In den kommenden Tagen, bisherig sind drei Tage von Montag an verstrichen, taucht Märyn unter. Nach wie vor fühlt sie sich überfordert und seit Montagabend kommt noch hinzu, dass sie sich krank fühlt. Selbst eine warme Stirn hat sich bei ihr entwickelt.
„Deine Stirn wird mit jedem Tag wärmer, meine Liebe. Und auch wenn du nicht zum Arzt gehen willst, müssen wir heute hin, da du seit drei Tagen nicht im Unterricht bist.", argumentiert Lucie ihren Standpunkt zu dem wunderbaren Fieber ihres Pflegekindes. Märyn rafft sich in dem Himmelbett unterm Dach auf und empfindet nichts. Keine Emotion ziert das inzwischen bleiche Gesicht des Mädchens.
„Von mir aus."
Die Pflegemutter klatscht in die Hände und befiehlt in einem freundschaftlichen Tonfall, das Mädchen solle bitte etwas wärmeres anziehen, da es draußen frisch ist. Als die Frau die Treppe hinter sich lässt, setzt das Mädchen die Füße auf dem Teppich an ihrem Bett, die sich gemütlich darin vergraben. Seufzend stützt sie sich vom Bett ab, bekommt das Gefühl, ob die ganze Welt auf ihr lastet, obwohl es fast nur ihre Eigene ist. Arnims Leben lebt Märyn ja nicht, dennoch muss sie auf ihn aufpassen und ihn noch einiges beibringen. Er ist immerhin ein Seelenblüter ohne wirklichen Bezug zu anderen seiner Art bekommen zu haben. Ein Küken ist er halt und sie agiert als Mutterhenne, die ihn großzieht, ihm vieles beibringt.
„Warum fällt es mir schwer, ihm was zu sagen?", meint sie, während ihre Füße mühselig zum Kleiderschrank gehen, um Kleidung für den heutigen Tag rauszunehmen.
Selbstgespräche sind für sie nichts merkwürdiges, sie helfen ihr manches klarer zu sehen. Vor allem bei inneren Konflikten helfen Gespräche mit sich selbst wahre Wunder, sie nehmen die Last von Märyn und helfen bei Problemfindungen. Das Mädchen wirft geradewegs irgendwelche Klamotten auf ihr Bett, die sie gleich anzieht, doch sie redet mit jedem einzelnen Stück und auch mit ihren Händen, wenn sie die Stücke wegwirft.
„Wie bin ich überhaupt an ihn gekommen? Er ist mein früherer bester Freund und zum Glück hat er überlebt, aber warum hat man ihn nicht in eine andere Stadt gebracht? Wieso konnte er hier schier überleben?"
Jeanshose und Pullover fliegen aufgrund des Nicht-Hinsehens vorm Bett, doch das ist ihr egal. Kleidung ist nicht wie Essen, wo meistens zuhause die fünf Sekunden Regel gilt. Aus den fünf können auch mal zehn werden, jedoch wenn es flüssig oder bei einer Lasagne nur teilweise fest ist, dann gilt die null Sekunden Regel. Grundsätzlich kann man aber so etwas wie Kleidung und Essen nicht auf eine Schiene legen.
„Was ist, wenn er durch die Bestimmung und alten Legenden vor den Wölfen geschützt ist? Wenn er und ich irgendwie verbunden sind, es Schicksal gewesen sein muss, dass ich ihn hier antreffe?"
Momentan raucht ihr Kopf mit lauter Fragen, auf denen sie keine Antwort geben kann. Ein Rufen erinnert sie daran, sich umzuziehen.
„Märyn, bitte beeile dich, damit wir nicht lange warten brauchen. Ich will noch ein paar Erledigungen machen, die nicht warten können und du willst es doch selber schnell hinter dich bringen."
Gesagt, getan. Märyn zieht sich so schnell es geht um, wobei sie merkt, dass ihre Glieder schmerzen, aber das Mädchen weiß selber, dass die Schmerzen von keinen Infekt stammen. Sie ist krank, weil ihr Körper sich gegen die Erinnerungen und Sorgen, gegen das Ganze hin und her sträubt. Ähnlichere Symptome sind typisch Seelenblüter. Vergleichbar mit einem Männerschnupfen, aus einer Mücke einen Elefanten machen.
Grummelnd stolpert sie nach unten, als sie fertig mit anziehen ist.
„In solchen Lagen wünscht man sich, ein Blutsanderer zu sein."
„Hast du was gesagt?", fragt ihr Pflegevater, der aus dem Badezimmer tritt und Märyn fragend anblickt.
„Nein, habe nur dahin gemurmelt. Viel Spaß auf der Arbeit, Nicolas."
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Seelenblüter
FantasyKennst du die Geschichten, die von Menschen mit vermischten Blut erzählen? Wo das vermischte Blut besondere Fähigkeiten den Menschen geben? In wessen die Menschen mit besonderem Blut sich in Kreaturen namens Werwölfe verwandeln? Ja?! Na dann...