Kapitel 2

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Ich zitterte am ganzen Körper. Diese drei Worte verlangten mir alles ab. Meine Augen starrten das Display an, ich konnte mich nicht bewegen.

Ich las die Worte immer und immer wieder. So oft, bis ich ernsthaft darüber nachdachte, ob ein Mensch sich wie eine Schallplatte bei einer Handlung aufhängen konnte.

Die Worte lauteten: Ich bin tot.

Das musste ein verdammt schlechter Scherz sein. Ein unendlich grausamer verdammt schlechter Scherz.

Okay…was war jetzt zu tun? Ich würde gerne annehmen, dass es einer dieser unendlich grausamen verdammt schlechten Scherze war, aber Alex war niemand, der über so etwas Witze machte.

Er nahm das Leben ernst genug, um zu wissen, dass der Tod kein Thema zum Scherzen war.

Jetzt erschien auch bei ihm, dass er ein Memo aufnahm. War heute Tag des Memos, oder warum mussten alle Leute diese verdammten Teile machen?

Sobald es geladen hatte, klickte ich es an und hielt die Luft an. Ich schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass er sich dort auf dem Memo kaputt lachte, über diesen nicht witzigen Witz.

Aber es war genau das Gegenteil. Kein Scherz. Er hatte es ernst gemeint. Todernst.

Man hörte ein seltsames Rattern und Rauschen, was deuten ließ, dass er am Bahnhof war. Dann ein ziemlich Lautes Hupen und Quietschen, wie von Bremsen, bevor ein grausamer, markerschütternder Schrei ertönte, der nur von einer Person hatte sein können: Meinem Bruder.

Ich begann zu schreien, während mir gleichzeitig die Tränen über liefen. War das gerade Wirklichkeit? Oder wachte ich jeden Moment aus einem Albtraum auf?

Meine bebenden Hände wählten den Notruf, während ich mit kaum verständlicher, mir so fremd klingender Stimme, dem Mann am anderen Ende der Leitung zu erklären versuchte, was sich gerade vermutlich ereignet hatte.

Als ich aufgelegt hatte, stand ich von dem Schreibtischstuhl, auf dem ich gesessen hatte, auf und musste mich gleich wieder setzen, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Alles drehte sich.

Mein Herz hämmerte schmerzvoll gegen meine Brust und ich hatte den zwanghaften Drang zum Bahnhof zu rennen. Er lebte bestimmt noch! Er konnte es schaffen!

Mit aller Kraft konnte ich mich auf den wackeligen Beinen halten, schaffte es die Treppen nach unten, schmiss mein Handy – ja ich warf es – auf die Couch neben meine Eltern, die sich darüber aufregten. Aber war das nicht gerade scheiß egal, ob dieses verdammte Handy beinahe meine Mum getroffen hätte?

Ich stürzte nur auf Socken in die wolkenverhangene, bitterkalte Winternacht hinaus, rannte, so schnell meine wackeligen Beine mich tragen konnten über den schneebedeckten Weg in Richtung Bahnhof, nur um, als ich dort ankam Menschen über Menschen zu sehen, genau wie in der Ferne Sirenengeheule zu hören. Wankend schlängelte ich mich um die Menschen herum. Meine Füße froren beinahe ab und in meinem dünnen Pulli war mir wirklich scheiß kalt.

Alle Hoffnung, meinen Bruder lebend auf zu finden, schwand, als ich die riesige Blutlache sah, die vor dem zum Stehen gekommenen Zug im weißen Schnee von den Bahnhofslaternen angestrahlt wurde.

Mir wurde von jetzt auf gleich furchtbar übel und ich übergab mich direkt auf meinen Nebenmann, der mich anschrie, was mich jedoch nur halb erreichte. Diese verdammte Blutlache knapp einen Meter unter mir war mein Bruder.

Meine Beine gaben nach und ich viel in eine unendliche Dunkelheit hinein.

Alex war tot. Er hatte sich in eine Pfütze von Blut im Schnee verwandelt. Mein Bruder.

Folge deinem Herzen bis in den TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt