Kapitel 2
Am Mittwochmorgen habe ich das Gefühl, dass irgendetwas anders ist. Ich bin wie immer um sechs Uhr aufgestanden und normalerweise werde ich schon nervös, wenn der Wecker klingelt. Eigentlich habe ich Angst vor der Schule und will gar nicht aufstehen, heute ist da jedoch keine Nervosität, keine Angst.
Ich bin sofort hellwach und springe gut gelaunt unter die Dusche, um danach immer noch fröhlich in die Küche zu kommen. Mutti sieht mich verwundert an, es passt nicht zu mir, dass ich mir eine schicke, hellblaue Bluse und eine moderne Jeans angezogen habe. Doch am meisten verwundert sie wohl die Tatsache, dass ich nicht meine einfachen Turnschuhe trage, sondern hübsche Sandalen mit Keilabsätzen. Wir haben zwar schon Mitte September, aber das Wetter ist sehr schön und ich habe einfach das Gefühl, es ausnutzen zu müssen.
»Was ist denn mit dir los?« Mutti lächelt mich an und ich zucke mit den Schultern, wobei es mich ziemlich berührt, sie so glücklich über mein neues Outfit zu sehen.
»Mir war einfach danach.«
»Deine Haare sehen schick aus.« Bei ihren Worten wird mein Lächeln noch breiter.
»Danke.« Statt wie sonst einen schlichten Pferdeschwanz zu binden, habe ich mir die Haare mit einer Spange, die die Form einer Rosenblüte hat, zusammengesteckt.
»Nur noch etwas Make-up und du siehst aus wie jedes andere siebzehnjährige Mädchen.« Ich werfe ihr einen skeptischen Blick zu, so etwas aus dem Mund meiner immer ungeschminkten und doch recht konservativen Mutter zu hören, ist schon etwas komisch.
»Als ob du besser wärst, Mutti.« Sie verdreht die Augen, muss aber schmunzeln.
»Ich weiß«, sagt sie kleinlaut, »ich bin nicht gerade das beste Vorbild.«
Dazu sage ich nichts, denn sie hat recht, aber das will ich ihr nicht sagen. Dennoch lege ich ihr im Vorbeigehen kurz die Hand auf den Arm, um ihr zu zeigen, dass ich sie liebe. Da es so gut wie nie Körperkontakt zwischen uns gibt, ist dies eine sehr intime Geste und ich weiß, dass sie diese ebenfalls zu schätzen weiß.
»Also, was ist los, dass du dich heute so zurechtgemacht hast?« Mutti sieht mich verschwörerisch an, ein neugieriges Funkeln in ihren Augen.
»Nichts. Ich hatte einfach Lust, heute mal etwas anderes zu tragen.« Sie hebt eine Augenbraue und an ihrem Blick kann ich ganz genau erkennen, dass sie mir nicht glaubt. Aber was soll ich ihr auch sagen? Dass ich mich fühle, als könnte mir heute nichts passieren, als hätte mein Schutzengel endlich seine Arbeit aufgenommen und niemand könnte mir etwas anhaben? Sie würde sagen, ich sei verrückt geworden. Aber genau das beschreibt mein Gefühl am besten, Deshalb halte ich lieber den Mund.
Nach dem gemeinsamen Frühstück mache ich mich auf den Weg in die Schule und das erste Mal, seit ich in die Schule gehe, habe ich keine Angst, sondern freue mich sogar richtig, was jedoch nur anhält, bis ich das Schulgelände betrete und mich die übliche Gefühlswelle aus Nervosität und Angst eingeholt hat.
Ich habe das Gefühl, beobachtet zu werden, und schaue mich um, doch ich kann niemanden entdecken. Also gehe ich zu meinem Spind und schließe einen Teil meiner Bücher ein, damit meine Tasche leichter wird, ständig begleitet von dem Gefühl, dass mir jemand folgt. Aber auf dem Flur ist niemand zu sehen, also schließe ich hektisch den Spind und haste so eilig wie noch nie in mein Klassenzimmer. Ohne noch mal tief Luft zu holen, gehe ich einfach hinein und schnurstracks auf meinen Platz zu. Erst als ich sitze, fällt mir auf, dass Caprice noch nicht da ist, und ich schaue auf mein Handy. Caprice hat mir bei WhatsApp geschrieben, dass sie krank ist und heute nicht kommen kann. Na klasse ... Das tolle Gefühl von heute Morgen ist nun endgültig verschwunden und ich bereue es, mich heute so anders gekleidet zu haben.
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Dawns Liebe - Einmal Himmel und zurück
FantasyDawn ist eine Einzelgängerin wie sie im Buche steht, sie hat nur eine Einzige Freundin, Caprice. Alle anderen meiden sie wie die Pest. Mit ihren siebzehn Jahren, hat sie sich bereits an dieses Leben gewöhnt und ihr dickes Fell hilft ihr, diesen Allt...