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Louis

Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht, wo ich anfangen sollte. Ich konnte gut Klavier spielen. Meine Mutter hatte es mir beigebracht, als ich noch 6 gewesen war. Gerne habe ich mal die ein oder andere Taste mit Schokolade verschmiert.

Also ging ich zuerst an den Flügel, der anscheinend schon bessere Tage gehabt hatte. Der Lack war an manchen Stellen ab und der Hocker hatte Risse im Polster.

"Darf ich?" Ich sah Harry an, der lächelnd an der Wand lehnte und mich beobachtete. "Klar", antwortete mir und klang dabei erwartend.

Etwas unsicher wurde ich trotzdem, denn daheim zu spielen, war kein Problem. Dort war ich zu Hause und hier war ich fremd.

In meinem Kopf suchte ich nach einem geeigneten Lied. Da war so viel. Auch "Alle meine Entchen".

Also spielte ich das. Obwohl es ein verdammtes Kinderlied war, beruhigte es mich und ließ mich lockerer werden. Ich begann von dem letzten Ton in den ersten Ton eines Stückes von Mozart überzugehen.

In meinem Augenwinkel entdeckte ich Harry, der aufmerksam zu sah und seine Lippen versiegelt hielt.

Ich beendete das Lied und sah zu dem großen Lockenkopf. Er klatschte in die Hände und gerührt sah ich zu Boden. Mein Herz machte wieder minimale Sprünge. Ich kannte dieses Gefühl nur, wenn ich als Kind gelobt wurde, weil ich die Katze eingefangen hatte.

Ich hörte Schritte auf dem Parkettboden und sah auf. Harry stand vor mir. Seine enge schwarze Jeans ließ seine Beine nur noch enger wirken. Das Hemd konnte von seinem Uropa sein oder aus der Altkleidersammlung.

Mir war nie richtig aufgefallen, dass Harry so sehr anders war. Ich wusste, dass er anders war. Darüber zerriss sich ja jeder das Maul.

"Darf ich?", fragte er mit einem Lächeln auf den Lippen, der jedes Mädchen zum Schmelzen gebracht hätte und auch den ihr dämliches Make-Up. Immer wieder fragte ich mich, wieso Mädchen und auch natürlich meine Schwester, ihr Gesicht mit sowas zukleisterten. War es ein Trend? Wohl kaum. War es um sich zu verstecken? Ja.

Vom Thema abgebracht, nickte ich. Ich rutschte auf dem Hocker zur Seite und sah Harry an, der sich dann neben mir niederließ. Ich fragte mich selbst, wieso ich Abstand zu ihm hielt, aber irgendwann sah ich ein, dass es nichts brachte. Ich würde sonst wie ein nasser Sack vom Hocker fallen.

Erst als Harry den ersten Ton anschlug, wurde ich aus meinen Gedanken von zerrissenen Polstern, Make-Up und nassen Säcken gezogen.

Er spielte wunderschön. Fast schon so gut wie ich. Aber auch nur fast.

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Heyy. Seit gestern ist die Zahl der Leser ja echt gestiegen. Das freut mich unglaublich sehr und hoffe, dass euch dieses Kapitel gefallen hat! (:

Cool Kids | Larry ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt