Kapitel 9

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Ich saß stumm auf meinem Bett und wartete. Worauf? Gute Frage…das wusste ich nicht.

Auf irgendetwas…auf den Einfall des Tages, auf eine Idee, auf ein Zeichen, ein Wunder, irgendetwas einfach. Aber nichts der Gleichen geschah.

Meine Hand griff unbewusst nach meinem Handy und schaltete es wieder an. Okay…wenn es nun schon einmal lief…mein Daumen tippte das W-LAN-Zeichen an und ich hielt den Atem an, bis es Gewiss war: Keine neue Whatsappnachricht.

Ich öffnete es trotzdem und ging auf den Chat zwischen meinem Bruder und mir. Ein Häkchen zierte das untere Ende des Textes. Diese Haken hatten mich schon immer verwirrt, aber empfangen hatte er es wohl nicht…irgendwie kaum verwunderlich.

Ich öffnete die Tastatur, während ich mir mit der linken Hand über die Schmerzende Wange fuhr. Wenn ich gekonnt hätte, dann hätte ich zurück geschlagen, keine Frage, aber es war zu spät. Der Moment war vorbei.

„Hey…ja ich bin‘s schon wieder. Mama und Papa drehen völlig durch…und du lässt mich mit ihnen allein! Ich würde so gerne glauben, dass du trotzdem bei mir bist, von einem besseren Ort auf mich hinab siehst, aber beim besten Willen mag mir das nicht gelingen! Gerade hat Dad mich geschlagen! Wirklich geschlagen! Und das nur, weil ich nicht ganz so nett auf ihren Absturz reagiere…ist das ein Wunder?! Wirklich Alex…sei froh, dass du das nicht aushalten musst…generell nie wieder einen Schmerz aushalten musst._.“

Ich sendete es und schloss die Augen. Warum tat ich das? Warum schrieb ich mit einem Toten? Einen Toten, der niemals antworten würde. Ja sogar niemals das Geschriebene lesen würde! Warum machte ich mir dann den Aufwand und teilte mich ihm mit? Was verdammt brachte es?!

Seufzend schlug ich meine Lider auf und erstarrte. Zwei Häkchen. Also…hatte er es bekommen? Wie war das möglich? Das Handy war wie eigentlich mein gesamter Bruder vom Zug zerschmettert worden!

Panik. Panik erfasste mich. Panik, dass irgendjemand unbefugtes das hier lesen konnte. Panik, dass Alex es lesen konnte, wo auch immer er war. Was auch immer er war.

Ich hätte es als ein Zeichen sehen können, aber das tat ich nicht. Ich sah es nicht als Zeichen, nicht als irgendein Wunder. Ich sah es einfach nur als beängstigend. Mehr nicht. Ein Teufelswerk, wenn man es so nennen mochte.

Bevor meine Panik sich noch verstärken und zu unvorhergesehenen Ereignissen führen konnte, schaltete ich das kleine Gerät in meinen Händen einfach wieder ab und schwor mir, es erst einmal nicht mehr anzuschalten, geschweige denn Whatsapp zu öffnen, oder gar meinem Bruder etwas zu schreiben.

Diese zwei winzigen Haken…was bedeuteten sie? Eigentlich war es NICHT möglich! Das Handy war kaputt gegangen, als der Zug hinüber gefahren war.

Vielleicht war es ja auch einfach nur ein technischer Defekt meines Handys, dass es etwas Falsches anzeigte…das kam doch ab und an vor. Oder nicht?

Ich zwang mich ruhig zu atmen, um die Vernunft nicht zu verlieren.

Aber die hast du schon längst verloren, spottete mein Unterbewusstsein. Und ich gab ihm recht.

Ja, es hatte recht. Sowas von. Ich war nicht vernünftig, eigentlich wahrscheinlich sogar bereits verrückt, ernsthaft verrückt. Krank. Irre. Komplett durchgedreht.

Folge deinem Herzen bis in den TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt