20. Von Gewinnen und Veränderungen

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Marco

"Und wieder gewonnen!" Ich sprang in die Höhe,  ließ den Controler fallen und vollführte einen kleinen Freudenstanz. Mario beobachtete mich lachend.
"Ich bin ein Fifagott."
"Du bist allerhöchstens ein Idiot und jetzt setz dich wieder hin."
"Hast wohl noch nicht genug vom Verlieren." Grinsend ließ ich mich wieder aufs Sofa fallen. 
"Das liegt nur am Verein. Hätte ich den BVB wäre ich auch unbesiegbar.", stellte Mario seine Position dar.
"Natürlich.", antwortete ich ironisch. "Die Manschaft ist schuld. Ich habe dir extra Fc Bayern München ausgesucht, damit du überhaupt eine Chance hast zu gewinnen."
"Der FCB ist scheiße.", murmelte er leise und doch verstand ich es nur zu gut.
"Ja klar, darum wolltest du dort auch so lange deine Zeit vergeuden.", scherzte ich, obwohl auch ein bisschen wahres dran war. Mario sagte nichts, er presste die Lippen zusammen und seine Mimik verschloss sich wieder. Ich war zu weit gegangen. Seufzend griff ich nach den Controller. Auch wenn Sunny seit dem Gespräch letzte Woche schon viel offener wieder geworden war und auch glücklicher, war es nicht wie früher. Manchmal zog er sich zurück, sagte nichts und starrte nur traurig in die Gegend. Über seine Probleme sprach er auch nicht mehr, versicherte mir nur, dass er kein Kontakt mehr zu Joe hatte, glaubte ich es ihn nicht wirklich. Deswegen versuchte ich möglichst viel Zeit mit ihm zu verbringen um ihn so - auch wenn es krank klingt - ein wenig kontrollieren zu können. Der Mannschaft hatte ich es im Geheimen auch anvertraut, nicht alles,  nur die wichtigsten Informationen aus dem Gespräch, und sie sie versicherten mir auch ein Auge auf den Kleinen zu haben.
Was Marios Aussehen anging  so hatte dieses sich sorgenbereitend verschlechtert. Es war blass, wirkte müde und schwach. Mir kam es auch vor als ob er immer mehr abnehmen würde, doch das konnte nicht sein, immerhin verbrachten mir die Mahlzeiten zusammen.

"Wenn ich gewinne, dann darf ich für den Rest der Woche den BVB spielen.", meinte Mario trotzig.
Ich lachte. "Vergiss es!"
Er sah mich aus großen Hundeaugen an, den Blick den ich selten wiederstehen konnte. "Bitte, Woody."
"Einverstanden.", seufzte ich. "Aber nur, weil ich eh gewinnen werde."
"Natürlich nur deswegen.", kicherte Sunny. Im war es mehr als nur bewusst, wie gut die Nummer mit den bettelnden Blick bei mir funktionierte.

"Gewonnen!" Mario wippte aufgeregt auf den Sofa auf und ab, ein breites triumphierendes Grinsen im Gesicht. "Ich wusste es!"
Amüsiert beobachtete ich ihn. Wie ein Kind sah er aus in den zugroßen Pullover, mit den leuchtenden Augen und den verwuschelten Haar. Süß! Der Anblick allein reichte und eine wohlige Wärme breitete sich in meinen Bauch aus.
"Ich bin der Beste!", bejubelte Sunny sich.
"Jetzt mach mal halblang, die restlichen fünf Runden habe ich gewonnen.", versuchte ich ihn lachend wieder auf den Boden der Tatsachen zurück zu holen. Vergeblich.
"Na und? Das entscheidende Spiel habe ich gewonnen und darauf kommt es an."
"Wenn du meinst." Ich stand auf. "Ab morgen gehört dir eine Woche der BVB, und jetzt komm, ich will essen."
Marios Miene versteinerte einen kurzen Moment, dann stimmte er mir mit deutlich gesenkter Euphorie hinzu. Komisch, in letzter Zeit fiel mir diese leichte Gefühlsschwankung immer auf wenn es um Essen ging. Oder bildete ich mir das nur ein?

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