Er ging weiter und erreichte den Rand des Verbotenen Waldes, und erblieb stehen. Eine Horde von Dementoren glitt zwischen den Bäumen dahin, er konnte ihre Kälte spüren, und er war sich nicht sicher,ob er es schaffen würde, unversehrt hindurch zu gelangen. [...]Gleichzeitig dachte er, dass er nicht fähig wäre weiterzugehen, und wusste doch, dass er es musste. Das lange Spiel war zu Ende, der Schnatz war gefangen, es war Zeit, aus der Luft herabzukommen. Der Schnatz. [...] Dies war der Schluss. Dies war der Zeitpunkt. Er drückte das goldene Metall an seine Lippen und flüsterte: "Ich werde gleich sterben." Die metallene Hülle brach auf. Er senkte seine zitternde Hand, hob unter dem Tarnumhang Dracos Zauberstab und murmelte: "Lumos." Der schwarze Stein mit dem gezackten Riss durch die Mitte lag in beiden Hälften des Schnatzes. [...] Er schloss die Augen und drehte den Stein in der Hand, drei Mal. Er wusste dass es geschehen war, denn er hörte leise Bewegungen um sich herum, die darauf schließen ließen, dass zarte Körper über den mit Zweigen bestreuten Erdboden am äußersten Rand des Waldes schritten. Er öffnete die Augen und sah sich um. Sie waren weder Gespenst, noch wahrhaft Fleisch, das konnte er sehen. Sie ähnelten am ehesten jenem Riddle, der vor so langer Zeit dem Tagebuch entflohen war, und dieser Riddle war Erinnerung gewesen, die sich annähernd verfestigt hatte. Weniger stofflich als lebende Körper,doch viel stofflicher als Gespenster bewegten sie sich auf ihn zu,und auf jedem Gesicht war das gleiche liebevolle Lächeln. James war genauso groß wie Harry. Er trug die Kleider, in denen er gestorben war, sein Haar war unordentlich und zerzaust, und seine Brille saß ein wenig schief, wie die von Mr. Weasley. Sirius war groß und hübsch und viel jünger als Harry ihn jemals erlebt hatte. Er ging mit federnden Schritten und lässiger Anmut dahin, die Hände in den Taschen und ein Grinsen auf dem Gesicht. Auch Lupin war jünger und bei weitem nicht mehr so heruntergekommen und sein Haar war dichter und dunkler. Er schien glücklich, wieder an diesem vertrauten Ort zusein, wo er in seiner Jugend so viele Streifzüge unternommen hatte. Lilys Lächeln war das breiteste von allen. Sie strich ihr langes Haar zurück, als sie ihm näher kam und ihre grünen Augen, die seinen so ähnlich waren, musterten begierig sein Gesicht, als könnte sie sich nie an ihm sattsehen. "Du bist so mutig." Er konnte nicht sprechen. Seine Augen weideten sich an ihr, und er dachte, er würde gern stehen bleiben und sie immer nur ansehen, und das würde genügen. "Du bist fast am Ziel", sagte James. "Ganz nah. Wir sind... so stolz auf dich." "Tut es weh?" Die kindische Frage war über Harrys Lippen gerutscht, ehe er es verhindern konnte. "Sterben? Überhaupt nicht", sagte Sirius. "Schneller und leichter als einschlafen." " Und er will, dass es schnell geht. Er will es hinter sich haben", sagte Lupin. "Ich wollte nicht, dass ihr sterbt", sagte Harry. Die Worte kamen ihm unwillkürlich. "Keiner von euch. Es tut mir leid - " Er sprach Lupin an,flehentlich, mehr als jeden anderen. "- so kurz nachdem dein Sohn geboren war... Remus, es tut mir leid " "Mir tut es auch leid",sagte Lupin. "Mir tut es leid, dass ich ihn nie kennenlernen werde...Aber er wird wissen, warum ich gestorben bin, und ich hoffe,er wird es verstehen. Ich habe versucht, eine Welt zu schaffen, in der er ein glücklicheres Leben führen könnte." Eine kühle Brise, die aus dem Herzen des Waldes zu dringen schien, blies Harrydie Haare aus der Stirn. Er wusste, sie würden ihm nicht sagen, dasser gehen sollte, es musste seine eigene Entscheidung sein. "Ihr werdet bei mir bleiben?" "Bis ganz zum Schluss", sagte James. "Sie werden euch nicht sehen können?", fragte Harry. "Wir sind ein Teil von dir", sagte Sirius. "Für jeden anderen unsichtbar." Harry sah seine Mutter an. "Bleib in meiner Nähe", sagte er leise.
"Warte", antwortete Lily. "Schau zuerst noch einmal in den Schnatz." Harry tat, was ihm seine Mutter befahl und es fühlte sich gut an. Auch wenn er siebzehn war, fühlte es sich gut an einmal von seiner Mutter gesagt zu bekommen, was er zutun hatte. Aus dem Schnatz fädelte er eine hauchdünne Kette mit einer winzig kleinen goldenen Perle daran. "Vergrößere sie und dann hänge sie dir um den Hals. Diese Bedingung musst du erfüllen, wenn du willst, dass ich bei dir bleibe." Mit einem Schlenker seines vorübergehenden Zauberstabes erfüllte er die Aufgabe und hing sich die Kette um. "Ich werde euch auf der anderen Seite wiedersehen." Lily lächelte ihn nur wissend an.
Und er machte sich auf den Weg. Die Kälte der Dementoren übermannte ihn nicht, er durchquerte sie mit seinen Gefährten, die wie Patroni für ihn waren, und gemeinsam schritten sie zwischen den alten, dichtwachsenden Bäumen hindurch, mit den ineinandergeschlungenen Ästen,den knorrigen und verflochtenen Wurzeln am Boden. Harry raffte den Tarnumhang in der Dunkelheit eng an sich und begab sich immer tiefer in den Wald hinein, ohne eine Vorstellung davon, wo Voldemort genau war, doch sicher, dass er ihn finden würde. Neben ihm gingen, fast lautlos, James, Sirius, Lupin und Lily, und ihre Anwesenheit machte seinen Mut aus und war der Grund dafür, dass er unaufhörlich einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Sein Körper und sein Geist schienen jetzt auf merkwürdige Weise voneinander getrennt, seine Gliedmaßen bewegten sich ohne bewusste Anweisung, als wäre er ein Mitreisender und nicht der lenkende in dem Körper, den er gleichverlassen würde. [...] Sie waren nur ein paar Minuten weitergegangen, da sah Harry vor sich ein Licht, und Yaxley und Dolohov traten vor ihm auf eine Lichtung, die Harry als den Orterkannte, wo der grässliche Aragog einst gelebt hatte. [...] AlleBlicke waren auf Voldemort gerichtet, der mit geneigtem Kopf dastand,und seine weißen Hände über dem Elderstab vor sich gefaltet hatte.[...] "Ich dachte, er würde kommen.", sagte Voldemort mit seiner hohen, klaren Stimme, den Blick auf die lodernden Flammen gerichtet. "Ich habe erwartet, dass er kommt." "Ich habe mich, wie es scheint... geirrt", sagte Voldemort. "Hast du nicht." Harry sagt es, so laut er konnte, mit aller Kraft, die er aufbrachte: Er wollte nicht verängstigt klingen. Der Stein der Auferstehung rutschte ihm aus seinen tauben Fingern, und aus dem Augenwinkeln sah er, wie seine Eltern, Sirius und Lupin verschwanden, als er vortrat,in den Lichtschein des Feuers. [...] Voldemort neigte seinen Kopf einwenig zur Seite, betrachtete den Jungen, der vor ihm stand, und ein seltsam freudloses Lachen kräuselte den lippenlosen Mund. "Harry Potter", sagte er ganz leise. Es war als wäre seine Stimme Teil des zischelnden Feuers. "Der Junge, der überlebt hat." [...]Harry sah, wie sich sein Mund bewegte, dann einen Blitz grünen Lichts, und alles war vorüber. [...] Er lag in einem hellen Nebel, doch der war anders als alle Nebel, die er bisher erlebt hatte. [...] "Harry" Er schnellte herum. Albus Dumbledore kam auf ihn zu, munter lächelnd und aufrecht, in einem wallenden mitternachtsblauen Umhang. "Harry. Du wunderbarer Junge. Du mutiger, mutiger Mann.Lass uns ein Stück gehen."
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Die goldene Träne des Phönix
FanfictionHarry hat gekämpft und verloren. Er muss sterben, damit Voldemort sterben kann. Aber was, wenn Dumbledore noch einen letzten Trumpf auszuspielen hat und Harry plötzlich die Chance hat, den kompletten Krieg zu verhindern? Und das auch noch mit prakti...