Am Rand einer Wolke *pausiert*

Ashley, Januar 2013 (Afrika)

Ihre Tage waren heller geworden. Die Lebensumstände und die Situation hatte sich nicht verändert, aber manchmal empfand sie etwas wie Glück. Dafür verantwortlich war Grace. Immer wieder schaute Ashley sie nur an. Die kurzen blonden Haare, die so wunderbar weich waren, die großen grünen Augen, die ihr ganzes Innerstes wiederspiegelten. Sie war ein wenig kleiner als Ashley und sehr schlank. Beim Sport liefen sie nebeneinander und auch wenn beide nichts sagten, konnten sie sich verstehen. Alles andere war unwichtig geworden, nur diese Treffen auf dem Sportplatz waren wichtig. Diese Freude, kurz bevor es losging, hatte Ashley seit Jahren nicht mehr gespürt. Vor ein paar Tagen hatte Grace wieder von ihrer Familie berichtet und hatte Ashley gefragt, was mit ihrer Familie wäre. Bei dieser Frage zuckte Ashley zusammen und senkte den Kopf. "Ich weiß es nicht," sagte sie leise.  Ein Zittern durchlief ihren Körper. Obwohl es strengstens verboten war, nahm Grace beim laufen ihre Hand. Ein warmes, unbekanntes Kribbeln durchlief ihre Hand. Sie sah vorsichtig zu Grace rüber und sah das Mitgefühl in ihren Augen. Ashley wusste, dass sie ihr zu Hundert Prozent vertrauen konnte, also begann sie zu erzählen. "Ich war sechs Jahre als, als ich an diesen Ort kam. Über die Jahre, "sie schluckte, "habe ich den Gedanken an meine Familie immer weiter verdrängt. Es tat so weh, zu wissen, dass sie meinetwegen in Gefahr sind. Diese Männer haben mir am Anfang gesagt, dass sie meine Schwester umgebracht haben und dass, wenn ich Wiederstand leiste, sie meiner Familie etwas antuen. Also habe ich gar nicht mehr an sie gedacht." Mitlerweile lief ihr eine Träne über das Gesicht. Grace wusste, dass sie nichts tun konnte, also hielt sie nur weiter Ashleys Hand und hörte ihr zu. "Ich sehe sie, wie ihnen etwas angetan wird, aber immer, wenn ich mir ihre Gesichte anschaue, ist alles verschwommen." Sie schluchzte leise. "Ich weiß nicht mehr, wie sie aussehen. Ich habe sie verloren." Vorsichtig sah sie zu Grace. Satt Verachtung für jemanden, der die wichtigsten Menschen in seinem Leben einfach vergessen hatte, sah sie nur Verständnis. Garce war erst seit einigen Monaten in der Höhle, sie hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Also sagt sie leise zu Ashley: "Ich verspreche dir, dass ich dich hier rausbringen werde. Wir werden zusammen von diesem Ort weggehen und dann bringe ich dich zu deiner Familie. Ich weiß wie wir hier raus können. Du musst mir vertrauen, aber es gibt einen Weg." Ashley sah sie nur wortlos an, diese Hoffnung hatte sie vor langer Zeit schon aufgegeben. Ganz sicher war Grace sich nicht, aber in diesem Moment hatte sie beschlossen, Ashley zu retten. Immer öfter sah sie den stumpfen, in sich gekehrten Blick am Anfang des Lauftrainings. Ashley zog sich mehr und mehr in sich selbst zurück und Grace wusste, irgendwann wäre es zu spät. Es wäre zu spät und Ashley wäre für immer verschwunden. Sie erzählte Ashley nichts von der Idee, da sie sie nicht verängstigen wollte. Auch Grace spürte die tiefe Verbundenheit mit Ashley, aber sie konnte sie besser einordnen. Sie hatte sich in dieses scheue Mädchen verliebt. Es war nicht die Art von Liebe, nach der viele der Männer dort auf der Suche waren. Die Liebe war absolut ehrlich und Grace wusste, dass sie alles für Ashley tun würde. Vor ein paar Nonaten hatte sie von einem anderen Mädchen erfahren, dass jedes Jahr mehrere Männer kamen, die einige Mädchen freiließen. Das Mädchen war sich sehr sicher gewesen, aber es konnten natürlich auch Mörder gewesen sein. Grace hatte beschlossen, dieses Risiko einzugehen. Sie würde erst ausgesucht und später freigellassen werden. Ihr war klar, dass es nicht einfach werden würde, aber sie würde es schaffen. Und dann würde sie alles erzählen. Ein großes Problem war, dass sie die Lage der Höhle nicht kannte, aber sie hatte einige Anhaltspunkte. Grace war schon immer sehr hartnäckig gewesen war, aber jetzt kämpfte sie stärker, als je zuvor.