19 Rudel

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Das Erste, was Derek in seiner Suite erblickte war sein Onkel.

Peter kniete in der Mitte seines Schlafzimmers am Boden, die Hände gefaltet, als wolle er beten. Sein Haar war so wirr, wie sein Blick, er hatte abgenommen, sah übernächtigt aus und er trug einen fleckigen, zerknitterten Anzug. Seine Augen waren auf Stiles gerichtet und es schien, als habe der Alpha seinen Neffen noch gar nicht bemerkt, obwohl das eigentlich nicht möglich war, so dicht wie er bei ihm stand.

Das Bild, das Peter abgab war grotesk! Der große, böse Alpha: Gebrochen, verwahrlost und in Büßerpose!

Derek riss seine Augen von diesem Anblick los und schaute hinüber zu Stiles, der am Boden hockte und sich so fest in eine Zimmerecke gedrückt hatte, als wolle er sich darin eingraben. Er schrie immer noch schrill und seine Augen waren so weit aufgerissen, dass man beinahe nur noch das Weiße darin sah.

Peter rutschte auf Knien vor ihm herum und stammelte immer wieder:

„Verzeih' mir! Bitte verzeih' mir, Stiles! Es tut mir doch leid!"

Derek überlegte fieberhaft, in welcher Reihenfolge er diese Situation handhaben sollte? Sollte er zuerst seinen Onkel entfernen, oder zu Stiles eilen, um zu versuchen, diesen zu beruhigen?

Er entschied sich, dass er zuerst den Eindringling entfernen musste, ehe er auch nur darüber nachdenken konnte, Stiles wieder halbwegs zur Ruhe zu kriegen und dies musste schnell geschehen, denn das Herz seines Gefährten schlug vor Angst so wahnsinnig schnell, dass der Werwolf fürchtete, dass es diesem Stress nicht mehr lange standhalten könne.

Und so schnappte Derek seinen Onkel am Kragen, schleuderte ihn gegen eine hinter ihnen liegende Wand und brüllte:

„Was machst du hier, du Teufel? Du hast versprochen, du würdest Stiles in Ruhe lassen! Verschwinde auf der Stelle, oder ich schwöre, dass ich dich diesmal wirklich umbringen werde!"

Peter landete auf dem Boden, wo er auf Knien hocken blieb und in flehentlichen Ton sagte:

„Aber es tut mir leid! Stiles muss das doch wissen! Es muss doch wissen, wie leid mir das alles tut!"

Derek schlug dem Alpha seine Faust ins Gesicht und fauchte zornig:

„Stiles muss das gar nicht wissen! Niemanden hier interessieren deine Entschuldigungen oder Gefühle! Du verschwindest jetzt sofort!"

Stiles hatte zu schreien aufgehört und wimmerte bloß noch, doch sein Herz raste noch immer so heftig, als würde ein Infarkt unmittelbar bevorstehen.

Ein Blick über seine Schulter verriet Derek, dass der junge Mann nun auch noch damit begonnen hatte, seinen Hinterkopf immer wieder gegen die Wand hinter sich zu schlagen. Stiles war blass, auf seiner Stirn stand kalter Schweiß und all seine Muskeln und Sehnen schienen bis zum Bersten gespannt.

Derek packte Peter im Nacken und bellte:

„Sieh ihn dir an! Ist es etwa das, was du erreichen wolltest? Willst du ihn wirklich umbringen? Verschwinde jetzt von hier, oder ich reiße dir dein verfluchtes, schwarzes Herz heraus!"

Peter nickte leicht, befreite sich aus Dereks Griff und dann rannte er tatsächlich davon:

„Und komm' nie wieder, du Bastard!" rief sein Neffe ihm noch hinterher, ehe er seine Aufmerksamkeit voll und ganz dem zu Tode erschrockenen Jungen in der Zimmerecke widmete. Stiles körperliche Anspannung hatte nun nachgelassen und er war in sich zusammengesunken. Dennoch wirkte dies hier nicht wie Entspannung, sondern vielmehr wie eine Art Kollaps.

Derek wollte zu ihm treten, doch der ängstliche Herzschlag seines Gefährten beschleunigte sich schlagartig wieder, als er näher kam.

Und was nun?

Beacon Hills 1920Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt