Kapitel 15

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„Ich fühle mich schlecht, wenn ich jetzt einfach hier sitze und mich ausruhe, während all die anderen am Arbeiten sind und alle sicherlich darauf warten, dass ich ihnen sage, wie wir weiter vorgehen werden. Ich möchte am liebsten jetzt direkt diese Versammlung einberufen, damit ich es danach hinter mir habe und wir alle planen könne, wie wir von hier flüchten." „Ruhe dich aus, May, wir alle wissen hier, was du alles leistest und wir wissen, dass es das Beste für dich ist, wenn du dich jetzt erst einmal nicht so sehr belastetest. Keiner wird dir etwas vorwerfen, da brauchst du dir gar keine Sorgen machen." Wenn er nur wüsste ... Ich bin mir sicher, dass Bianca, Ella und all die anderen Zicken sich das Maul zerreißen, dass ich nur faulenzen würde und sie sicherlich die viel besseren Anführer wären. Das weiß ich eigentlich fast. Doch ich will die Stimmung nicht zerstören. Ich weiß schließlich auch, dass Bianca mit Newt zusammen ist und dass ich das akzeptieren muss, egal wie schlecht mir bei dem Gedanken daran wird. Er wird sie lieben und sie kann sich eigentlich wirklich glücklich schätzen, dass sie einen so aufmerksamen, hilfsbereiten und einfach nur netten Freund hat. Ich kann mich zwar an keine anderen Jungen erinnern, doch ich habe so das Gefühl, dass ich schon ziemlich viel Erfahrungen mit nicht sehr netten Jungen, die das genaue Gegenteil von Newt sind, gemacht habe. Ich schließe die Augen und lehne mich ein Stück zurück. Durch die Bäume haben es ein paar Sonnenstrahlen geschafft und sie scheinen auf meine Haut und wärmen mich so angenehm. In Momenten wie diesen kann man sich manchmal wirklich schwer vorstellen, dass wir hier eigentlich gefangen sind und hier bedroht werden und alles daran setzen, hier wegzukommen. „Hast du dir eigentlich schon einmal Gedanken darüber gemacht, was ist, wenn wir es alle hinausgeschafft haben? Wo wir dann unterkommen? Wie die Welt überhaupt aussieht? Ob unsere Gruppe zusammenbleiben wird oder ob wir uns in alle möglichen Himmelsrichtungen zerstreuen und uns womöglich nie in unserem Leben wiedersehen werden"?, fragt Newt mich und fixiert mich mit einem Blick aus seinen haselnussbraunen Augen. Obwohl ich schon so oft darüber nachgedacht habe, ist es nun trotzdem merkwürdig, das von Newt so konkret gefragt zu werden. „Ich weiß nicht, was dann passieren wird. Ich bin mir aber sehr sicher, dass es einige geben wird, die schnell das Weite suchen werden ..." Dass ich dabei an Ella, Bianca und die anderen Zicken denke, spreche ich jetzt nicht aus. „Hast du dir schon überlegt, ob du es so machst, dass du mit Sonya und Bianca eine Wohnung nimmst und ihr euch so ein schönes Leben macht. Vorausgesetzt natürlich, dass deine Freundin und deine Schwester sich nicht gegenseitig an die Gurgel gehen." Bei dem Gedanken daran muss ich leicht schmunzeln, da dabei klar Sonya gewinnen würde. Sie würde sich auf keinen Fall unterkriegen lassen und es wäre sicherlich ganz witzig, wenn Bianca mal gezeigt bekommen würde, was sie machen kann und was nicht. Newt seufzt und fährt sich mit seiner Hand durch seine blonden Haare, die im Sonnenlicht leicht gold schimmern. Ich erwische mich dabei, wie ich ihn mustere. Erst seine Haare, dann sein Gesicht, schließlich den Rest seines Körpers. Ich sehe allerdings schnell wieder weg, da ich Panik schiebe, dass er bemerken könnte, wie ich ihn ansehe. Das gehört sich nicht, da er eine Freundin hat und außerdem will ich doch gar nichts von ihm. Es scheint mich nur immer wieder zu verwirren, dass er die einzig männliche Person hier ist. Ob ich mich aber bei einem anderen Jungen genau so verhalten würde? Ich werde es wohl niemals rausfinden. „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich das dann machen soll. Klar, Sonya muss auf jeden Fall zu mir in eine Wohnung, wenn sie das natürlich auch möchte. Sie ist meine kleine Schwester und ich habe sie lange genug verloren und nicht mehr gefunden gehabt. Da werde ich sie nun nicht mehr gehen lassen. Sie wird auf immer und ewig bei mir bleiben und ich werde sie beschützen. Was allerdings Bianca angeht: Manchmal frage ich mich, warum ich mit ihr zusammen bin: Sie hat sehr oft Phasen, in denen sie einfach unausstehlich ist und dann stehe ich kurz davor, Schluss zu machen. Ich erinnere mich dann allerdings daran, dass ich mit ihr zusammen bin, da ich mich zu ihr hingezogen fühle und ich mich besonders fühle, wenn sie mich ansieht und mich berührt. Ich weiß nur nicht, ob uns vielleicht unsere gemeinsame Situation nur zusammenschweißt und wir im realen Leben da draußen vielleicht gar nicht mehr miteinander zurechtkommen. Es tut mir leid, dass ich so viel über sie rede, ich weiß, dass du das nicht so gerne hast." Er blickt mich schuldbewusst und entschuldigend an. Moment mal! Woher weiß er denn bitte, dass es mir etwas ausmacht, wenn ich die beiden zusammen sehe oder er von ihr redet? „Newt, wie kommst du denn darauf, dass mir das etwas ausmachen könnte?" Ich fange an, zu zittern. Hoffentlich denkt er einfach nur, dass es eventuell nur mal kurz so aussah und er nun die ganze Sache einfach vergisst. Das wäre mir sonst mega peinlich. Ich kann ja schließlich nicht einmal wirklich sagen, warum mir das etwas ausmacht. „Du hast dann immer einen anderen Blick und es bilden sich Falten um deine Augen, die zeigen, dass dir nicht gefällt, was du da siehst oder hörst." Oh nein! Wie soll ich mich da denn jetzt rausreden? Denkt er nun, dass ich etwa auf ihn stehe? Dann wird er sicherlich nie wieder ein Wort mit mir wechseln. Ich bin gerade so panisch und einfach so überfordert, da ich einfach nicht weiß, was ich machen soll. „Keine Sorge, das ist nicht schlimm, ich habe schon gemerkt, dass ihr beide nicht gerade die besten Freunde seid. Du kannst dich entspannen. Ich denke nicht, dass du in mich verknallt bist oder so." Er fängt prustend an, zu lachen. Und ich stimme ein. Es ist im Moment eigentlich auch das Einzige, was ich machen kann, ohne vollkommen dumm dazustehen.

The Maze Girl [Maze Runner/Newt]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt