MIS HAARE STANDEN ihr zu Berge, als sie diese Stimme wahrnahm. Ihr Kopf fühlte sich einfach noch immer schummrig an, sie konnte nicht wirklich realisieren, dass Lucette wirklich hinter ihr stand. Worüber sie ebenfalls nicht nachdenken konnte, waren sämtliche Fragen. Wie war Lucette in diese Arena eingedrungen? Warum griff sie Mi an?
Doch kaum hatte sie auch nur einen derartigen Gedankenansatz bearbeitet, wurde sie auch schon wieder quer durch den Wald geschleudert. Knochige Hände ergriffen sie, hielten sie für einen kurzen Augenblick fest und warfen sie schließlich in eine Richtung. Alles ging so schnell, sie konnte einfach nicht reagieren. Der dünne Baum vor ihr kam immer näher, bis sie mit ihm zusammenprallte und schließlich auf dem moosigen Waldboden aufkam.
"Es war recht amüsant, der erste Tracer zu sein, der einen Menschen gezeichnet hat, das muss ich zugeben", sagte Lucette in einem viel zu ruhigen Ton. Mi drehte sich zu ihr und sah, wie sie anfing zu grinsen, als sie Mis geschockte Miene erkannte. Während sie sich aufrichtete, nutzte Lucette diese Chance, um auf sie zuzulaufen. Doch diesmal reagierte Mi schneller, als sie die Schwarzhaarige mit den roten Strähnen aus dem Blickwinkel auf sie zurennen sah. Lucette bewegte sich flinker und präziser als sonst, ähnlich wie eine Schlange. Mi jedoch versuchte sich panisch an diesen Moment zu erinnern, in welchem sie sich in der Challenge auf dem schwarzen Marmor nach oben gebeamt hatte. Lucette war beinahe bei ihr angekommen, ihre Miene war bitterernst und kalt wie der Tod höchstpersönlich. Mis Blick schnellte in Gedanken zu dem Ast über ihr, doch ihre Augen fixierten Lucette.
Als Mis Sichtfeld verschwand und nur eine Millisekunde später wieder auftauchte, tanzten schwarze Punkte um ihre Augen herum. Fast wäre sie von diesem dünnen Ast gefallen, wenn sich ihr Kreislauf nicht so schnell wieder erholt hätte. Unter ihr hörte sie Lucette tatsächlich fluchen und überrascht um sich her blicken. Rasch hatte sie gemerkt, dass sich Mi über ihrem Haupt befand, was sie zu ärgern schien. Mis Herzschlag hatte sich nur noch nicht beruhigt, weil sie den Blick von Lucette, mit dem sie Mi vor einigen Sekunden noch angestarrt hatte, nicht aus ihren Kopf bannen konnte.
Sie krallte ihre Fingernägel in die raue Baumrinde und versuchte diesen Gesichtsausdruck zu verdrängen, doch sie schaffte es einfach nicht. Lucette hatte sie nicht feindselig angesehen, sie hatte Mi auch nicht wütend angeblickt. Sie hatte sie angestarrt, als ob Mi gar nicht mehr lebendig wäre. Hatte sie etwa vorgehabt, Mi zur Strecke zu bringen?
Als Mi diese Erkenntnis überkam, wusste sie sofort, dass sie eigentlich hätte schnellstens aus der Arena verschwinden sollen. Natürlich hätte sie die Möglichkeit gehabt, den Spawner herzuschicken und die Arena so zu verlassen, doch Mi tat dies ganz bewusst nicht. Es war nicht ihre Art, wegzulaufen und sich von anderen unterdrücken zu lassen. Nicht, dass sie absichtlich Risiken eingehen wollte, doch in einer gewissen Weise glaubte sie, Mut in sich selbst wiedergefunden zu haben. Sie biss ihre Zähne zusammen und suchte alles zusammen, was gegen Lucette Vermont sprach und das war nicht gerade wenig, wenn sie bedachte, dass sie gerade eben etwas Ausschlaggebendes zugegeben hatte.
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Alles Blau || ehem. Everything is Blue
Paranormální❝Geheimnisse, die danach zu streben scheinen, gelüftet zu werden. Erinnerungen, die danach schreien, wiedergefunden zu werden. Schicksale, die ganze Weltanschauungen in die Leere drängen.❞ ·•· Monate sind bereits vergangen, seitdem die »Extremisten«...