#23 - Spionage

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Olivia Grace Callahan

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste auch nicht, wie ich darüber denken sollte. Dass er noch nie ein Mädchen geküsst hatte, fand ich...irgendwie...traurig.

Wie alt war er denn jetzt? Um die 21? Außerdem sah er ziemlich gut aus, war überaus freundlich und echt süß. Er hatte es verdient, mit jemanden sein Leben zu verbringen.

Aber nicht mit Darcy. Sie war nicht gemacht für ihn. Sie tendierte doch eher zu unerreichbaren Studentenverbindungs-Footballspieler-Kolossen, um ihren Beliebtheitsgrad zu steigern, obwohl wir nicht mehr in der High-School waren.

Wie konnte sich also jemand wie sie auf jemanden wie Jesse einlassen? Nicht dass ich damit andeuten wollte, dass er unbeliebt war, ich zweifelte nur daran, ob Darcy das auch ernst meinte.

„Du lachst mich doch nicht aus, oder?" Jesse holte mich ins Hier und Jetzt zurück, da ich zu sehr damit beschäftigt war, mir einzubilden, wie das Date verlaufen würde.

„Natürlich nicht", sagte ich ernst. Es war zwar schon unvorstellbar, dass ein attraktiver, netter und erwachsener Junge wie er noch so unschuldig war, aber es war keineswegs ein Grund, darüber zu lachen.

Jesse schwieg, schien nachzudenken. Er zuckte dabei mit dem Mundwinkel, als wollte er lächeln. Er schien wohl, dem Date zuzustimmen und ich freute mich auch für ihn, aber...

...um ehrlich zu sein, die Vorstellung davon, dass er und Darcy zusammenkommen würden, fand ich genauso unrealistisch wie jeden Twilight-Film. Ich hatte Zweifel.

„Ich mach's", sagte Jesse schließlich und stand auf, „Ich hab ein gutes Gefühl bei der Sache. Vielleicht sind wir dazu bestimmt, zusammen zu sein und ich wusste nichts davon."

Ich versuchte, meine Zweifel mit einem Grinsen zu überspielen, was echt nicht leicht war. Ich hatte keinen besonderen Draht zu Jungs, daher wusste ich nicht, wie ich mit ihm darüber reden sollte. Ich wünschte, Ethan wäre hier, damit er sich mit ihm darüber aussprechen konnte. Obwohl...machen das Jungs überhaupt?

„Ich sollte mich schonmal umziehen", sagte Jesse, als er auf seine Armbanduhr schaute. Ich erkannte, dass auf dem Ziffernblatt ein Harry-Potter-Motiv war. Wow.

„Würdest du...vielleicht", murmelte er und deutete zur Tür. Ich sollte rausgehen, damit er sich umziehen konnte, also bewegte mich aus dem Zimmer, drehte mich aber noch vorher kurz um.

„Wunder dich bitte nicht, falls es nicht so gut laufen sollte. Das erste Date ist immer etwas kompliziert." Ich hoffte, ich konnte ihm mit diesem Ratschlag einiges erleichtern.

Gerade, als ich die Tür hinter mir schließen wollte, sagte Jesse: „Danke Olivia. Aber ich denke, es wird alles gut laufen. Ich freue mich gerade voll. Ist schön zu wissen, dass man beachtet wird."

Mit einem kurzen Lächeln verließ ich das Zimmer und zog die Tür hinter mir zu.

Mal wieder kreisten unzählige Gedanken in meinem Kopf, die sich diesmal um Jesse drehten und nicht um Rebecca.

Ich machte mich auf den Weg nach unten, während ich nachdachte. Jetzt, wo ich mich vollkommen Jesse zuwand, ging mir sein Date mit Darcy nicht mehr aus dem Kopf. Ich wollte ihr trauen, aber es fiel mir schwer.

Es war schon zehn nach acht, als ich draußen ankam und anstatt mich zurück zum Wohnheim zu begeben, beschloss ich, den Campus aufzusuchen. Ich dachte, ich könnte sicherheitshalber danach Ausschau halten, ob Darcy wirklich kommen würde.

Die Sonne ging allmählich unter, während ich mit gekreuzten Beinen neben einem Springbrunnen saß und ein Werk von der Buchempfehlungsliste meines Dekans auf meinem Handy las. Ich war eigentlich kein Fan von E-Books, ich genoss es am liebsten, mit Papier zwischen den Fingern zu lesen, jedoch hatte ich kein richtiges Buch da.

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