Minerva saß am Bahnsteig und wartete auf ihren Zug. Niemand würde denken, dass Black Flash mit einem öffentlichen Verkehrsmittel flüchten würde. Sie hatte sich auch umgezogen, damit sie wie eines dieser dümmlichen Models aussah.Ihre Augen waren zusammengekniffen und ihre Finger massierten ihre Schläfen. Minerva war mit den Nerven am Ende. Sie hatte zwar damit gerechnet, dass sie in dieser Nacht L noch nicht zu Gesicht bekommen würde, aber sie hatte nicht erwartet, dass sie diese Enttäuschung so mitnehmen würde, dass sie so enttäuscht sein würde. Das geliebte Adrenalin hatte nicht eingesetzt, es fehlte ihr.
Was sollte sie nun machen? Es nochmal versuchen? Zu langweilig.
"Hallo, Luna", ertönte eine tiefe Stimme hinter ihr. Sie fuhr zu Aiber herum und tötete ihn mit ihrem bloßem Blick. Zumindest stellte sie sich das so vor.
"Fahr zur Hölle", murrte sie, woraufhin er lachte und sich auf die Bank mit gut einem Meter Abstand zwischen ihnen zu ihr setzte.
"Ich hätte dich fast nicht erkannt. Dir steht das freizügige Zeug, aber das letzte Mal hast du nur schwarz getragen. Woher kommt dieser Sinneswandel?" Minerva sah sich um und entdeckte einen Mann, der wohl hier arbeitete und zwei Reisende am anderen Bahnsteig. Sie konnte ihn also nicht töten. Genervt schnaubte sie. "Hör mal, ein hübsches Mädchen wie du sollte um solche Zeiten nicht alleine draußen sein", meinte Aiber und klang tatsächlich sehr ernst. "Sapporo ist keine Stadt, in der man sich immer sicher fühlen kann."
"Ich kann das", entgegnete sie ihm. Aiber beugte sich näher zu ihr, sodass sie ihre Waffe umfasste und sie beinahe aufspringen wollte, doch dann sah sie seinen Blick.
Besorgnis.
"Ich habe vor nicht mal einer Stunde gesehen, wie eine Frau erschossen wurde."
"Lass mich in Ruhe, ich habe auch ohne dich und deinen Gruselgeschichten schon genug Probleme", murrte sie und verdeckte ihr Gesicht mit ihren Händen. Sie wollte das weinerliche, ängstliche Kind spielen, aber sie war sich nicht mal sicher, ob sie das wirklich bloß spielte.
"Vorschlag: Ich werde während der Zugfahrt meinen Mund halten, wenn das gewünscht ist, aber dafür erzählst du mir von deinen Problemen, Luna. Na, wie hört sich das an?" Mit zusammengezogenen Augenbrauen linste Minerva hinter ihrer Hand hervor. Sie ließ seufzend ihre Hände sinken.
"Person A wollte mit Person B ein ... eine Beziehung führen und war davon überzeugt, es würde ein riesiger Spaß werden. Das Abenteuer ihres Lebens."
"Aber Person B nicht?", fragte Aiber feinfühlig.
"Doch, doch, Person B nahm die Herausforderung an. Person B hatte sogar genau dasselbe von ihrem gemeinsamen ... Abenteuer erwartet, wie Person A. Nur ... Irgendwie ... Irgendwie ist es anders, als A und B gedacht haben. Niemand bewegt sich auf den anderen zu, verstehst du? Obwohl sie es versuchen, das tun sie wirklich, aber ... irgendwie beginnt es, langweilig zu werden. Und Person A hasst nichts mehr als Langeweile", erklärte Minerva und begann sogar, mit der Stimme zu zittern.
"Denkst du, Person A und Person B sind füreinander bestimmt?", fragte der Blonde. Verständnislos blickte sie ihn an.
"Was bedeutet das?" Sie konnte es nicht leiden, dass sie das fragen musste. Noch dazu lächelte Aiber, als würde er sich lustig machen wollen.
"Man ist füreinander bestimmt, wenn man das Gefühl hat, sein Ziel bereits erreicht zu haben. Man fühlt sich besser in der Nähe des Seelenverwandten."
"Aber er ist nicht in meiner Nähe, er ist so weit weg und so unerreichbar und er ist mein Ziel, er war es. Ich wollte ihn sehen", meinte Minerva und begann zu weinen. Tröstend legte Aiber seinen Arm um sie, doch sie zuckte weg.
"Ach, Kleines", seufzte der Ältere, "dann seid ihr womöglich nicht füreinander geschaffen. Wenn ihr nicht wie Puzzleteile zusammenpasst, dann hat es keinen Sinn, die Beziehung weiterhin zu führen. Liebeskummer gehört zum Leben dazu, das ist ganz normal." Minerva fühlte, wie etwas in ihr zerbrach, als er das sagte. Ihr Herz konnte es nicht sein, sie besaß keines. Aber es tat höllisch weh.
"Ich weiß nicht, was ich ohne ihn mit meinem Leben anfangen soll. Andere sagen mir, ich würde falsch leben und ich bräuchte einen Sinn zu leben, aber ich weiß nicht wie. Ich weiß nicht, ob ich das will", schluchzte die Schwarzhaarige. Der Zug fuhr ein, doch es kümmerte sie kaum.
"Luna", sagte Aiber und brachte sie dazu, ihren Kopf zu ihm zu drehen. Er sah ihr so tief in die Augen, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief. Sie wollte das nicht. Er sollte weg gehen. Er sollte aufhören, ihr so aufmunternd zuzulächeln. "Den Sinn des Lebens findest du schon noch irgendwie heraus, aber er scheint es nicht zu sein. Mach ohne ihn weiter, starte einen Neuanfang, wenn du sowas brauchst. Soll helfen." Er zwinkerte und erhob sich von der Bank. Aiber hielt ihr seine große Hand hin. Minerva wischte sich die Wangen trocken, ignorierte das Stechen in ihrer Brust und ging an dem Mann vorbei, um in den Zug zu steigen. Aiber verdehte belustigt seine Augen und folgte ihr.
Glaub nicht, ich würde mich einfach fangen lassen, das wäre viel zu langweilig.
Ich lüge sehr oft, das ist eine alte Angewohnheit von mir, aber ich bin mir sicher, dass wir diese teilen.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns schon mal gesehen haben?
Glaubst du auch, dass wir uns sehr ähnlich sind?
Wenn wir uns mal treffen, dann sag mir, dass ich dein größter Gegner bin.
Du bist langweilig.
Ich bin drauf und dran, unser Spiel zu gewinnen.
Mir ist langweilig, mach etwas Lustiges.
Sag mir, von einer Skala von 1 bis 10, wie verzweifelt bist du?
Es war der hundertste Tag, an dem L von den vielen Nachrichten Black Flashs heimgesucht wurde. Hundert Tage irrten sie beide blind umher und versuchten einander näher zu kommen, doch sie beide kamen nicht voran. Zwischendurch wurden zwar Personen festgenommen, die für die Verbrecherin arbeiteten, doch ihnen konnte man nichts Wertvolles entnehmen. Entweder Black Flash suchte sich treue Ergebene aus, oder sie drehte es so, dass sie wirklich nichts wussten. L tippte auf beides. An diesem verregneten Tag löste der Detektiv keinen Fall, sondern wartete einfach auf das hundertste Bild, auf den hundertsten Code. Er wusste nicht, was er erwartete, doch er erwartete etwas. Irgendetwas, das ihn oder Black Flash voranbringen würde. Doch es traf keine Mail der Polizei Sapporos ein, den ganzen Tag nicht. Black Flash hatte sich noch nie verspätet, auch nicht ihre Untergebenen. Natürlich könnte es bloß an technischen Problemen liegen, etwas oder jemand könnte dazwischengekommen sein, doch L zweifelte daran. Wenn Black Flash wollte, dass er einen Code erhielt, dann erhielt er einen. Wollte sie nicht? Hatte sie aufgegeben?
Merkwürdig. L hätte das nicht erwartet, aber genau deswegen passte es zu ihr. Black Flash tat immer etwas Unerwartetes, etwas Unberechenbares. Etwas, das dem Detektiven nicht in den Kram passte.
Er wartete noch zwei weitere Tage, dann war er sich sicher, dass er von Black Flash nichts mehr hören würde. Sapporo war von der Plage befreit, denn es gab keine Vorfälle mehr, die mit ihr in Verbindung gebracht werden konnten. Sie war verschwunden, als hätte sie nie existiert. Offiziell hatte sie das auch nicht. Er hatte versucht, Rauch mit bloßen Händen zu fangen.
"Es gibt einen wichtigen Fall, L, einen sehr großen Fall. Bitte schließe endlich mit Black Flash ab. Kira verlangt danach, gefangen zu werden", riss ihn Watari aus seinen kreisenden Gedanken. "Und bitte iss endlich wieder etwas."
L seufzte leise.
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Black Flash [L x OC]
FanfictionMinerva ist eine 21-jährige Verbrecherin, die aufgrund ihrer schwarzen Kleidung und ihrer Schnelligkeit Black Flash genannt wird. Sie lebt ihr Leben, wie es ihr passt und nimmt keine Rücksicht auf Gesetze. Sie stiftet in Sapporo nun schon seit fünf...