3. Traum

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"So, da wären wir." Ich hatte in dem Parkhaus des Hochhauses geparkt, in den ich wohnte. Mario sah mich verwundert an. "Fährst du mich nicht nach Hause?"
"Denkst du, ich lass dich jetzt alleine?", entgegnete ich. Er verneinte seufzend. "Lass uns erstmal hochgehen und dann mache ich uns einen Tee."
"Okay."
Wir nahmen den Aufzug und erreichten in Kürze meine Wohnung im siebten Stock. Ich kramte die Schlüssel heraus und versuchte trotz des fehlenden Lichts im Flur das Schlüsselloch zu finden. Mario angelte sein Handy aus der Jacke und aktivierte die Taschenlampe. "So geht's einfacher."
"Danke.", murmelte ich. "Dann wäre das auch geschafft."
Ich schaltete beim Eintreten gleich das Licht zu meiner Wohnung an und konnte in dessen Schein sehen, wie Sunny sich noch einmal hektisch umsah bevor er mir folgte. Stirnrunzelnd nahm ich es zur Kenntnis. Was war bloß los mit ihn?
"Kommst du, Woody?", rief er, während er schon in der Wohnung verschwand.
"Ja." Ich schloss die Haustür und von irgendeinem Gefühl geleitet drehte ich den Schlüssel heute einmal mehr herum als sonst. "Möchtest du Kräuter-  oder Früchtetee?"
"Pfefferminz." Er lehnte sich am Tresen. "Was haben wir jetzt vor?"
"Wir wäre es mit einen Film?"
"Klingt gut." Er nickte begeistert. "Ich suche aus."
"Meinetwegen."
Mario verschwand sofort in mein Wohnzimmer und ich bereitete den Tee vor.

"Und? Welcher wird es?" Ich balancierte zwei dampfende Tassen ins Wohnzimmer. Mario saß schon, dick in einer Decke gewickelt, auf den Sofa.
"Ocean Eleven."
"Der ist gut." Ich setze mich neben ihn. "Habe ich lange nicht mehr gesehen."
"Ebenso.", antwortete er. "Danke für den Tee."
"Immer gerne." Wir kuschelten uns zusammen und schalteten an.
Nach etwa zehn Minuten merkte ich, wie Sunny immer müder wurde und schließlich seine Augenlider sich ganz schlossen. Sein Kopf fiel auf meine Brust und sein Körper sackte in sich zusammen. Ich stellte den Film etwas leiser und beobachtete Mario. Es sah unglaublich süß aus. Seine Frisur hatte sich gelöst und einzelne Strähnen fielen ihn über die Stirn. Vorsichtig strich ich ihn durchs Haar, es war unglaublich weich.
Sunny grummelte etwas in Schlaf und versteckte sein Gesicht in meinen Pullover. Ich spürte seinen warmen Atem und mein Herz schien doppelt so schnell zu schlagen. Was wenn ich ihn jetzt küssen würde? Richtig küssen. Vielleicht würde er ihn erwidern und ... nein! Ich riss mich von seinen Anblick los um meinen Träumereien ein Ende zu setzen. Der Gedanke war absurd und abstoßend. Mario würde sich vor mir ekeln. Unsere Freundschaft wäre beendet und wenn er es weiter erzählen würde, wäre ich am Ende.
Ich versuchte den Film weiter zu verfolgen, doch kam nicht mehr wirklich rein. Meine Gedanken lenkten mich ab. Schließlich gab ich ganz auf und schaltete ihn aus.

Ich trug Mario vorsichtig in mein Zimmer, legte ihn ins Bett und deckte ihn zu. Er drehte sich gleich auf den Bauch und drückte sein Gesicht tiefer ins Kissen, dann bewegten nur noch seine gleichmäßigen Atemzüge seinen Körper.
Ich riss mich zusammen um nicht ein weiteres Mal in Träumereien zu versinken. Schnell griff ich mir meine Sachen für die Nacht und verschwand fluchtartig ins Gästezimmer. Für heute wollte ich einen möglichst großen Abstand zwischen mir und Mario haben.
Das Bett war noch nicht bezogen und ich brauchte ewig, da mich die Müdigkeit fast überwältigte. Erschöpft ließ ich mich auf die Matratze fallen, befreite mich nur von Hose und Oberteil und rollte mich noch in die Decke bevor ich in Schlaf versank.
Ich träumte von Mario, das war nichts außergewöhnliches, aber diesmal weinte er. Es war das erste Mal, dass Sunny in einen Traum traurig war.

Mario

Der Raum war halbabgedunkelt, doch ich konnte in fahlen Lichtschein ihre schmalen Gestalten sehen.
Konn stand wie immer vorne. Von Fußende aus betrachtete er mich. Ich war an die Bettpfosten befestigt, das war neu. Panisch versuchte ich mich zu befreien. Ich zog und riss an den Fesseln.  Konn beobachtete mich nur lachend, während meine Verzweiflung wuchs und ich erschöpft aufgab.
"Beruhig dich, Mario. Ich habe alles unter Kontrolle."

Ich wachte schweißgebadet auf. Mein Körper zitterte noch und mein Herz raste. Panisch suchte ich nach einen Lichtschalter. "Nur ein Traum.", flüsterte ich. "Nur ein beschissener Traum." Ich wiederholte es immer und immer wieder, bis ich mich etwas beruhigt hatte und sicher wahr, wieder klar denken zu können. Wo war ich, stellte sich die erste Frage um einen Hilfspunkt für mich zu finden. Vorsichtig sah ich mich um. Ich war in Marcos Zimmer, aber er war nicht da. Es herrschte eine eisige Stille. Wie spät war es? War ich beim Film eingeschlafen? Musste wohl so sein, denn ich trug meine Kleidung noch und gehörte eigentlich ins Gästezimmer. Wahrscheinlich schlief Marco dort jetzt. Er wusste wie ich den Raum verabscheute, er war klein und eng.
Genau wie früher, der Gedanke tauchte ganz plötzlich auf, doch mit wurde gleich spei übel. Ich stand auf und torkelte zum Badezimmer. Zum Glück war es gleich am Zimmer abgeschlossen, sodass ich nicht den dunklen Flur betreten musste. Dunkelheit, sind sie vielleicht da? Warten sie auf meine Fehler?
Ich beugte mich würgend über die Kloschüssel. Der Drang sich zu übergeben war plötzlich wieder riesig. Es war als hätte es die ganzen Jahre, in denen ich frei war, nicht gegeben. Ich war wieder am Anfang und es war beschissen.

Ich saß erschöpft auf den Boden. Noch immer hatte ich den widerwärtigen Geschmack auf der Zunge. Ich wollte aufstehen und mir den Mund ausspülen, mir die Zähne putzen, aber ich war zu schwach. Mein Körper rebellierte gegen jede weitere Bewegung. Bestimmt kauerte ich hier schon mehrere Stunden. Durchs Fenstern sah ich, wie der Himmel sich rosa färbte. Wenn es nach Marco gegangen wäre, hätten wir jetzt erst die Party verlassen. Er liebte das Feiern, die laute Musik und die vielen Menschen. Ob er wütend auf mich war, weil ich es ihn diesmal verdorben hatte? Meine Unsicherheit wuchs von Minute zu Minute. Ich wollte nicht, dass Marco mich hasste. Er war mein Woody und ich brauchte ihn.

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