Epilog

6.2K 358 133
                                    

~Cedric

5 Monate später...

Nervös betrachtete ich mich im Spiegel, zum bestimmt tausendsten Mal an diesem Vormittag. Immer wieder strich ich mir mein weißes Hemd über meinem nun mittlerweile extrem runden Bauch glatt, um irgendetwas zu tun, sonst würde ich noch wahnsinnig werden. Ich hasste Aufregung, ich hasste sie einfach. Ich fühlte mich so nutzlos, während ich einfach darauf wartete, dass das alles hier begann.

Mir war auch unwohl in diesen Klamotten. Normalerweise würde ich nie ein Hemd anziehen, es nicht einmal mit der Kneifzange anfassen, desto seltsamer war es, mich jetzt mit einem im Spiegel zu betrachten.

Genauso meine Haare – Anne hatte sie mir geschnitten, damit sie mir nicht mehr so unordentlich ins Gesicht hingen. Angeblich betonte dieser Haarschnitt meine Augen, genauso wie meine Gesichtszüge, aber ich fühlte mich einfach nur wie ein Gespenst, so blass war ich gerade...

„Beruhige dich, Cedric, das ist nicht gut für das Baby", lachte Anne, die in einem hellvioletten Kleid vor mir stand und mich angrinste. Ihre Augen funkelten amüsiert. Im Gegensatz zu mir sah sie echt schön aus.

Ich seufzte. „Wenn es nach mir gehen würde, würde ich erst nach der Geburt heiraten, aber Lian will es unbedingt davor durchziehen."

„Ich kann ihn verstehen. Er will dich endlich auf alle erdenkliche Art und Weise als sein Eigentum markieren. Das ist in dieser Zeit normal", grinste sie.

Dann versuchte sie, ein ernstes Gesicht aufzusetzen, was ihr aber nicht wirklich gelang. Dafür freute sie sich zu sehr für mich und Lian.

„Und jetzt setz dich hin oder willst du riskieren, dass du vielleicht noch während der Trauung Vater wirst."

*

Morgenübelkeit war nichts im Vergleich zu dem Gefühl, das ich hatte, als diese ekelhafte Hochzeitsmusik anfing zu spielen.

Meine Beine waren so wacklig, dass ich befürchtete, auf meinem Weg zum Altar hinzufallen und damit alles zu ruinieren. Am liebsten würde ich einfach schreien, um meinen angestauten Gefühlen Luft zu machen, aber ich ließ es bleiben.

„Na komm", sagte meine Tante leise und hakte sich bei mir unter.

Eigentlich sollte Frank es sein, der mich zum Altar führte, aber Anne hatte so lange mit uns diskutiert, bis sie die Erlaubnis dazu bekommen hatte. Ich glaubte, sie wollte hiermit ein Exempel an meine Eltern statuieren, die nun versuchten, sich bei mir einzuschleimen, um ihr Ansehen bei Lian nicht zu verlieren – was sie eh schon hatten.

„Lass deinen Verlobten nicht noch länger warten."

Sie zog mich gutgelaunt zur Tür und damit hinaus in den wundervoll dekorierten Garten des Hauptquartiers. Alles war in dezenten Gold- und Silbertönen gehalten, die Blumen, die Anne gepflanzt hatte, blühten und in der Luft hing der Geruch von Sommer. Vögel zwitscherten, ein leichter Wind wehte, der die Gerüche des Waldes mit sich brachte. Es sah so aus, als wäre dieser Ort einem alten Märchen entsprungen. So lebendig hatte es hier noch nie ausgesehen, nicht, seit ich mich erinnern konnte.

Aber ich ließ mir nicht die Zeit, meine Umgebung zu betrachten.

Mein Blick lag sofort auf Lian, der in seinem schwarzen Hemd beinahe majestätisch auf mich wirkte. Ihn dort zu sehen, wie er auf mich wartete, ließ mich alle Aufregung vergessen, ließ mich verdrängen, dass gerade sämtliche Aufmerksamkeit auf mir lag. Da vorne wartete mein Verlobter nur auf mich und er hatte schon genug gewartet in seinem Leben.

Blindness ~ boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt