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M A N I A C
L O V E
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[Blackburn also]

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"Ich will nicht schon wieder 'Club der toten Dichter' sehen."

Jayden verzieht das Gesicht, als ob der Film ein Krankheitserreger wäre, dem er so schnell wie möglich entkommen will. Wäre ja auch legitim von einem Krankheitserreger wegzurennen, aber der Punkt ist, dass es sich bei dem besten Film aller Zeiten alias 'CdtD' eben nicht um einen solchen handelt.

Ich schnaube verächtlich.

"Ich will aber auch nicht zum dritten Mal in dieser Woche einen Louis de Funès Film sehen.", maule ich.

Mein Blick dürfte seinem ähneln, nur das meiner auf seine Louis de Funès DVD-Sammelbox gerichtet ist. Ich hab nichts gegen die Filme. Im Gegenteil. Sie sind echt witzig, aber jeden zweiten Tag die Woche? Nein danke. Außerdem würde ich niemals nachgeben.

"Okay. Wir stimmen ab."

Ich nicke zustimmend.

"Wer alles für den 'Club der toten Dichter' ist, hebt die Hand."

Sofort reiße ich die Hand in die Höhe. Ein eifriges Schnipsen kann ich nicht unterdrücken.

Jayden verdreht die Augen, fährt aber fort.

"Und wer alles für 'Louis, das Schlitzohr' ist, hebt die Hand jetzt."

Meine Hand senkt sich augenblicklich, während sich Jay's dem Himmel entgegen ragt.

Stumm sitzen wir einige Momente da.

"Hmm. Da kann man mal sehe, dass die ach so tolle Demokratie auch ihre Schattenseiten hat."

"Und nu?", fragt Jay schließlich.

"Wir fragen Lynn. Sie entscheidet."

Ein genervtes Stöhnen verlässt seine Lippen.

"Erstens ist das unfair, da ihr beiden euch immer aus mir schleierhaften Gründen gegen mich verbrüdert und zweitens hat sie sich mit Brian und ein paar anderen Freundinnen aus der Uni getroffen."

Vor einigen Wochen hat das erste Semester in der Uni begonnen, also noch vor dem ganzem Drama um meine Eltern. Lynn und ich sind an der gleichen Universität angenommen wurden, allerdings in komplett verschiedenen Studiengängen. Ich Psychologie und sie irgendetwas mit Kindersoziologie. Bis heute habe ich noch nicht verstanden, was das sein soll, obwohl sie schon mehrfach versucht hat, es mir zu erklären.

Ich kann mich noch genau erinnern, als Lynn ungeduldig die Briefe mit dem roten Abzeichen und dem Schriftzug 'City, University of London' aufgerissen hat.

"Ohhh mein Goooot! Wir sind drin. Jo, hast du gehört? Wir sind drin."

Dabei ist sie damals hoch und runter gesprungen wie ein kleines Kind und hat wild mit ihren Armen umhergefuchtelt.

Mir war es eigentlich ziemlich egal. Ich war froh, dass Lynn immer in der Nähe sein würde und hatte Hoffnung, dass alles neu sein würde; Besser werden würde.

Aber schon einige Tage nach Semesterstart merkte ich, dass es wahrscheinlich keinen Unterschied machen würde, wenn Lynn auf eine andere Universität gehen würde. Wie Jayden sehe ich sie nur noch außerhalb der Vorlesungen und dem riesigen Schulgebäude.

Das hängt einerseits mit unseren verschiedenen Studienrichtungen zusammen und andererseits mit Brian. Dieser nämlich studiert rein zufälligerweise an der gleichen Uni, zwar in einer anderen Fakultät, aber das war Lynn beim Versenden der Ablehnung an die anderen Universitäten gänzlich egal.

Brian. Ich weiß noch nicht, ob ich den Typ hassen oder abknutschen sollte. Einerseits habe ich Lynn noch nie so glücklich in ihrem Leben gesehen, wofür er die Küsse vermutlich verdienen würde, aber andererseits könnte ich ihm ständig in den Arsch treten für das Ausspannen meiner bester Freundin. Ich kenne sie schon viel länger. Er soll sich gefälligst hinten anstellen.

Jay würde ich am liebsten auch jeden Tag, an dem ich ALLEINE aus der Uni rauslaufen muss, eine runter hauen. Er ist in einer anderen Uni, da er Jura studiert, was, Gott verflucht sollst du sein, nicht an unserer angeboten wird. Er soll irgendwann die Kanzlei seiner Eltern übernehmen. Das alles ändert aber nicht den Fakt, dass er ein Auto hat und mich abholen könnte. Könnte. Er macht es allerdings nicht. Toller bester Freund. Da hilft nicht einmal der berühmte Dackelblick.

Vielleicht ist es ja auch besser so. Wenn wir uns vierundzwanzig sieben sehen würden, würde das wahrscheinlich kein gutes Ende nehmen. Wir wohnen zusammen, trainieren dreimal die Woche zusammen und arbeiten zusammen.

Ja arbeiten. Noch so ein Nachteil des Erwachsenwerdens. Die Wohnung haben uns zwar die Eltern der Zwillinge finanziert, aber der Rest lässt sich dummer Weise nicht von alleine bezahlen. Studiengebühren, bei denen ich zwar teilweise vom Staat unterstützt werde, Strom etc. und nicht zu vergessen Essen oder noch viel wichtiger Schokolade müssen wir alles selber finanzieren. Jay und ich haben deshalb jeden Nachmittag im 'Zoundhouse', einem Musikgeschäft, zum arbeiten da zu sein. Um ganz ehrlich zu sein, macht mir die Arbeit dort sogar Spaß.

Alles in einem hat sich eigentlich alles gut eingependelt.

Wir haben unseren Spaß, manchmal vielleicht mehr als die Zwillinge ihren Eltern am Telefon mitteilen.

Ich schüttel grinsend den Kopf.

"Keine Chance. Sie entscheidet. Wir können sie einfach auf dem Handy anrufen."

Ich werde heute noch 'Club der toten Dichter' anschauen, dabei zufrieden 'Carpe diem' mitbrüllen, auf den Tisch vor unserem schwarzen Ledersofa springen und 'Oh Captain, my Captain!' mitsprechen und mir dabei in Nutella eingetauchtes Popcorn einwerfen und Jayden wird das nicht verhindern, dafür würde ich sorgen.

Jayden verzieht das Gesicht, schreckt aber sofort auf, als die Tür zu unserer Wohnung plötzlich ruckartig aufgerissen wird, sodass er vom Sofa runter fällt.

Beim Anblick seines uneleganten Abganges vom Sofa verfalle ich sofort in lautes Gelächter. Dieses hält jedoch nicht lange an, denn das Gesicht von Lynn, die eben durch die Tür gedonnert ist und jetzt furios auf uns zustampft, spricht Bände und das nicht im positiven Sinne.

Verstutz ziehe ich beide Augenbrauen hoch. Was ist der denn für eine Laus über die Leber gelaufen?

Vor mir angekommen, bleibt sie ruckartig stehen und pfeffert ein Magazin, welches ich erst in diesem Moment in ihrer Hand bemerke, vor mir auf den Tisch. Herausfordernd schaut sie mich an und holt dramatisch tief Luft.

"Warum zur Hölle erfahre ich durch eine Zeitung, dass meine beste Freundin in einer Beziehung mit Luke fucking Blackburn ist?"

Jay, der immer noch am Boden liegt, rappelt sich blitzschnell auf.

"Du bist was?", fragt er in einem schockiertem Tonfall.

Ich starre nur dumm aus der Wäsche.

Blackburn also. So ein Arsch.

Mein kleiner Akt bei X-Factor hat für viel Tumult gesorgt, sehr zu Freuden der Klatschpresse.

David aka mein Vater hat sich dazu noch nicht geäußert.

Aber das.

Die Klatschzeitungen haben in den vergangenen Tagen schon viele Bäume getötet, um ihren Müll über mich und meine zusammenspekulierte Vergangenheit zu verbreiten, aber über Beziehungen mit idiotischen Popstars wurde ich bisher noch nicht in Verbindung gebracht.

Das kann erstens nichts gutes bedeuten und zweiten steckt hinter diesem Gerücht zweifelsohne der Teufel persönlich. Luke Blackburn.

Ich seufze.

Aus dem Filmabend und 'Club der toten Dichter' wird heute wohl nichts mehr.

Maniac LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt