6. Kapitel

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Black Flash spielte völlig verrückt in Sapporo, vermutlich um ihn, L, unter die Nase zu reiben, dass sie am längeren Hebel saß. Jeden Tag wurde ein neuer Code vorgefunden, mindestens zweimal die Woche wurde in einem Supermarkt eingebrochen und immer mehr Menschen meldeten Taschendiebe. L wusste, dass nur eine Person daran Schuld war und hinter dieser war er her, wie eine Katze eine Maus jagte. Die Kombinationen waren nun spielerisch einfach zu entschlüsseln und offenbarten tagtäglich ein neues Wort. Mittlerweile ergaben die Wörter bereits zwei sinnvolle Sätze: 'Glaub nicht, ich würde mich einfach fangen lassen, das wäre viel zu langweilig. Ich lüge sehr oft, das ist eine alte Angewohnheit von mir, aber ich bin mir sicher, dass wir diese teilen.' Außerdem hatte L auch noch einen Bruchteil des nächsten Satzes: 'Wie hoch ist die ...' Somit waren genau 37 Tage vergangen, in denen der Schwarzhaarige nichts erreicht hatte.

Weiter kam der Detektiv im Fall nicht unbedingt. Von Watari bekam er die Bestätigung, dass die Fingerpuren nicht von einem Mitglied aus dem Wammy's Waisenhaus stammten. Er versuchte seit fünf Wochen, ein einziges Mädchen aufzudecken, doch kam dabei nicht vorwärts. Es tröstete ihn ein wenig, dass auch Black Flash nicht unbedingt Erfolg zu haben schien.

"Ein Anruf", machte sich Watari bemerkbar und überreichte L das Handy.

"354S 10Z 6W", sagte eine zitternde Stimme und klang dabei verzweifelt und verängstigt. Sofort war dem Detektiven bewusst, was da vor sich ging und schnappte sich Black Flashs Buch, um den Code zu entschlüsseln. Es folgten weitere Kombinationen, bis ein Satz entstanden war. 'Sie wird sterben, also hilf ihr.'

"Bitte, wer auch immer da ist, bitte helfen Sie mir", weinte die Frau.

"Wo sind Sie?", fragte L mit drängender Stimme, während er seine Optionen durchging. Nachdem ihm der genaue Ort gesagt wurde, welcher sich in Sapporo befand, wurde die Verbindung abgebrochen. Aufgrund des Hinweises, dass Black Flash gerne log, war sich L unsicher. Entweder sie wollte den Detektiven in eine Falle locken, bei der niemand bedroht wurde, oder sie brachte wirklich diese Frau in Gefahr. Wenn letztetes der Fall war, dann würde jemand sterben, wenn L nicht dort aufkreuzen würde. War dieser Satz, der auf Black Flashs Lügen hinwies, eine Täuschung, damit er nicht reagierte?

L knirschte mit den Zähnen und erhob sich. Er ging auf die Tür zu, doch dann kehrte er um. Diese Verbrecherin zu durchschauen fiel ihm schwer. Da wurde ihm etwas bewusst: Es war eine Frau, die da mit ihm gesprochen hatte, kein Mann.

Nein, er würde hierbleiben und jemanden schicken. Sobald seine Entscheidung getroffen war, ging alles ganz schnell. Watari kontaktierte für ihn jemanden, der ihm auch im BB-Mordfall unterstützt hatte. Er war ein Trickbetrüger und charismatisch begabt. Das Gegenteil von L.

Minerva lag gemütlich in ihrem Versteck, von dem sie das Szenario perfekt beobachten konnte. Ihr kleines Opfer hatte Todesangst, da dieses auch nichts davon gewusst hatte. Sie war keine gut genuge Schauspielerin, also wurde sie nicht eingeweiht. Black Flash war gespannt. Sie wusste nicht, wie L handeln würde.

"Was soll ich machen, wenn derjenige, den Sie herlotsen, hier ist?", fragte eine Stimme in ihrem Ohr. Nein, Minerva war vieles, doch nicht schizophren. Sie war mit ihrer Vertretung verbunden.

"Ich sage es dir, wenn es soweit ist", antwortete sie etwas genervt, da das doch offensichtlich war.

Es dauerte lange, bis sich etwas tat, Minerva wäre beinahe eingeschlafen. Ein Mann betrat die heruntergekommene Gasse und schien dabei sehr entspannt zu sein. Seine Hände befanden sich in seinen Hosentaschen. Beinahe hätte Minerva vor Freude ein Rad geschlagen, doch dann erkannte sie den Mann. Blondes Haar, schelmisches Schmunzeln. Das war Aiber, den sie vor einem Monat im Zug getroffen hatte. Und Aiber war nicht L. Das war nicht möglich, Minerva wollte nicht, dass es möglich war.

"Ich bin hier, Black Flash. Gib nun bitte diese Frau frei, sie hat nichts mit unserem Konflikt zu tun", sagte Aiber. Nein, er war es nicht. L würde sie nicht um etwas bitten.

"Töte sie", seufzte Black Flash und erhob sich, um zu gehen.

"Was? Das war nicht abgemacht", sagte ihre Vertretung.

"Hey. Willst du das Geld oder nicht? Tu was ich sage", befahl Minerva ihr mir schneidener Stimme.

"Ich kann nicht", flüsterte sie. Blitzschnell drehte sich die Schwarzhaarige um, erschoss das Opfer und lief weg. Am liebsten hätte sie auch Aiber erschossen, so wütend war sie, dass L nicht selbst gekommen war, aber die Zeit sollte sie besser zur Flucht nutzen. Die Wahrscheinlichkeit war groß, dass hier alles voller Polizisten war, aber vor dieser hatte sie ja noch nie Respekt gehabt.

Minerva bemerkte, dass sich ihre Wut anders anfühlte als sonst. Dieses Mal wollte sie nicht um sich schlagen, sie wollte sich beleidigt in ihr Bett verkraulen. Sie war enttäuscht.

L hörte den Schuss.

"Scheiße, sie ist tot", fluchte Aiber.

"Nimm den Geiselnehmer fest", sagte L ruhig, doch er war recht aufgebracht. Ihm ging nicht ein, was er falsch gemacht hatte. Wäre das auch passiert, wenn er selbst aufgekreuzt wäre? Hätte er es überhaupt verhindern können? Woran hatte Black Flash erkannt, dass Aiber nicht L war? Es war schießlich nicht auszuschließen. Es wäre durchaus möglich, dass er, der Detektiv, ein solches Charisma hatte, oder es zumindest vortäuschte.

Es war eine große Niederlage, die L erleiden musste. Black Flash verspottete ihn regelrecht, indem sie einen Mensch vor seiner Nase tötete. Doch eines ging ihm nicht ein: Warum hatte sie eine Frau umgebracht? Das war das erste Mal, dass in Black Flashs Namen eine Frau verletzt wurde.

"Alles klar, die Täterin wurde erfolgreich der Polizei übergeben", berichtete Aiber und klang erschöpft.

"Nein, die Täterin ist geflohen. Der Geiselnehmer hat das Opfer nicht erschossen, er war nicht wirklich Black Flash", erklärte L eher widerwillig, als würde er nicht wollen, dass das Gesagte stimmte.

"Im Ernst? Also ist Black Flash noch hier?"

"Sie trägt nicht umsonst den Namen Black Flash, sie ist bereits außer Reichweite. Ist sie einmal auf der Flucht, kann die Verfolgung gleich wieder eingestellt werden."

"Soll ich das Double verhören, oder ist mein Job damit erledigt?", fragte Aiber.

"Du kannst gehen." Nach dem Abbruch der Verbindung nahm L sein Headset ab und legte seinen Kopf in den Nacken, sodass er die Decke betrachtete.

"L", erhob Watari vorsichtig seine Stimme, "Black Flash ist gut. Es wird dauern, bis sie gefangen wird." Der Ältere der beiden wartete, doch L reagierte darafhin nicht. Es tat ihm leid, dass er Folgendes sagen musste. "Bis dahin solltest du dich womöglich anderen Fällen widmen. Seit Wochen hast du bloß ihre Nachrichten entgegengenommen und gewartet, dass etwas passiert. Das kannst du auch während eines anderen Falles." Der Schwarzhaarige schloss seine Augen. Es deprimierte ihn nur noch mehr, die Worte des Weißhaarigen zu vernehmen. Dieser verließ leise den Raum. Je länger L Black Flash nicht hinter Gitter sah, desto mehr wollte er es, aber er nahm sich auch Wararis Worte zu Herzen. Er gäbe dem Black Flash-Fall noch eine weitere Woche, dann würde er den Ratschlag befolgen. Auch wenn es ihm nicht gefiel.

Black Flash [L x OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt