(Meine Mutter)

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Beim Abendessen versuch ich ein Gespräch mit meiner Mutter einzufädeln. Ich hab uns Salat zubereitet, und jetzt sitzen wir in der Küche und picken ein paar Blätter und Tomaten von unseren Tellern.

Ich weiß nicht wie man das am besten anstellt, wenn man in meinem Alter seiner Mutter sagen will, dass man schwanger ist. Ich weiß auch nicht, ob das meine Mutter nicht noch mehr überfordern würde als mich, wenn sie es wüsste.

Ich rede erst über dies und das. Ich habe die Hoffnung, dass sie schon allein an der Tatsache, dass ich so viel rede, wo ich normalerweise so schweigsam bin, merkt, dass etwas mit mir nicht stimmt. Man sollte meinen, dass eine Mutter ein Gespür für ihre Tochter hat und dazu in der Lage ist, zu erkennen, wenn sie etwas quält. Ich hab davon gehört, dass das bei anderen Müttern so ist. Bei der Mutter meiner besten Freundin zum Beispiel. Sie hat eine Mutter, die so ist. Wenn ich bei ihr zu Besuch bin, dann fragt sie mich, wie es mir geht und meint diese Frage ernst. Manchmal fragt sie auch, ob ich Sorgen habe, weil sie mir das ansieht, dass ich welche habe.

Aber meine Mutter ist anders.

Wenn eine Freundin zu Besuch ist, versucht sie so zu tun, als seien wir beste Freundinnen. Das ist so peinlich. Das schreib ich mir auf. Falls ich irgendwann mal Kinder haben sollte... In Wirklichkeit ist es natürlich traurig, dass meine Mutter so mit sich selbst beschäftigt ist. So wenig in ihrem eigenen Leben angekommen ist. Ich kann sie gut verstehen. Sie hat meinen Vater nicht halten können und das hat sie zutiefst verletzt und verunsichert.

Sie hat jetzt einen Freund, ich weiß nicht, ob es was ernstes ist. Wahrscheinlich hat sie Schmetterlinge im Bauch, jedenfalls gibt sie laufend Textnachrichten in ihr Handy ein, laufend bimmelt es und sie lacht manchmal, während ich rede und Kontakt herstellen will, weil ich mich nach so etwas wie Nestwärme sehne. Ich sehne mich nach so etwas wie einer Mutter. Nach einer Mutter, wie sie meine beste Freundin hat. Nach einer Weile gebe ich es auf.


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