18. Kapitel

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~Cedric

Schon seit einer Weile stand ich unter der Dusche, vielleicht schon eine halbe Stunde. Ich musste nachdenken, es schaffen, meine rasenden Gedanken zum Stillstehen zu bekommen. Verdammt, ich musste mir erst einmal bewusst werden, was das alles für mich bedeutete.

Ein Kind...mein Kind, mein eigen Fleisch und Blut...

Ein Lebewesen, das Liebe brauchte, Schutz, für das man viel Verantwortung übernehmen musste, es umsorgte, immer für es da war, ihm half, wenn es Probleme hatte, die Knien verband, wenn es stürzte und es in den Arm nahm, wenn es traurig war...

Wie sollte ich das nur schaffen? Ich war achtzehn, hatte noch keine Ahnung, was ich mit meinem Leben anfangen wollte, und nun wurde ich Vater? So hatte ich das nicht geplant...ich hatte ja noch nicht einmal gewusst, dass ich schwanger werden konnte.

Eigentlich war ich da ja selber dran Schuld. Hätte ich eher mit Doc geredet, hätte er mich aufklären können, Lian und ich hätten aufgepasst, dass nichts passierte...ich hätte theoretisch auch selber drauf kommen können, dass ich die Luna war, wenn Lian ein Alpha wäre...

Vollkommen durcheinander ließ ich meinen Kopf gegen die geflieste Wand der Dusche gleiten, schloss die Augen.

Ich konnte nicht einmal mit Lian darüber reden, es würde ihn nur belasten, wenn er es wüsste. Er musste sich auf sein Training konzentrieren und dann, wenn Doc mit ihm geredet hatte, auch noch darauf, Marcus zu stürzen und den rechtmäßigen Platz an der Spitze des Rudels einzunehmen...es war ja nicht einmal klar, ob er als blinder Alpha, der nicht als Gestaltwandler aufgewachsen war, überhaupt akzeptiert wurde...

Da gab es für mich und das Kind keinen Platz, jedenfalls nicht wirklich.

Ich würde die Lage nur verschlimmern, wenn ich es ihm sagen würde, ich wusste ja nicht einmal, ob er es akzeptieren würde, ob er überhaupt ein Kind wollte und das auch noch in diesem Alter. Er war kaum älter als ich, wurde diesen Januar erst neunzehn, ich im Februar...

Aber...

Ich könnte es auch nicht selber mit mir vereinbaren, Doc zu sagen, dass ich es abtreiben möchte. Das konnte ich nicht. Ich würde mich mein Leben lang dafür hassen, meinem Baby das Recht auf ein Leben zu verwehren, Lian und mein Kind einfach töten zu lassen, bevor es das Licht dieser Welt erblickt hatte...

Das würde mich doch nicht besser machen als jeden Mörder. Ich würde zu meinem eigenen Vorteil ein unschuldiges Menschenleben beenden, und das, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte.

Nein, das würde ich nicht schaffen. Ich würde daran zugrunde gehen, das wusste ich. Außerdem...Lian würde mich sicherlich hassen, wenn er erfahren würde, ich hätte seinen Sohn oder seine Tochter getötet...er würde mich verstoßen, mich alleine lassen – es tat schon weh, wenn er trainieren musste und nicht bei mir sein konnte, aber auf Dauer von ihm getrennt zu sein, würde selbst die Schmerzen, die mir Marcus zugefügt hatte, weit in den Hintergrund stellen...

'Cedric, hör bitte auf, dir auszumalen, dass Lian uns verstoßen würde', bat Nathaniel leise. 'Du weißt, dass Lian das niemals machen würde. Er liebt uns.'

'Ich weiß, Nathaniel, aber ich...ich bin so durcheinander. Ich weiß nicht, was ich glauben soll', murmelte ich und rieb mir über mein nasses Gesicht. 'Sag mir, was ich tun soll.'

Er seufzte. 'Das kann ich dir nicht sagen, das ist alles deine Entscheidung. Du wirst die Richtige treffen, Ced, ich glaube daran, dass alles gut wird.' Ich schnaubte, doch er ließ sich nicht davon beirren und fuhr fort. 'Es wird nicht leicht werden, aber du wirst es schaffen. Du bist stark genug, das alles auch ohne Lians direkte Hilfe durchzustehen.'

Blindness ~ boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt