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2016

"Elena, geht es dir gut?", fragte mich mein Stiefvater sonntagsmorgens, als er die Küche betrat. Ich saß schon seit einiger Zeit an der Theke und zerbrach mir noch immer den Kopf darüber, wie ich Calum erreichen konnte. Doch zu einem festen Entschluss oder einer umsetzbaren Idee war ich bis jetzt noch nicht gekommen.

"Nein, mir geht es nicht gut, aber ich glaube nicht, dass du mir dabei helfen könntest. Nichts für ungut Jim.", antwortete ich und strich mir meine blonden Haare aus dem Gesicht. Letzte Nacht hatte ich kaum geschlafen, da mir zu viele Gedanken im Kopf herumschwirrten.

"Erzähl es mir und dann entscheide ich, ob ich dir einen Rat geben kann oder nicht.", erwiderte Jim und legte mir eine Hand auf die Schulter. Skeptisch blickte ich ihm in die Augen und sah, dass er es ernst meinte. Er sah mich mit seinen grünen Augen an, die Tess eindeutig von ihrem Vater hatte.

Seufzend wich ich dem Blick meines Stiefvaters aus und sah auf meine verschränkten Hände.

"Ich habe einem Jungen das Herz gebrochen und erst jetzt wirklich gemerkt, dass ich mich die ganze Zeit total daneben benommen habe. Er wollte mir erklären, was vorgefallen ist, aber ich habe ihn immer wieder abgewiesen, weil ich diese Erklärung nicht hören wollte.", mir stiegen Tränen in die Augen und ich machte nichts dagegen, um sie zurückzuhalten. Ich ließ zu, dass sie mir über die Wangen liefen. Ich konnte es eh nicht verhindern, da sie mir früher oder später sowieso aus den Augen gelaufen wären.

"Ich wusste nicht, dass du in einer Beziehung bist.", meinte Jim und stützte sich mit den Händen auf der Arbeitsfläche ab.

"Ich war vor zwei Jahren in einer Beziehung,", berichtigte ich ihn, "Vielleicht hat Mum dir gegenüber mal Calum Hood erwähnt. Wir waren ein Paar und ich habe ihn nach dem Konzert vor drei Wochen, zum ersten Mal seit unserer Trennung, wiedergesehen. Gestern war er bei mir im Café und hat mir deutlich gemacht, dass nicht nur ich an dem Tag das Hotel mit einem gebrochenem Herzen verlassen hatte." Langsam hob ich meinen Blick und begegnete wieder den grünen Augen von Jim.

"Du hast es dir auch verdammt schwer gemacht! Wie willst du denn jetzt an den Typen herankommen?", Jim sah mich fragend an und strich sich durch seine schwarzen Haare. Kopfschüttelnd wandte ich den Blick ab. Ich wusste, dass er so reagieren würde. Genau deswegen wollte ich ihm auch nicht erzählen, was mir auf der Seele lastete, da meistens nur solche Sprüche dabei herauskamen.

"Ok, das war blöd von mir.", gestand Jim. "Wie hast du beim Konzert seine Aufmerksamkeit bekommen?", hakte er nach und lehnte sich ein wenig nach vorn.

"Wir wurden in die FrontRow geholt und irgendwann hat er mich dann gesehen, aber ich muss irgendwie mit ihm reden können und das kann ich nicht während einem Konzert.", antwortete ich. "Außerdem müsste ich dann schon Tage vor dem Konzert vor der Arena campen, um in die FrontRow zu kommen und so etwas mache ich nicht und ich gebe bestimmt nicht mein Geld für eine überteuerte Konzertkarte aus, die irgendwo weiter verkauft wird, weil der eigentliche Käufer es nicht mehr zum Konzert schafft!"

"Was ist, wenn du dich für ein Meet&Greet Gewinnspiele bewirbst? Dann könntest du mit ihm reden, du hättest zwar nur ein wenig Zeit, aber wenn du dich kurz fasst und ihm die wesentliche Punkte näher bringst, wäre das schon einmal ein Anfang.", schlug Jim vor. Ich legte den Kopf schief. So blöd war die Idee gar nicht und es könnte sogar klappen. Anscheinend war Jim doch eine Hilfe und haute nicht nur blöde Sprüche raus.

"Das ist eine gute Idee!", sagte ich und wischte mir die Reste der Tränen aus dem Gesicht. Gerade als ich nach meinen Handy greifen wollte, erklang eine weitere Stimme.

"Daran habe ich auch schon gedacht und mich schon bei sämtlichen Gewinnspielen beworben, wenn du dass jetzt auch noch machst, können wir die Gewinnchancen verdoppeln!", plapperte Tess fröhlich und kam in die Küche.

Memories || C.H.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt