Der schrille Ton meines Weckers riss mich ziemlich unsanft aus dem Schlaf. „What the fuck?", murmelte ich leise als ich mit noch geschlossenen Augen auf mein Handy tippte, in der Hoffnung die Schlummertaste zu treffen. Wieso musste der Weckerton bei iPhones denn so unfassbar laut sein? Fühlte sich immer so an als wär es die Sirene die uns vorm Atomkrieg warnt. Noch total verschlafen schaffte ich es irgendwie mich aufzuraffen, und meine kleine Nachttischlampe anzumachen. Es war ein Mond, den man nur antippen musste, damit er an ging. Das war etwas, was mir morgens zu gute kam, denn wirklich aufnahmefähig war ich morgens nie. Oh gott, der erste Tag nach den Sommerferien. Die sechs Wochen ruhe gingen wirklich viel zu schnell rum. Vielleicht auch, weil ich bestimmt an der Hälfte der freien Tage betrunken war, aber darüber wollte ich mir nicht den Kopf zerbrechen.
Ich stand auf und ging zu meinem Schrank. In meinem Spiegel sah ich eine große, sportliche Gestalt. 1,80m groß, dunkle und viel zu zerzauste lange haare, die zu einem unordentlichen Dutt zusammengeknotet waren. Wenn man das überhaupt noch so nennen konnte, denn mein Dutt sah nach dem Aufstehen mehr aus wie ein Haarkneul, indem sich irgendwo ein Haargummi zu verstecken wusste. Ich betrachtete mich kurz in meinen Boxershorts und meinem bauchfreien Top, ehe ich die Schiebetür und damit meinen Spiegel auf die Seite schob, um den Schrank zu öffnen. Im dunklen Licht meiner Nachttischlampe sahen meine Klamotten alle relativ eintönig schwarz aus. Genau das war auch der Großteil meiner Kleidung, schwarz. Ich machte mir nie wirklich die Mühe, total viel Zeit zum Anziehen zu verschwenden, weil ich in der Zeit eigentlich lieber Schlafen würde. So hab ich vor ein paar Jahren meine Bunten T-Shirts und Hosen durch schwarze, weiße, graue, und wenn ich ganz wild unterwegs war auch mal weinrote Exemplare ersetzt.
Ich entschied mich für eine schwarze Jeans und einen übergroßen schwarzen Hoodie mit einem Foto vom Sonnenuntergang in L.A. drauf. Ich schloss meinen schrank, begutachtete mich noch ein letztes mal im Spiegel und war zufrieden.
Meine Augen hatten sich mitlerweile schon gut an die Dunkelheit in meinem Zimmer gewöhnt, weshalb ich beim öffnen meiner Zimmertür gequält die Augen zusammen kniff und ein leises Quiken losließ, da die Sonnenstrahlen aus dem offenen Fenster gegenüber von meinem Zimmer direkt in meine Augen schienen. Ich schnappte mein Handy, schloss die Tür und ging runter in die Küche, wo meine Mutter schon auf mich wartete.
Sie nahm die Tasse mit Milch aus der Mikrowelle und stellte sie unter die Kaffeemaschine, bevor sie wortlos den Raum verließ.
Sie weiß, dass ich es nicht ab haben kann, wenn man morgens mit mir redet, deshalb spricht sie mich erst garnicht mehr an. Ich schmiss zwei Scheiben Toast in den Toaster, holte das Nutellaglas und die Butter aus dem Kühlschrank und stellte beides auf sen Tisch. Bevor jetzt ein Shitstorm ausbricht: Nutellabrot mit Butter schmeckt besser, ohne ist aber auch okay.
Ich schnappte mir meinen Kaffee und einen Teller, auf den ich die geoasteten Scheiben legte und sie zu schmieren begann. Abwechselnd biss ich in mein Brot und trank meinen Kaffee, während ich dem Radio im Hintergrund lauschte. Ich redete morgens nie, aber mein Kaffee und mein Nutellabrot waren der Grund dafür, dass ich wenigstens den Rest des Tages gut gelaunt war.*************************************************
Nachdem ich mich wie gewohnt fertig gemacht, meine Tasche gepackt und das haus verlassen hatte, machte ich mich sofort auf den Weg an die nächste Bahnhaltestelle, um zusammen mit meinem besten Freund Tyler gemeinsam mit der Bahn in die Schule zu fahren.
Wie jeden Morgen war ich spät dran, denn um sich um 7:20 Uhr zu treffen, reicht es meistens (also eigentlich nie) wenn ich um 7 Uhr aufstand. Meistens war mir das aber egal und Tyler kannte es auch nicht anders.
Achja, Tyler. Der verschlossene und intelligente Typ, der zwar ein Nerd war aber doch irgendwie gut aussah. Wir kannten uns bereits seit der ersten Klasse und ich hatte in ihm immer meinen besten Freund gesehen, auch wenn ihn die meisten anderen Schüler nicht wirklich zu mögen schienen. Ich konnte auch verstehen wieso, denn er war sehr eigen, doch das war nunmal Tyler. Trotzdem verstanden wir uns die meiste Zeit prächtig und deshalb fuhren wir auch weiterhin immer zusammen zur Schule. Seit nunmehr 11 Jahren.
Doch obwohl der morgen schien wie immer, hatte ich heute das Gefühl, dass etwas anders war als sonst. Ich konnte nicht sagen was, aber irgendetwas hatte sich verändert.
Dieses Gefühl hatte ich bereits seit mehreren Wochen, seitdem ich mich von meinem Ex-Freund getrennt hatte. Wir waren fast 1,5 Jahre zusammen, aber am Ende passte es einfach nichtmehr. Es lag wohl an der fehlenden Kommunikation, zumindest redeten wir uns das beide ein. Es hatte aber schon länger irgendwie gekrisselt zwischen uns. Und obwohl mir das Gefühl mitlerweile bekannt vorkam, war es heute doch viel stärker als sonst.
Ich näherte mich der Haltestelle und konnte schon von Weitem Tyler erkennen. Dunkelblonde Locken, kastanienbraune Knopfaugen, und seine typische rote Bomberjacke. Die würde ich überall wiedererkennen. Ich weiß noch genau wie er erzählt hatte dass er bei Verwandten in Australien war, und sie sich dort im Sale gekauft hatte. Ich wette, die war trotzdem sau teuer.
Als er mich sah, wirkte es, als hätte er plötzlich ein Gespenst gesehen, aber eines wie Hui-Buh oder Casper, denn sein Gesichtsausdruck war eine Mischung aus geschockt und erfreuty „Ach du Kacke, wie siehst du denn aus?", fragte er mich mit hochgezogenen Augenbrauen. „Hab dich auch lieb Tyler, schön dich wiederzusehen", entgegnete ich genervt und umarmte ihn. Er beeugte mich kritisch. „Was denn?", fragte ich schließlich genervt. Er wusste genau wie sehr es mich störte, wenn er mich so ansah. „Du siehst anders aus. Irgendwie... älter?". Ich gab ihm einen Stoß in die Seite und stieg zuerst in die Bahn ein, die inzwischen eingetrudelt war.
Kaum hatten wir uns hingesetzt, begann er auch schon mir ausführlich von seinen Ferien zu erzählen: Wo er war, was er gesehen hatte, was er geshoppt hatte, etc. Tyler hatte viel Geld, was man an seinen Markenklamotten sehen konnte, war sich aber trotzdem nicht zu fein, seinen Freunden mal ein Essen auszugeben, nur damit sie dabei sein konnten. Das war eine der Eigenschaften die ich so an ihm mochte, seine Güte.
Ich muss zugeben, wirklich zugehört hatte ich nicht, denn ich war beschäftigt damit mir Gedanken über dieses komische Gefühl zu machen, was mich begleitete. Irgendetwas war anders, aber ich konnte immer noh nicht genau herausfinden, was es war.„Caroline?? Ich rede mit dir!", riss mich Tyler unsanft aus meinem Tagtraum. „Was?? Ehh, Sorry", sagte ich stumpf. „Was ist denn los mit dir?" „Nichts, hab nur nicht viel geschlafen und bin müde, klassicher Montag morgen halt. Das ist alles, mach dir keine Gedanken...",entgegnete ich hastig. „Ist es wegen Paul?" „Um Gottes Willen, nein. Den hab ich lääängst vergessen.", antwortete ich schnell. Wirklich die Wahrheit war das ja nicht, denn unsere Trennung war ja noch nicht so lange her und natürlich dachte ich noch viel darüber nach. Ich wollte aber nicht, dass er sich wieder um mich sorgte, wenn es um meine Gefühle ging, war er etwas überfürsorglich.
Irgendwie freute ich mich auf die Schule, obwohl ich eigentlich (wie wahrscheinlich die meisten Teenager) oft lieber überall anders wäre als in der Schule. Aber ich wusste, ich würde dort Clara wieder sehen. Sie war eine meiner besten Freundinnen, aber wir sahen uns leider nicht allzu oft. Ich hatte sie vor ein paar Jahren im Sommercamp kennengelernt und sie hatte vor fast 2 Jahren auf die unsere Schule gewechselt. Wir hatten einfach diese Verbindung, bei der es ab Sekunde eins eine wundervolle Freundschaft war, und das liebte ich so sehr. Clara verstand mich einfach immer, meistens besser als ich mich selbst.
Als die Bahn endlich in den Bahnhofshalle einfuhr, die nicht weit von unserer Schule war stiegen wir aus und machten uns auf den Weg. Die Schule war zu Fuß nur 5-10 Minuten vom Bahnhof entfernt, optimal um morgens nochmal frische Luft zu schnappen, ehe wir den ganzen Tag im stickigen und heißen Klassenzimmer sitzen würden. Wir sahen noch einige Freunde aus anderen Schulen, die mit uns ausgestiegen sind, wir wollten uns aber nicht zu sehr verquatschen und hielten uns deshalb nicht mit den Feriengeschichten der anderen auf, sondern gingen zügig mit einem netten „Hallo" an ihnen vorbei. In Null komma nichts betraten wir den Schulhof, auf dem sich bereits zahlreiche andere Schüler eingefunden hatten. Wir waren in der zwölften Klasse, damit also fast die ältesten Schüler.
Tyler verabschiedete sich von mir und ging zu seinem Kurs, wobei ich noch weiter lief und Clara suchte, wir hatten uns für heute morgen verabredet. Mein Blick scannte den Hof ab. Sportplatz, nichts. Klettergerüst, nichts. Haupteingang, nichts. Als meine Augen die Bänke unter den Bäumen am Ende des Platzes, hinter den Fußballtoren erblickten,
entdeckte ich ihr langes, glattes und platinblondes Haar, was perfekt mit ihrem türkisenen Rucksack, den wir zusammen gekauft hatten, harmonierte.
Zielstrebig ging ich auf die Gruppe zu, begrüßte alle. Mein halber Kurs stand bei Clara, und wir unterhielten uns eine weile. Die meisten im Kreis kannte ich schon, doch da war noch jemand. Ein mir unbekanntes Mädchen, die ich zunächst nur von der seite sah. Sie redete gerade mit einigen Leuten aus der Paralellklasse. Als sie Ihren Kopf drehte und ich ihr Gesicht sehen konnte, blieb mir mein Mund halboffen stehen.Ich hatte in meinem ganzen Leben noch niemals einen so schönen Menschen gesehen.
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Wie mein Leben sein sollte (girlxgirl) *wird überarbeitet*
Teen FictionCaroline kommt nach den Sommerferien wieder in die Schule und merkt, dass irgendetwas nicht stimmt. Als sie dann auf das neue Mädchen Alia trifft, beginnt eine spannende, romantische und geheimnisvolle Geschichte über zwei junge Mädchen. (LGBTQ) Don...