Kapitel 14 - Das war knapp!

209 11 0
                                    

Meine Tür öffnete langsam, natürlich ohne anzuklopfen. Alia und ich saßen, wieder etwas grob vernünftig hingerichtet, nebeneinander auf meinem Bett, und schlugen das erstbeste schulbuch in unserer Nähe auf. Ich hatte erwartet, dass meine Mutter reinkommt, und ich ihr erklären kann, dass ich Nachhilfe brauchte oder irgendetwas in der Art, die Einzelheiten wollte ich mir spontan noch überlegen.
Doch zu meiner Verwunderung war es nicht meine Mutter, sondern mein Bruder, der genervt von seinem Handy hochsah. „Hast du noch ein Ladekabel? Meins ist kaputt gegangen.", fragte er leicht genervt. „Nimms dir", sagte ich und sah im dabei zu, wie er es aus meiner Steckdose ausstöpselte und mitnahm. Gerade als er die Tür wieder schließen wollte begann er nocheinmal zu reden: „Warte mal, hast du nicht Hausarrest?", fragte er verwundert und sah erneut leicht irritiert von seinem Handy auf und musterte Alia und mich. „Öhm ja...", sagte ich mit verlegenem Blick, und ich setzte meinen Hundeblick auf, um ihn dazu zu bekommen es nicht weiter zu sagen. Er sah mich an, hob die Augenbrauen an und zuckte dann mit den Schultern. „Lass dich nicht erwischen, Schwesterherz. Ich bin in meinem Zimmer wenn was ist", sagte er bereits beim Verlassen des Raums. „Danke Marco!", rief ich ihm hinterher und schloss die Tür.

Nachdem ich noch ein leises „Kein Ding" vernahm, widmete ich mich wieder Alia und setzte mich Neben sie aufs Bett. „Das war knapp", seufzte Alia auf und sah mich an. Völlig gestresst entgegnete ich:  „Das kannst du aber laut sagen", und ließ mich rückwärts auf meine Kissen plumpsen. Nach ein paar Minuten schweigen, legte sich Alia neben mich und begann, mit meinen Haaren zu spielen. „Ich wusste garnicht, dass du einen Bruder hast", sagte sie verträumt, während sie immernoch mit meinen lockigen Haaren beschäftigt war.
In dem Moment fiel mir auf, dass wir eigentlich nichts voneinander wussten. „Alia?", fragt ich sie während ich sie beim Spielen mit meinen Haaren beobachtete. „Ja?", entgegnete sie immernoch verträumt und komplett  fixiert auf meine Stimme. „Wir wissen fast garnichts voneinander", offenbarte ich ihr. Geschockt und doch auch verwundert sah sie mich an: „Du hast recht. Daran sollten wir was ändern!"
Sie lehnte sich an meine Wand, und ich setzte mich ihr gegenüber. „Also..", begann sie nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, „Mein größtes Geheimnis kennst du ja bereits...". Das war die Wahrheit, sie hatte es mir ja vor unserem ersten Kuss erzählt. „...Ich habe zwei Schwestern. Eine große, sie heisst Layla und eine Kleine, die heißt Anna. Sie sind 19 und 15, und wie du ja weist bin ich 16." „Mein Bruder heißt Marco, wie du bestimmt gehört hast, und er ist 17", unterbrach ich sie schnell, bevor sie fortfuhr.
„Meine Eltern kommen aus Ägypten, sind aber ziemlich offen für alles und nicht so streng gläubig." Darauf musste ich einfach etwas sagen. „Wie gut du es hast", sagte ich und senkte meinen Kopf ab. Alia sah mich nur verwundert an und wartete auf eine Erklärung. „Meine Eltern sind aus Kroatien", entgegnete ich und merkte, wie mir die Tränen langsam in die Augen flossen. Ich wollte nicht weinen, wirklich nicht. Aber allein der Gedanke daran, wie enttäuscht meine Mutter wäre, wenn sie wüsste dass ich auch auf Mädchen stehe, ließ meine Augen feucht werden.
Schnell riss ich mich sofer zusammen. Noch nie hatte ich vor einem anderen Menschen geweint, und so sollte das bis jetzt auch bleiben. Alia sah mich besorgt an, also erzählte ich ihr von der Einstellung meiner Eltern, und wir redeten noch einige Zeit, bis sie dann nach Hause gehen musste.
Nachdem wir uns verabschiedet hatten, legte ich mich, noch mit meinen Klamotten, auf mein Bett und starrte an meine Decke. Hausaufgaben hatte ich nicht gemacht, aber die hatte ich sowieso fast nie. Ich dachte noch einige Zeit an meine wundervolle Alia und ehe ich mich versah, war ich auch schon eingeschlafen.

Wie mein Leben sein sollte (girlxgirl) *wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt