Nachdem wir uns alle wieder etwas zusammen gerissen hatten, sah Clara uns beide trotzdem noch mit weit offen stehendem Mund an, und schien ziemlich sprachlos zu sein, als Alia sich dann auf meinen Schoß setzte und ich meine Arme um sie schloss und sie festhielt.
„Das ist jetzt ein Scherz, oder?", fragte Clara mit einem leisen Lachen, wobei ich trotzdem den Ernst in ihrer Stimme hören konnte. „Jetzt oder nie", dachte ich und nahm meinen ganzen Mut zusammen. Alia sah mich nur an, sie hatte inzwischen auf jeden Fall bemerkt, dass ich es Clara noch nicht gesagt hatte. Peinlich berührt drückte sie ihr Gesicht gegen meinen Brustkorb.
„Nein Clara, das ist kein Scherz. Ich bin mit Alia zusammen, und wir sind glücklich. Aber bitte sag es niemandem, du weist wie meine Eltern zu dem Thema stehen...", sagte ich und drückte Alias Hand fest zu.
„Krass...", nach einer kurzen Pause begann sie wieder zu reden, „Alles gut, ich wusste sowieso irgendwie schon immer, dass du auch auf Frauen stehst. Ich shippe euch und meine Lippen sind versiegelt!", sagte sie mit kurzem aber eindringlichem Kichern, während sie Alia und mich fest in den Arm nahm.
„Warte mal...du WUSSTEST es??", fragte ich geschockt, nachdem ich realisierte was hier gerade abging. „Klar Süße, ich fand das jetzt nicht unbedingt sonderlich schockierend...ich meine ich hab einen Gaydar", antwortete sie mit einem tonfall, den ich vorhher noch nie gehört hatte. So eine komische Mischung aus stolz, schock und Rechthaberischkeit (falls das überhaupt ein Wort ist).Trotzdem fiel mir ein Stein vom Herzen, als ich Claras Reaktion hörte. Unsere Freundschaft wurde durch dieses Geheimnis noch stärker, als sie eh schon war.
Der Schulhof begann sich langsam zu füllen, und als die ersten Leute aus unserer Stufe am anderen Ende des Hofes zu sehen waren, setzte sich Alia wieder neben mich, wir wollten es ja so unauffällig wie möglich halten. Wir überstanden alles soweit, ohne auch nur eine Andeutung zu machen und machten uns sofort als es klingelte auf den Weg in den Unterricht.
Erste Stunde Mathe. Mit Alia. Da unser Mathelehrer seinen Unterricht ziemlich locker gestaltete, war es für uns kein Problem, ein bisschen rumzuturteln.
Die Tatsache, dass wir in der letzten Reihe saßen gab uns die Gelegenheit zum Händchenhalten.Direkt nach Beginn des Unterrichts nahm ich Alias Hand, und streichelte sie mit meinem Daumen ein wenig. Ihre Hand war viel kleiner als meine, ihre Finger viel zarter und ihr Handrücken fühlte sich an wie eine Wolke, auf der mein Finger wie perfekt angepasst lag. Wir tuschelten, schrieben uns gegenseitig süße Nachrichten in unsere Hefte und genossen einfach unser Zusammensein. Da ich ja Hausarrest hatte, würde es auch erstmal eine Weile dauern, bis wir uns wieder wirklich berühren konnten.
Die Doppelstunde verstrich wie im Flug, und in der nächsten Stunde hatte ich Spanisch, sie Latein. Wir hatten vorhher noch einen Zeitpunkt ausgemacht, zu dem wir uns „zufällig" gleichzeitig auf der Toilette sehen würden.
10:35. Wie abgemacht bat ich darum, auf Toilette gehen zu dürfen, was mir auch erlaubt wurde. Ich rannte förmlich durch den Gang, um so viel zeit mit ihr verbringen zu können wie möglich.Ich stiess die Tür auf, wo Alia auch schon völlig ausser Atem an die Wand gelehnt auf mich warte. Unsere Blicke trafen sich, und sofort lief ich auf sie zu. Direkt streckte sie ihre Arme aus, und nahm meinen Kopf in die Hände, packte mich etwas an den Haaren und zog mich zu ihr. Unsere Lippen berührten sich, und für kurze Zeit fühlte es sich an, als würde die Welt um uns einen Augenblick still stehen. Als wären da nur wir beide, wie wir uns hier auf dem Mädchenklo küssten, unsere Körper sich berührten und wir förmlich verschmolzen. Ihre Lippen fühlten sich so gut an, wie sie meine berührten, wie ihr Zunge mit meiner tanzte und wir beide um die Dominanz rungen. Am liebsten hätte ich nie damit aufgehört, doch ich musste mich für einen Moment von ihr lösen.
Ich sah auf die Uhr. 10:42. „Shit, ich muss gehen", sagte ich zu Alia, küsste sie noch einmal kurz und verschwand mit einem schnellen „Ich hab dich lieb, Alia" aus der Tür und rannte los. Wäre ich im Sportunterricht jemals auch nur annähernd so viel und schnell gerannt wie heute, dann hätte ich wahrscheinlich locker 15 Punkte bekommen.
Völlig außer Atem kam ich wieder im Klassenzimmer an, meine Lehrerin schaute zwar etwas verwundert, doch ging nicht weiter auf mich ein.Ich setzte mich neben Clara, die mich sofort begann anzustarren. „Was ist?", fragte ich sie nach etwa einer Minute. Sie begann zu kichern: „Das war wohl ein wilder Klogang, oder?" „Wie meinst du das?", fragte ich sie verwundert. „Na, deine Haare, die sind total verwuschelt, Caro.", sagte sie und hob mir den kleinen Spiegel aus ihrem Mäppchen entgegen. Peinlich berührt machte ich mir schnell einen Dutt, bevor noch andere Leute etwas davon mirbekamen, solang es nicht eh schon jeder gesehen hatte. „Ihr hattet wohl viel Spaß...", flüsterte sie mit einem Lachen zu mir. Daraufhin stiess ich ihr mit dem Ellenbogen in die Seite, was sie nur noch mehr zum Lachen brachte. Recht hatte sie zwar, aber ich mochte es nicht dass sie mich danit aufzog. Auch ich begann leise in mich hinein zu Grinsen, ehe wir uns beide wieder dem Unterricht widmeten.
Nachdem die Klingel zum Unterrichtsende für heute ertönte, war ich heilfroh, endlich von Clara und ihren Kommentaren wegzukommen. Ausserdem konnte ich dann mit Alia reden, denn wir wollten gerne meinen Hausarrest etwas verkürzen, indem Alia als Ninja fungierte und sich zu mir ins Zimmer schlich. Meine Vorfreude war kaum auszuhalten.
Dieses Mädchen war von einem anderen Stern, sie machte mich zu einem besseren Menschen.
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Wie mein Leben sein sollte (girlxgirl) *wird überarbeitet*
Teen FictionCaroline kommt nach den Sommerferien wieder in die Schule und merkt, dass irgendetwas nicht stimmt. Als sie dann auf das neue Mädchen Alia trifft, beginnt eine spannende, romantische und geheimnisvolle Geschichte über zwei junge Mädchen. (LGBTQ) Don...