11. Kapitel

710 47 7
                                    

Als Minerva erwachte, schmerzte ihr Nacken, da die Armlehne des Sofas kein optimales Kopfkissen gewesen war. Stöhnend setzte sich die junge Frau auf und rieb sich ihre blauen Augen. Das Buch auf ihrer Brust rutschte in ihren Schoß. Sie legte es auf den niedrigen Tisch und streckte sich einmal.

"L", murmelte sie mit müder Stimme, "wie spät ist es?"

"Zehn Minuten nach sechs Uhr. In zwanzig Minuten werden die Herren der Polizei hier sein, sei bis dahin fertig", ertönte es aus den Lautsprechern. L war überrascht, als ihm direkt in die Augen gesehen wurde. Black Flash hatte wohl die Kameras ausgemacht, doch wie konnte sie wissen, durch welche sie gerade beobachtet wurde? L vermochte es nicht zu erfahren. Er konnte auch nicht länger darüber nachdenken, denn der Blick dieser blauen Augen fesselte ihn. Sie wollte ihm wohl eher das Fürchten lehren, aber es funktionierte nicht. Die Wut in ihrem Blick würde Matsuda zum Weinen bringen.

"Und nenn mich Ryuzaki", fügte er noch hinzu. Er wollte wissen, wie weit er gehen konnte, wie sie reagieren würde. Und ja, wenn Black Flash ihm nicht direkt gegenüberstand, musste er sich nicht um sein Schienbein sorgen. Der eine blaue Fleck reichte ihm vollkommen. Bei der Überlegenheit, die er verspürte, zuckten sogar seine Mundwinkel.

Watari kam gerade in den Raum, um einen Wagen mit Frühstück zu bringen. Normales Frühstück sowie L gerechtes.

"FICK DICH", schrie sie und warf das Buch nach der Kamera, "Ryuzaki!" Der Detektiv lehnte sich etwas nach hinten und musste feststellen, dass sie getroffen hatte. Durch die anderen Kameras konnte er sehen, wie sie aus dem Zimmer in das anliegende Bad rauschte. Wataris Seufzen zog Ls Aufmerksamkeit auf sich.

"Musst du das arme Mädchen noch zusätzlich anstacheln? Das wird Konsequenzen haben", sagte der alte Mann. Der Schwarzhaarige sah ihn etwas verwundert an.

"Ich muss wissen, wie hoch ihre Frustationstoleranz ist", verteidigte er sich.

"Niedrig. Das wusstest du auch schon vorher. Du musst den Kira-Fall lösen und nicht Luna in den Wahnsinn treiben. So kannst du nicht mit ihrer Hilfe rechnen."

Wie so oft hatte Watari recht. Nachdem Black Flash sich kultiviert hatte, lief sie wie ein Wirbelsturm hinunter, um sich bei L zu revanchieren. Da seine Augen ständig auf ihr lagen, sah er den Angriff kommen und konnte ihre flache Hand von seinem Gesicht fernhalten, indem er seinen Unterarm als Schild verwendete. Das Abwehrmanöver reizte die Frau noch mehr. Die beiden Streithähe merkten nicht, wie die Polizisten das Hauptquartier betraten.

"Ich habe dir gesagt, ich nehme keine Befehle entgegen! Behandle mich mit Respekt, wenn du meine Hilfe willst", schrie Luna ihn an und beugte sich bedrohlich vor. Der Detektiv wich kaum merklich zurück.

"Ryuzaki!" Yagami fühlte die Bedrohung, die von Black Flash ausging.

"Kein Grund zur Sorge, Herr Yagami", sagte L möglichst ruhig sah der Kleineren entgegen. Sein Blick beruhigte sie, wobei sie keine Ahnung hatte, was daran so eine entspannende Wirkung hatte. War es seine Stimme, sein Geruch, oder schlichtweg seine Aura, die Minervas Schultern sinken ließ? Diese Ruhe war sie nicht gewohnt. Eigentlich hasste sie sie, doch für den Moment fühlte sie sich so gut an.

"Du solltest dich sorgen", murmelte Black Flash wie von selbst daher und ließ von ihm ab, um sich zu setzen.

Zwar hatte sie gerade L ins Gesicht geschrien, dass sie keine Befehle entgegennehmen würde, doch genau das tat sie. Luna hatte ihn Ryuzaki genannt und war rechtzeitig erschienen. Er setzte sich, als wäre nichts gewesen. L dachte intensiv über Black Flashs Psyche nach, denn Watari hatte ihn auf die Idee gebracht, die junge Frau nicht weiter seine Überlegenheit vorzuführen, sondern ihre Psyche zu behandeln. Die antisoziale Persönlichkeit stellte ein großes Problem für den Fall dar, denn mit ihrem eigenwilligen Verhalten und ihren Wutausbrüchen würde sie wohl kaum nützlich sein. L wusste, wie Psychotherapeuten an sie Sache herangehen würden und wollte es selbst versuchen. Ein wichtiger Teil einer solchen Behandlung beinnhielt den Aufbau einer sozialen Kompetenz, also auch das Verständnis über die Gefühle anderer Menschen und wie darauf zu reagieren war. Des Weiteren musste L versuchen, ihre Wut zu kontrollieren. Viele waren der Meinung, Bewegung würde helfen, doch er konnte die Schwarzhaarige nicht einfach durch das gesamte Hochhaus jagen. Vielleicht würde er sich da etwas einfallen lassen, doch vorerst versuchte er einfach, die Wut nicht auszulösen, schließlich war er selbst meist der Grund. Es wäre womöglich eine gute Idee, ihrer Vergangenheit auf den Grund zu gehen. Sollte er sie einfach danach fragen?

Es würde schwer werden, Black Flash einer Therapie zu unterziehen, wenn sie nichts davon wusste. Wenn sie etwas davon mitbekommen würde, dann musste der Detektiv sich um seine eigene Gesundheit sorgen.

"Nicht, dass es mich stören würde", erhob Luna ihre Stimme, während sie auf ihrem Computer tippte, "aber warum starrst du mich so an, L?"

"Ryuzaki", korrigierte er sie sofort und erhielt einen genervten Blick ihrerseits.

"Nun?" Er antwortete nicht. Nach einem leisen Kichern wandte sie sich wieder an ihren Bildschirm. "Na schön." L fragte sich, was sie überhaupt machte, denn es schien, als würde sie arbeiten. Er rollte mit seinem Drehsessel in ihre Richtung, sodass er auf den Computer sehen konnte. Luna seufzte und drehte sich zu ihm.

"Du könntest mich auch einfach fragen, was ich mache", meinte sie und tippte wieder. Er erwartete eine Erklärung, doch dann kam ihm in den Sinn, dass er fragen musste. Er erkannte nur Namen über Namen auf dem Bildschirm.

"Was machst du?", fragte er schießlich eher widerwillig. Sie grinste breit.

"Wenn man einen Serienmörder ausfindig machen möchte, dann versucht man doch immer zu aller erst, eine Verbindung zwischen den Opfern zu finden." Es gefiel dem Detektiven ganz und gar nicht, dass ihm eine Verbrecherin sein Handwerk erklärte. Vor allem sie. Vor allem mit diesem Spott in der Stimme.

"Sie sind alle kriminell. Es wundert mich, dass dir der Fakt entgangen ist", entgegnete L. Als Black Flash schnaubte, rief er sich wieder ins Bewusstsein, dass er sie nicht reizen wollte. Es machte jedoch solchen Spaß.

"Willst du meine Hilfe, oder nicht?" Der junge Mann wollte nicht nochmal darum bitten, das eine Mal war Demütigung genug.

"Fahre fort", sagte er und versuchte, es nicht nach einem Befehl klingen zu lassen. Tatsächlich nahm sie es nicht als solchen wahr und verdrehte bloß die Augen.

"Nicht sämtliche Opfer Kiras scheinen Verbrechen begangen zu haben. Meine Recherche ist noch nicht abgeschlossen, aber ich weiß von zwei Männern, die beide zahme Kätzchen waren. Kein Gefängnisaufenthalt, keine Vorbestrafung, nichts. Warum sollte Kira die beiden töten? Er scheint noch ein anderes Ziel zu verfolgen. Vermutlich hat Kira-drei seine persönlichen Probleme mit ihnen. Ich werde sehen, ob ich noch weitere solche Morde finde", erklärte die junge Frau.

"Sehr gut! Wir haben seit einer Ewigkeit wieder eine Spur!", freute sich Matsuda und sprang enthusiastisch auf.

"Reißen Sie sich am Riemen!", bremste ihn Yagami, woraufhin er sich wieder setzte.

"Ja, Sir." Luna ließ ein Lachen verlauten, da sie Matsuda wirklich amüsant fand.

Black Flash [L x OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt