmerksam zu und ihr Gesichtsausdruck änderte sich immer wieder.

"Warum hast du das denn nicht schon früher erzählt?", fragte sie empört, als ich fertig war, und kniff mir in die Wange. Ich verzog mein Gesicht und erinnerte mich an die vielen Male, in denen Tante Ivy das getan hatte. Ich vergrub mein Kopf in ihr weiches Nachthemd und stöhnte genervt auf.

It Was SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt