(Belgische Pralinen)

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Ben entschuldigt sich und verspricht, dass er das nicht mehr tun wird, solche Dinge von mir verlangen. Er schreibt, dass er mich sehr vermisst habe. Dass ihm manchmal nicht klar sei, wie sehr und was er an mir habe, was für ein Glück er habe, dass er mich kennengelernt hat.

Er erinnert mich an unsere ersten Tage in München und er fragt, ob ich Lust habe, das Wochenende mit ihm zu verbringen.

Wir könnten wegfahren, schreibt Ben, er könne das Auto seiner Schwester ausleihen. Wir könnten nach Antwerpen fahren, wenn ich darauf Lust habe, und einfach zusammen sein, unbeschwert durch die Stadt schlendern, Pralinen essen, reden, ausgehen, uns lieben. Seine Freundin sei die nächsten Tage bei ihren Eltern...

Es ist bestimmt ein Fehler, mich darauf einzulassen. Das weiß ich auch. Aber ich kann nicht anders. Manche Fehler muss man einfach begehen.

Zumal das Wochenende dann auch zu einem einzigen wahrgewordenen Traum für mich wird. Wenn ich mich noch einmal entscheiden müsste, würde ich nicht zögern. Es kommt mir vor wie die Belohnung für diese absolute Liebe, die ansonsten vollkommen sinnlos schmerzhaft ist.

Wir fahren über die Autobahnen Belgiens. Gelblich schimmernde Relikte einer vergangenen Epoche. Wir fahren über Lüttich, Leuven und Brüssel nach Antwerpen und nehmen uns ein Zimmer in einem hübschen alten Hotel in der Stadt. Wir gehen aus und am Samstag schlafen wir bis Mittags und lieben uns bei heruntergelassenen Jalousien und gedämpften Hotelgeräuschen in dieser alten Stadt.

Ich höre das Rascheln der Laken und das leise Quietschen des Federkerns der Matratze während wir es tun. Es ist, als seien Gespenster in diesem Zimmer mit den hohen alten Decken und den schweren dunklen Möbeln. Ich kann sie hören. Wenn ich die Augen öffne, kann ich sie vielleicht sogar sehen. Es ist alles ein bisschen zu hell, alles ein bisschen zu bunt. Wie schön das ist. Ich hab die Farben noch nie so leuchten sehen.

Und als wir später geduscht und auf der Straße sind, scheinen die Menschen um uns herum alle freundlich zu sein. Alle scheinen mich anzustrahlen und mir ein gutes Gefühl geben zu wollen. Selbst die Menschen, die mich normalerweise nie mögen scheinen sich mit mir zu freuen, dass ich so erfüllt bin von dieser surrealen Liebe.

Es ist wie eine andere Realität, bevölkert von anderen Menschen. Ein Ausflug in die Zukunft oder in die Vergangenheit. Wir schlendern durch die Stadt, trinken Kaffee und essen Croissants, die schmecken, sitzen in Straßencafés und reden über Belanglosigkeiten, an die ich mich nicht mehr erinnern kann.

12 WochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt