Das Versprechen von sich schonen hält er ein, aber beide Jugendliche sind sich näher als jemals zuvor. Märyn hat keine Probleme mehr, dass er nicht auf Abstand geht, sie geht sogar auf ihn zu. Wie zwei alte Freunde hängen sie jede freie Sekunde zusammen. In der Schule zeigen sie sich für die anderen Mitschüler gering befremdlich. Für die Truppe rund um Arnim, Jan, Farith und Nici, ist es ein Dorn im Auge. Das Gerücht einer romantischen Freundschaft geht um, selbst die Erwachsenen in der Stadt tuscheln über Arnim und Märyn.
Die drei Freunde glauben nicht an die Romanze, sie kennen den Jungen anders. Er hat mit ihnen Missfallen gegenüber Märyn empfunden, es kann nicht sein, dass Arnim urplötzlich der Freund von einem Mädchen ist, das gerade einmal drei Wochen oder so in der Stadt lebt. Außerdem gehört sie zu keiner Partie Frauen, die in das Beuteschema der Freunde fällt.
Jan, Farith und Arnim teilen sich eigentlich den selben Geschmack, egal ob Konsolenspiele, Sport oder Frauen. Groß, langhaarig, oft mit südländischen Touch, braune Kulleraugen, guter Vorbau. So in etwa werden die Traumfrauen jedes Mal beschrieben, jedoch entspricht Märyn nicht den Idealen. Ihr lockiges braune Haar erfüllt dem Ideal, aber sonst sieht sie anders aus. Sie kleidet sich wie ein katholisches Schulmädchen an, schlichte T-Shirts mit Rundausschnitt und lange Jeans und die blauen Augen geben den Jungs ein ominöses Gefühl. Fast schon unheimlich. Und einen Vorbau kann man ihre Brüste nicht nennen.
Nici findet die Zusammenkunft ihres Freundes mit der Neuen weniger problematisch, aber trotzdem ist ihr die enge Vertrautheit zuwider. Das Mädchen passt nicht hierhin. Dieses Städtchen hat keinen Platz für ein Mädchen wie sie. Nici reagiert auf die Freundschaft sehr stark, Eifersucht kommt in ihr hoch, denn die langjährige Kameradschaft zwischen ihnen ist keineswegs so allerbest. Nici und Arnim teilen kaum Geheimnisse, sie reden im Unterricht nur alle Jubeljahre und auch sonst treffen sie sich nie miteinander. Immer sind Jan und Farith dabei.
Doch die Eifersucht und Meinungen zu Märyn sind Thesen, die auf Gerüchten, Sichtweisen und den Geschmäcker gehen. Die drei Kinder geben ihr keine Chance, sich vorzustellen.
Märyn und Arnim bekommen das Getuschel hinter ihrem Rücken gar nicht mit. Sie vereinen die Köpfe, ignorieren die anderen Personen um sie herum. Wenn einer zum Morgen grüßt, wird er wie Luft behandelt.
Normalerweise kann Arnim keine Person übersehen, gar nicht zuhören. Und jetzt!Jetzt hängt der Junge mit der Neuen tagtäglich ab. Es scheint so, als sei der Junge nicht mehr er selbst, als hätte man ihn ausgewechselt. Alte Freunde verstehen ihn nicht. Dafür versteht Märyn ihn mehr als jeder andere.
Jeden Tag spricht sie über sämtliche Dinge, die mit Seelenblüter in Betracht kommen. Von verschiedenen Pflanzen, Tieren und Talente bis hin zu Ritualen, Lebweisen und Kleidung. Selbst Essen klingt mit den Rezepten, die die Alten lange vor ihrer Zeit angefertigt haben, auf irgendeiner Weise bizarr. Im Vergleich dazu hört sich die Auswahl an Gerichten im asiatischen Raum nahezu köstlich an.
Das Wochenende rückt rasend schnell herbei, die gestellten Aufgaben klingen lächerlich im Vergleich zu letzter Woche.
„Ich soll wirklich zehn Kilometer in weniger als zehn Minuten laufen? Mehr nicht?"
„Bist du frustriert, dass das Aufwärmen so öde ausfällt?"
„Ehrlich geantwortet, ja. Ich kenne dich hierbei anders."
Das Mädchen kommt den Jungen gefährlich nah und lässt das Blau in den Augen aufblitzen.
„Du unterschätzt mich, lieber Arnim. Der spaßige Teil kommt doch erst nach dem Warmwerden!"
Arnim zeigt sich kaum beeindruckt, ihm macht es inzwischen Spaß, das Mädchen mit den mysteriösen blauen Augen, die mal intensiver an Farbe gewinnen und dann am nächsten Tag total normal, herauszusticheln. Ihm scheint auch der Alltag, der mehr und mehr an ein Leben eines Seelenblüters erinnert, nichts auszumachen. Er genießt die neue Kraft der Fähigkeiten, das Verständnis von seinen durchschnittlichen, manchmal schlechten Noten, die Freundschaft mit Märyn. Und Märyn macht den selben Eindruck als ob sie die Zusammenarbeit, das Lernen zwischen Lehrer und Schüler, ihr ein gewisses Gefühl geben würde. Ein Gefühl von Heimat.
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Seelenblüter
FantasyKennst du die Geschichten, die von Menschen mit vermischten Blut erzählen? Wo das vermischte Blut besondere Fähigkeiten den Menschen geben? In wessen die Menschen mit besonderem Blut sich in Kreaturen namens Werwölfe verwandeln? Ja?! Na dann...