Alles ist still. So still. Ich kann nichts sehen und weiß nicht, wo wir sind. Alles, was in den letzten Minuten passiert ist, gehe ich noch einmal in meinem Kopf durch. Wir haben das Tor geöffnet und sind durchgekommen und die Griewer sind verstummt. Bedeutet das, dass wir es geschafft haben? Sind wir nun draußen? Oder sind wir nun im Nest angekommen und es warten noch weitere dutzend Griewer auf uns und das hier ist unser letzter lebender Augenblick? „Haben wir es geschafft? Haben wir es nun hinter uns?", höre ich Fionas Stimme leise fragen. Sie klingt völlig verängstigt und ich drücke die Kleine, die direkt neben mir steht, an mich heran, um ihr ein bisschen Trost zu spenden. „Zählt durch, Leute, ich will wissen, ob wir alle vollzählig sind!" Wir sind sehr schnell mit dem Durchzählen fertig, das bestätigt meinen Verdacht, dass einige Mädchen den Griewern zum Opfer gefallen sind. Mein Herz verkrampft sich, wenn ich daran denke, dass sie es so weit geschafft haben und nun kurz vor dem Ziel gescheitert sind. Sie haben ihr Leben für uns gelassen. Ohne sie wären wir nun nicht hier. Ich muss daran denken, dass ich viele von ihnen leider nicht so gut gekannt habe, wie ich mir das oft gewünscht habe. Da ich immer so viel zu tun gehabt hatte, hatte ich nicht so viel Zeit, mich mit allen zu beschäftigen und mich besser mit ihnen anzufreunden. Manche waren da sicherlich auch traurig gewesen und dachten, dass ich sie absichtlich vernachlässigen würde, doch das war nie meine Absicht gewesen. Ich nehme mir vor, oft für sie zu beten und in meinen Gedanken zu ihnen zu reden, da sie mich vielleicht hören, an dem Ort, an dem sie jetzt sind. Die Mädels werden immer unruhiger, ich merke, dass sie nicht denken, dass wir es geschafft haben, doch auf einmal geht schlagartig das Licht an und ich zucke zusammen. Wir befinden uns in einem rein weißen Gang, der sich unendlich weiterzuerstecken scheint. Ich sehe keinen Anfang und kein Ende. Hier ist alles so steril, als wenn hier ständig geputzt werden würde. Das bedeutet, dass es hier Menschen geben muss. Diese Menschen können uns entweder helfen oder es sind diejenigen, die uns hier reingesteckt haben ... Die Schöpfer. Falls sie nicht wollten, dass wir entkommen und nun versuchen, uns wieder zurückzubringen, müssen wir uns dann auch noch gegen sie wehren. Ich habe eigentlich das Gefühl, dass es das jetzt sein müsste und wir genug gekämpft haben, doch ich werde erst abschalten, wenn wir vollkommen in Sicherheit sind. „Leute, seht mal, da ist eine Tür. Was ist, wenn sie nach draußen führt?", durchbricht Sonya die vollkommene Stille. Sofort blicken alle Lichter in die Richtung, in die sie zeigt und tatsächlich: Dort ist eine ebenso rein eine Tür, mit einem Türknauf, die nur angelehnt ist. Wenn das wirklich der Weg raus ist? Oder ein es eine Falle ist? Ich will jetzt nichts falsch machen, ich kann nicht noch mehr Lichter verlieren, ich habe doch die Aufgabe, sie heil hier rauszubekommen. „Dort befindet sich ebenfalls ein Schild", ergreift nun Anne das Wort, „ich denke mal, dass das Wort Ausgang auch bedeutet, dass wir dort hinauskommen, das würde doch sonst auch gar keinen Sinn machen! Was meinst du May, was sollen wir tun? Wir können doch nirgendwo anders hin, denn es ist weit und breit kein weiterer Ausgang zu sehen und wir wissen nicht, was auf uns warten wird, wenn wir den Gang noch weiterlaufen ..." Ich muss Anne zustimmen. „Wir tun es! Bleibt alle hinter mir und wenn ihr irgendetwas Schlimmes seht, was auf euch zukommt, dann lauft und wenn es zu spät ist, kämpft. Wehrt euch mit Händen und Füßen dagegen, dass sie uns wieder zurückbringen. Das dürfen sie nicht. Wir sind nun so weit gekommen und nun haben wir auch das Recht auf Freiheit. Unser neues Leben wird bald beginnen. Diesen letzten Abschnitt schaffen wir jetzt auch noch alle zusammen, das weiß ich. Ich vertraue euch allen, dass ihr das Richtige tut." Nachdem ich die anderen stumm nicken sehe, mache ich mich auf den Weg. Sie stehen direkt hinter mir, wie wenn ich eine Bärenmutter wäre, die ihr Junges beschützt. Wenn wir es jetzt nicht tun, wird unser Adrenalin verschwinden und wir werden es uns gar nicht mehr trauen, also müssen wir die Gelegenheit nun beim Schopf packen und es hinter uns bringen. Ich laufe die paar Meter bis zur Tür so schnell ich kann, da ich nicht will, dass irgendjemand uns hier direkt im Flur entdeckt, durch irgendwelche Überwachungskameras und uns dann direkt hinter der Tür abfängt. Wenn wir in den Raum einfach reinplatzen, haben wir vielleicht den Überraschungsmoment auf unserer Seite. Meine Hand umschließt den kalten, metallenen Türknauf und ich drücke die Tür sanft von mir weg. Sie schwing mit solcher Wucht nach innen auf, dass sie an die Wand knallt. Nachdem ich einen Schritt in den Raum gemacht habe, halte ich inne und mir stellen sich die Nackenhaare auf. Hier ist niemand, der auf uns wartet oder bereit ist, uns anzugreifen. Nicht, dass hier gar niemand wäre, doch die Person sind alle nicht mehr am Leben. Glassplitter, zerstörte Stühle, Monitore, Gegenstände, Klamotten voller Blut besudelt, das ist alles über den Boden verstreut. Ein Gestank von Blut und Mord liegt in der Luft, doch im Gegensatz zu dem, wie es hier aussieht, ist es mucksmäuschenstill. Niemand ist hier, der noch am Leben ist. Ich laufe langsam und ganz vorsichtig ein paar Schritte weiter, trete dabei auf Glassplitter und muss Leichen ausweichen, die in verkrümmter Haltung auf dem Boden liegen. Sie müssen erschossen worden sein, so sehen ihre Wunden aus. Sie alle tragen weiße Klamotten und weiße Kittel, wie wenn sie in einem Labor arbeiten würden. Woher ich weiß, was ein Labor ist, weiß ich nicht und ich weiß auch nicht, warum mir alles hier so bekannt vorkommt. Auf den ersten Blick ist es klar, dass ich mich an nichts erinnere, doch die Computer, der Raum, es kommt mir alles so bekannt vor. Ich bin schon einmal hier gewesen ...
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The Maze Girl [Maze Runner/Newt]
FanfictionAls auf einmal ein Junge auf der Lichtung auftaucht und er wohl bekanntlich der Letzte sein soll, wird das Leben der Stöcke völlig auf den Kopf gestellt. Familienbande werden gelüftet und May, die Anführerin von Gruppe B versucht alles, damit es die...