10. Kapitel

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"Nicht schlecht", sagte Light dann und klang ehrlich beeindruckt.

"Was denkst du über die Nachricht, die Kira-zwei an SakuraTV geschickt hat, um mit Kira-eins Kontakt aufzunehmen?", fragte L weiter. Seine Augen lagen interessiert auf der Frau und wegen dem Daumen an seinen Lippen waren seine Worte kaum zu verstehen. Luna suchte die Aufzeichnung und überflog sie nochmals.

"Augen ... Shinigami ... Notizbuch ...", murmelte Luna, "natürlich würde jeder rational denkende Mensch behaupten, dass das Codewörter sind, aber ... ich denke nur gelegentlich rational. Wenn wir davon ausgehen, dass die Wörter so gemeint sind, dann ... Kira-zwei sagt, dass er nicht glaube, dass Kira-eins die Augen hat. Der Unterschied zwischen ihnen ist, dass Zwei keinen Namen benötigt, um zu töten, Eins aber schon. Diese zusätzliche Fähigkeit, ohne Name töten zu können, hat demnach etwas mit den Augen zu tun. Sie zeigen sich einander ihre Shinigami, hm? Wenn Todesgötter wirklich existieren, dann glaube ich, schon mal einen gesehen zu haben, aber egal. Vielleicht sind die Shinigami die Waffe, die Fähigkeit. Man bittet sie, jemanden zu töten. Allerdings ergibt es dann kaum Sinn, dass man Name und Gesicht benötigt, schließlich kann man einfach auf jemanden zeigen und dem Gott befehlen, denjenigen zu töten. Wenn dem so wäre, wäre L schon hinüber. Ach, ich auch vermutlich. Also sind Shinigami nicht die Waffe. Aber die Notizbücher. Oh, vielleicht ist Kira selbst ein Shinigami. Das wäre dann ein Kampf gegen höhere Mächte", überlegte Luna, fasste sich an ihr Kinn und sah an die Decke. Sie begann, leise vor sich hin zu lachen. Die Ernsthaftigkeit, mit der sie alles erklärt hatte, war nun verflogen, das merkte L. Er war jedoch positiv überrascht, dass Black Flash überhaupt zu solch einer Schlussfolgerung im Stande war. So verrückt war sie gar nicht. Oder aber sie war so irre, dass sie den Wahnsinn kontrollieren konnte. Faszinierend, doch L musste sich nun um Kira kümmern. Zwar hatten sie dank der jungen Frau etwas Neues, Wichtiges erfahren, doch so wirklich konnten sie nichts damit anfangen. Kira-drei wurde damit nicht gefangen.

L wog ab, wie das Gesagte die Wahrscheinlichkeit, dass sie Kira war, beeinflusste. Sie stieg auf 18 Prozent an.

"Das ... Das klingt wirklich verrückt", meinte Light, der sie nicht so ernst nahm, wie es der Detektiv tat.

"Das ist der Kira-Fall ja auch", entgegnete Minerva etwas beleidigt.

"Stimmt wohl", seufzte der Braunhaarige und erhob sich. "Ich werde mal eine Nacht darüber nachdenken. Hoffentlich träume ich nicht von Todesgöttern." Schmunzelnd wünschte er eine gute Nacht und verschwand ohne eine Antwort.

Beinahe angewidert sah Minerva ihm nach. Sie zog die Beine näher an ihren Körper und legte ihr Kinn auf die Knie. Sie bemerkte, wie L sie anstarrte, da begann sie zu grinsen. Auch ihr Herz begann zu schlagen, als würde sie mit der Polizei in Sapporo spielen. Black Flash wartete, dass L etwas sagte, doch das passierte nicht. Sie erwiderte bloß grinsend seinen Blick und studierte die schwarze Farbe seiner großen Augen. Diese schienen etwas Fesselndes zu haben, etwas Unendliches. Irgendwann wurde ihr Lächeln schwächer und ihre Lider schwerer. Minerva war nicht wirklich müde, sie fühlte sich bloß seltsam ruhig. Erfüllt.

"Warum hast du diese Frau erschossen, Black Flash?", fragte L wie aus dem Nichts.

"Hm?", machte sie und schien aufzuwachen. "Ach, du sprichst von ihr. Ihren Namen habe ich vergessen, ich weiß nur noch ihre Telefonnummer. Wieso ich sie erschossen habe? Weil du ihr nicht geholfen hast."

"Woher wusstest du, dass ich nicht persönlich gekommen bin?" Die Schwarzhaarige grinste wieder breit.

"Hm, wer weiß?"

"Du weißt."

"Stimmt." L verstand schon, dass er keine Antwort erhalten würde. Wenn Black Flash nicht wollte, dass er etwas wusste, dann würde er es auch nicht wissen.

"Aber warum eine Frau?", fragte er trotzdem weiter. In ihrem Gesicht erkannte er Verwirrung.

"Ich weiß nicht, was du meinst, Ryuzaki."

"Warum tötest du plötzlich eine Frau, wenn du vorher nur Männer verletzt und getötet hast?"

"Hab ich das? Das war wohl Zufall", meinte sie und zuckte mit den Schultern. L war durch diese ehrlich klingende Antwort verunsichert. Es konnte gut sein, dass sie log und es vertuschen konnte wie Light, aber aus irgendeinem Grund glaubte der Detektiv das nicht. Er begründete immer alles, konnte Gefühle sogar logisch analysieren, doch dieses Mal war er ratlos, was ihn so denken ließ. Black Flash war ein einziges Mysterium. "Es freut mich, dass ich dich kennenlernen durfte", flüsterte sie und lächelte sanft.

"Sobald der Fall gelöst ist, wirst du ins Gefängnis müssen." Leise lachte sie.

"Oh bitte, L. Wir wissen doch beide, dass ich bis dahin nicht mehr leben werde." Tatsächlich glaubte L, in ihren blauen Augen Trauer zu erkennen. Er war überrascht, dass sie davon überzeugt war, dass Kira sie töten würde. Er legte den Kopf schief. Sie machte es ihm nach und hob ihre Augenbrauen. "Dachtest du, das geht gut für mich aus? Ich bin eine Verbrecherin, die versucht, gegen jemanden zu ermitteln, der Verbrecher hinrichtet. Es liegt doch auf der Hand, dass ich das Zeitliche segnen werde." L fragte sich, ob das Pessimismus oder Realismus war. Er wollte nicht, dass es so kommen würde, wie sie es schilderte. Black Flash war eine Frau, die anders dachte, als der Detektiv. Er brauchte sie. Selbst wenn sie im Gefängnis sein würde, dann könnte sie ihm noch weiterhin unterstützen. Er war davon ausgegangen, dass sie eine gemeinsame Zukunft haben würden.

L riss seinen Blick von ihr.

"Das würde bedeuten, dass ich versagt hätte", meinte er und klang beinahe trotzig. Minerva kicherte.

"Selbst du kannst Manches nicht aufhalten."

"Ich werde es nicht zulassen. Kira wird gestoppt, bevor du stirbst. Ich verliere den Kampf nicht."

"Du verlierst bei jedem toten Verbrecher ein Stückchen mehr", flüsterte sie lächelnd und sah ihn an. Erfreut bemerkte sie, wie L mit den Zähnen knirschte und sie verstimmt ansah. Sie kicherte wieder leise und erhob sich.

"Wo ist mein Zimmer?", fragte Minerva und ging auf die Treppe zu, die auch Light benutzt hatte.

"Dachgeschoss, fünfte Tür rechts. Ich habe überall Kameras und Wanzen installiert, also ist es unmöglich, etwas vor mir zu verheimlichen."

"Das würde ich doch niemals wagen, L", grinste sie spöttisch.

"Ryuzaki", korrigierte er sie.

"Hm", machte sie und verschwand. L beobachtete auf den vielen Bildschirmen, wie sie ihr Zimmer aufsuchte und dieses unter die Lupe nahm, nachdem sie es gefunden hatte. Ihre Bücher waren von Watari in ein Regal geräumt worden, auf das sie zusteuerte. Luna strich sanft über die Rücken der Einbände und stoppte bei einem. Sie nahm es heraus, schmiss sich auf das Sofa und schlug es auf der ersten Seite auf. L ließ Black Flash nicht aus den Augen, bis sie das Buch langsam auf ihre Brust sinken ließ und einschlief.

Black Flash [L x OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt