Kapitel 20

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Kapitel 20

Am nächsten Tag geht es nach der Schule mit dem Schwerttraining los. Wir treffen uns im Kulturpark und ich bin überrascht, dass es hier Ecken gibt, an denen sich kaum ein Mensch herumtreibt. Nathaniel hat zwei Holzschwerter mitgebracht, mit denen er mir erst einmal zeigt, wie ich so ein Schwert halten muss. Die Schwerter haben eine lange Klinge aus Holz und sind sehr einfach gehalten. Der Griff hat feine Rillen und am Ende sitzt eine Kugel, um so das Gleichgewicht auszubalancieren. »Bist du Links- oder Rechtshänder?«, fragte Nathaniel und ich muss feststellen, dass er eine sehr angenehme Stimme hat. »Rechtshänder«, antworte ich und schaue auf das Holzschwert in meiner Hand. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Nathaniel nickt. »Dann musst du die rechte Hand ans Heft legen und die linke knapp dahinter.« Er zeigt es mir mit seinem Schwert und ich mache es nach. Das Halten ist schon mal gar nicht so schwierig. Ich lasse das Schwert ein wenig hin und her schwingen, was auch noch relativ einfach ist. Vielleicht wird die ganze Angelegenheit ja doch nicht so schwierig, wie bisher gedacht. »Das ist nur ein Holzschwert. Es ist bei Weitem nicht so schwer wie jenes, mit dem du eigentlich kämpfen wirst.« Er scheint meine Gedanken gelesen zu haben, denn er grinst mich frech an. Nathaniel ist nicht gerade sehr groß, wenn er so neben mir steht, kann ich ihm direkt in die Augen schauen, ohne den Blick heben zu müssen. Nachdem ich das Anfassen beherrsche, fängt Nathaniel an, mir verschiedene Bewegungsabläufe beizubringen. Doch nach kaum einer halben Stunde scheint mir der Kopf zu platzen. Es gibt so unendlich viele Bewegungsabläufe und Strategien, dass ich nicht mehr weiß, wie ich mir das alles merken soll. Meine Hoffnung, vielleicht eine ganz kleine Chance gegen Azzael zu haben, sinkt von Erklärung zu Erklärung weiter und befindet sich schließlich im Keller. Und mit meiner Hoffnung sinkt auch meine Motivation. Ich höre nur noch halbherzig zu und versuche auch nur noch halbherzig, Nathaniels Bewegungen nachzuahmen. Eine weitere halbe Stunde später unterbricht Daniel den Unterricht und nimmt mich zur Seite. »Was ist los, Dawn?«, fragt er mit seiner unglaublich weichen Stimme, während er mich in den Arm nimmt. Ich weiß nicht, wie ich meine Hoffnungslosigkeit in Worte fassen soll. »Ich weiß auch nicht«, sage ich in dem Versuch, meine Gefühle auszusprechen. »Es ist alles so Aussichtslos. Ich meine, guck mich doch an, und dann ruf dir Azzaels Können ins Gedächtnis. Ich kapiere nichts von dem, was Nathaniel mir beizubringen versucht.« Daniel lächelt auf mich herab. »Das kommt mit der Zeit. Du musst dich nur erst einmal einfinden.«

»Aber wir haben keine Zeit«, rufe ich frustriert aus und löse mich aus Daniels Armen. »Wer weiß, wann Azzael das nächste Mal auftaucht oder was er für die Erde noch so alles plant.« Daniel streicht mir über den Rücken und stellt sich neben mich. »Bis jetzt ist keine weitere Naturkatastrophe passiert seit den letzten Vorfällen. Dass du ihn mit diesem Spruch in den Himmel befördert hast, hat ihn erst einmal aus der Bahn geworfen und jetzt wird er sich vermutlich neu sortieren und sammeln müssen.« Geistesabwesend nicke ich. Vielleicht hat Daniel ja Recht, aber vielleicht auch nicht. Ich weiß es nicht, aber wahrscheinlich hilft es mir auch nicht weiter, mich hängen zu lassen. Also gehe ich wieder zu Nathaniel zurück und wir trainieren weiter. Doch trotz des intensiven Trainings, schaffe ich es am Ende gerade einmal, das Schwert richtig zu halten. Alles andere will noch nicht in meinen Kopf hinein.

Am nächsten Tag ist die Schule wieder schön, dennoch habe ich ziemlich schlechte Laune, da ich die ganze Zeit an dieses Schwerttraining denken muss und außerdem einen fiesen Muskelkater habe. Caprice schaut mich öfter komisch an. Sie weiß, dass ich ihr etwas verheimliche und scheint sich nicht mehr damit abfinden zu wollen, dass ich es ihr nicht sage. Vielleicht merkt sie auch einfach nur, dass ich ziemlich schlecht drauf bin. Robin versucht mich aufzumuntern, wo er nur kann, da Daniel heute wieder nicht da ist. Heute wird er mich auch nicht abholen, denn er wird erst später zum Training erscheinen. Auf dem Weg nach Hause, auf dem Robin mich und Caprice begleitet, ist Cap sehr still und schaut die meiste Zeit nur auf ihre Füße. Da ich sie nicht vor Robin darauf ansprechen möchte, lasse ich es erst einmal gut sein und beschließe, sobald wie möglich mit ihr zu reden.

Dawns Liebe - Einmal Himmel und zurückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt