9. Kapitel

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Dass sämtliche Blicke auf ihr lagen, gefiel der Schwarzhaarigen. Besonders die verängstigten der Blonden und des jungen Polizisten namens Matsuda. Im Raum hatten sich nun alle vorgestellt. Dass Ls richtiger Name nicht Ryuzaki war, wusste Minerva. Sie stellte sich schließlich als Luna vor, da sie sich schon an diesen Namen gewohnt hatte. All ihre gefälschten Ausweise besagten, dass das ihr Name war. Luna Fillton.

"Luna. Ich muss zugeben, ich habe dich nicht so bald erwartet. Du warst bereits in Tokyo", sagte L.

"Ja. Ich studiere hier."

"Ach? Doch nicht etwa Jura?" L sah sie durchdringend an. Minerva musste laut loslachen.

"Nein, mich interessiert es nicht, gegen welche Gesetze ich schon verstoßen habe."

"Ryuzaki, aus welchen Grund ist sie nochmal hier?", fragte der Braunhaarige namens Light. Er schien ihr nicht zu trauen. Wie jeder Andere im Raum. Bis auf L, der sich genauso zu verhalten schien, als würde er sich mit einer gewöhnlichen Frau unterhalten.

"Luna wird uns im Fall unterstützen. Des Weiteren kann ich sie beobachten, da die Wahrscheinlichkeit, dass sie Kira ist, etwa drei Prozent beträgt."

"Natürlich bin ich Kira, Ryuzaki, es macht viel Sinn, die Welt von Verbrechern befreien zu wollen, wenn ich selbst kriminell bin. Mein Plan ist es, mich am Schluss selbst wegzuräumen", scherzte Minerva alias Luna, doch setzte dann ein ernstes Gesicht auf, "nein. Du weißt, dass ich nicht zum Suizid neige. Gerade hat sich meine psychische Gesundheit etwas gebessert."

"Für die Lösung des Kira-Falls muss dein Verstand auch gänzlich arbeiten können. Ich werde dir sämtliche Aufzeichnungen des Falles geben. Arbeite sie so schnell wie möglich durch und teile mir dann deine Gedanken dazu mit." Ein Schatten legte sich über Minervas Augen. Ihr gefiel der Ton nicht, mit dem er zu ihr sprach. Sie erhob sich und packe ihn am Kragen. Nun sah er zu ihr auf. Die Polizisten waren alarmiert aufgesprungen, schritten jedoch nicht ein.

"Ich arbeite mit dir, nicht für dich. Schätze dich glücklich, dass ich dir helfe, und wage es ja nicht nochmal, mir Befehle zu geben", zischte die Schwarzhaarige. Der Detektiv erhob sich ebenfalls und knickte ihr Handgelenk so ein, dass sie loslassen musste. Sie liebte das Adrenalin.

"Ich führe die Kira Task Force, wir werden also nicht darum herum kommen." Minerva alias Luna trat ihm hasserfüllt gegen sein Schienbein, sodass er ihr Handgelenk losließ und kurz zischte.

"Das werden wir, Ryuzaki, das werden wir. Mir reicht ein Bitte", lächelte sie. Sie fühlte sich so überlegen.

"Nicht noch ein Kampf, das hatten wir schon", seufzte Yagami und ging auf die beiden zu. Mit verschränkten Armen stand er da und strahlte Autorität aus. Spottend streckte Luna ihm die Zunge raus und riss dabei Augen und Mund weit auf. Als sich L wieder setzte, als wäre nichts gewesen, steckte Black Flash ihren Zeige- und Mittelfinger in die Mundhöhle. Sie zuckte zusammen und machte ekelige Geräusche, als hätte sie sich in den Kopf geschossen, und ließ sich scheintod in den Sessel fallen.

"Ich dachte, du würdest nicht zum Suizid neigen", meinte L ruhig, während er Zuckerwürfel in seine Tasse warf. Leise lachte Luna. Sie atmete tief durch, während sie sich aufrecht hinsetzte und ihre Haare wieder angemessen zurechtzupfte.

"Das hat Spaß gemacht", seufzte sie. "Schön, gib mir die Unterlagen." Watari brachte einen Stoß voll Papiere her, doch bevor Black Flash diesen anfassen konnte, legte L seine Hand darauf. Er nahm einen Schluck seines überzuckerten Tees. Er genoss es, dass sich die Frau gerade beruhigt hatte, doch er konnte folgende Diskussion, die ihr nicht gefallen würde, nicht umgehen.

"Vorher muss ich dir aber bewusst machen, dass du dieses Gebäude leider nicht mehr verlassen kannst, sobald du einen Blick darauf geworfen hast. Das Risiko ist zu groß, dass du die Informationen anderweitig verwendest", sagte L so ruhig, als möglich und besah sich seines Tees. Er rechnete mit einer Explosion, doch die setzte nicht ein. Minerva überlegte, wie das ablaufen würde, was das für ihr neues Leben bedeutete. Sie müsste es gänzlich aufgeben, aber sie hatte keine andere Wahl. Wenn sie ablehnen würde, könnte es sein, dass L sie augenblicklich festnahm. In ihr breitete sich eine Trauer aus, die sie sich nicht ganz erklären konnte. Sie hatte nicht bemerkt, dass ihr das neue Leben in Tokyo mit dem Studium und den lauten Nachbarn so ans Herz gewachsen war.

"Gut", willigte sie ein, "aber ich brauche meine Bücher hier. Und einen eigenen Computer, den du von mir aus durchgehend überwachen kannst. Wenn ich hier bleiben soll, dann will ich mich wenigstens nicht langweilen." Tatsächlich war der Detektiv einverstanden und schickte Watari, um alle erwünschten Sachen zu holen. Während Luna sich alle Aufzeichnungen besah, war es mucksmäuschenstill. Die Blonde namens Misa war verschwunden und jeder ging seinen Tätigkeiten nach. L stapelte Zuckerwürfel.

Nach guten zehn Minuten war Minerva völlig in ihrer Welt versunken. Sie erreichte eine Gelassenheit, wenn sie las. Eine, die ihr niemand zugetraut hätte.

Luna war überrascht, dass L Light verdächtigte, denn der erste Eindruck, den sie von diesem hatte, war ein völlig anderer. Er war so vornehm. Ein braver, langweiliger Musterschüler. Außerdem schien er etwas selbstverliebt zu sein, aber das konnte sie ihm nicht übelnehmen, das war sie selbst auch. Und L in gewisser Weise auch.

Je mehr sie davon las, warum L zu dem Schluss gekommen war, desto mehr war sie derselben Meinung. Es klang alles so schlüssig, aber etwas musste nicht stimmen, schließlich saß Light hier und ... Was machte er eigentlich? Ermittelte er ebenfalls? Wahrscheinlich.

Sie las ebenfalls von Misa, die wohl als Kira Nummer zwei verdächtigt wurde. Luna war mehr als irritiert, dass ein Mädchen wie sie zu sowas fähig sein sollte. Noch dazu sollte sie zusätzliche Fähigkeiten besitzen. Die beiden waren in Untersuchungshaft genommen worden, die Morde stoppten tatsächlich, doch nach 50 Tagen begannen sie wieder. Minerva las noch von anderen Vorfällen wie die der FBI-Agenten, doch die schienen ihr nicht wichtig zu sein.

Als sie alles durchgearbeitet hatte, waren die Polizisten bereits nach Hause gegangen. Nur Light, L und sie selbst waren noch im Hauptquartier der Kira Task Force.

Konzentriert starrte sie auf die Seiten und überlegte. Je intensiver sie darüber nachdachte, desto sicherer wurde sie, dass Light Kira war. Oder gewesen war.

"Du bist fertig?", fragte L sie, da sie stur Löcher in die Luft starrte. Stumm nickte Luna.

"Es mag verrückt klingen, vermutlich ganz besonders, wenn es von mir kommt, aber Kira hat eine Kraft, die nicht jeder besitzt. Etwas Übernatürliches. Anders sind diese Mordfälle schließlich nicht zu erklären. Um etwas zu fangen, was nahezu unvorstellbare Macht besitzt, müssen wir uns Unvorstellbares vorstellen können. Ich denke nicht, dass Kira - welcher auch immer - mit dieser Gabe geboren wurde, denn in diesem Fall hätte er sich auch früher mal ausprobiert und sich langsam über die Jahre hinweg an seine Macht herangetastet, aber die Morde haben recht plötzlich begonnen. Aus diesem Grund denke ich, dass diese Fähigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt einsetzt. Warum sie das tut, weiß nur Kira selbst, wenn überhaupt. Es gibt auch offensichtlich mehrere Menschen gleichzeitig. Die Macht sucht sich ihren Besitzer, deshalb scheinen Light und Misa seit ihrer Verhaftung wirklich von nichts zu wissen, vermutlich verliert man auch die Erinnerung, wenn diese Gabe beschließt, sich einen neuen Menschen zu suchen. Ich glaube des Weiteren auch nicht, dass die Fähigkeit ein Teil von einem ist, da sie eben den Besitzer wechseln kann. Das hätte großen Schaden bei Light und Misa angerichtet, aber soweit ich das beurteilen kann, geht es ihnen recht gut. Vielleicht lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, aber diese Gabe steckt womöglich in einem Gegenstand, der weitergereicht werden kann. Oder in mehreren Gegenständen. Wenn dem tatsächlich so wäre, dann hätte Light ihn gefunden. Er hat es ausprobiert und hatte dann den brillianten Einfall, die Welt zu bereinigen. Misa fand Gegenstand Nummer zwei und wusste sofort, dass es das war, was auch Kira-eins besaß. Das hätte jeder kapiert. Sie war beeindruckt von Kira-eins und wollte dessen Aufmerksamkeit auf sich ziehen. In der Haft hatten sie beide den Gegenstand nicht bei sich, also stoppten die Morde. Der Gegenstand Nummer eins wurde von Kira-drei gefunden und wird nun benutzt. Es kann auch sein, dass Kira-drei in Besitz des Gegenstandes Nummer zwei ist, oder Kira-zwei, also Misa, ihn noch immer hat. Misa ist eine Schauspielerin, also liegt beides im Bereich des Möglichen. Obwohl es sehr schwierig wäre, diesen Gegenstand zu verstecken, wenn sie hier lebt. Vor allem mit diesen vielen Kameras."

Stille.

Black Flash [L x OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt