14th

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In den folgenden Tagen ließ Luzifer mich nicht mehr aus den Augen, schaffte es aber dennoch mich so weit zu ignorieren, damit ich bemerkte, wie weit seine Wut auf mein Handeln reichte.

Mir war durchaus bewusst, dass ich ihn enttäuscht hatte. Dass er dachte, ich hätte mich umbringen wollen. Dabei hatte ich diesen Entschluss gar nicht gefasst. Es war eher so wie eine wahr gewordene Erinnerung, die ich herauf beschworen hatte. Aber das konnte ich ihm weder sagen noch begreiflich machen. Er würde denken, ich würde lügen. Oder mich als verrückt abstempeln. Beides hätte zur Folge, dass er mir nie wieder vertrauen würde, dabei war ich auf sein Vertrauen in mich angewiesen. Allein diesem Vertrauen hatte ich unseren Vertrag doch überhaupt erst zu verdanken. Es war früher schließlich nicht mein Wunsch gewesen, mich zu töten, meine Existenz von dieser Welt zu tilgen, weil ich es gehasst hatte zu leben. Es war vielmehr so gewesen, dass der Tod mehr Vorteile und Annehmlichkeiten zu bieten hatte, als mein lausiges, armseliges bisschen Leben. Er war es gewesen, der mir den Tod im Leben gegeben hatte. Ich hatte keinen Grund mehr dafür, mich umzubringen. Dennoch war ich für einen kurzen Moment versucht gewesen, genau das zu tun. Ich begriff einfach nicht warum. Ich verstand das Handeln meines eigenen Körpers nicht mehr. Und das ließ meine Gedanke ruhelos werden. Immer wieder dachte ich daran zurück, wie Alan gegangen war. Wie ich allein auf der Couch saß. Wie ich mich daran erinnerte, was ich früher in solchen Momenten zu tun gepflegt hatte. Alles, was danach kam, war die Erinnerung daran wie ich mir mit einem Messer meines Vaters ins Fleisch schnitt. Ich konnte mich weder daran zurückerinnern, wie ich aufgestanden war, noch daran wie ich das Messer genommen und gegen meine Haut gepresst hatte, gerade so dass kein Blut floss. Es ergab einfach keinen Sinn. >Hattest du einen Blackout?< Mein Kopf fuhr herum, als ich diese Stimme hinter mir hörte. Und tatsächlich, da stand er. Mal wieder auf dem Tisch sitzend.

>Was, zur Hölle, tust du hier?<, fauchte ich ihn an. Ihn schien meine Reaktion nicht sonderlich zu beeindrucken, seinem Blick nach zu urteilen.

>Dich fragen, ob du einen Blackout hattest< 

>Mir war ja schon vorher klar, dass du verrückt bist, aber ich dachte nicht, du würdest so weit gehen und dich in die Höhle des Löwen wagen<

>Denkst du etwa, ich hätte Angst vor einem mickrigen Dämon?< Seine Stimme troff vor falscher Entrüstung und sollte vermutlich ironisch rüber kommen, weshalb er auch leicht die Stimme erhoben hatte. Kurz hielt ich den Atem an, lauschte nach Luzifer. Ich hörte nichts. Mit schnellen Schritten war ich bei Alan und zog ihn an seinem Arm vom Tisch. Doch der Versuch ihn zur Haustür zu bugsieren blieb nur bei einem Versuch.

>Verschwinde!< Er lachte nur angesichts meiner Bemühungen ihn loszuwerden. >Verdammte Scheiße, wenn du nicht willst, dass das hier in einer Katastrophe für uns beide endet, solltest du dich so schnell wie möglich verpissen!< Ich hatte keine Ahnung, ob es daran lag, dass ich den letzten Satz ziemlich laut gesagt hatte, ob er vielleicht irgendetwas gespürt hatte oder ob ihm generell irgendetwas komisch vorkam. Jedenfalls ertönte genau in dem Moment, indem Alan den Mund auf machte, eine Stimme von oben. Und Alans Mund blieb offen stehen.

>Angel? Alles in Ordnung?< Luzifers Stimme klang näher als ich gedacht hatte. Als würde er bereits oben vor der Treppe stehen. Verdammt.

>Ja, alles in Ordnung. Ich bin gleich da mit dem Kaffee<, antwortete ich schnell, ohne Alan dabei aus den Augen zu lassen. Dieser stand wie zur Salzsäule erstarrt da, starrte mich an, ohne mich wirklich zu sehen. Die Augen weit geöffnet, den Unterkiefer hängen lassend. Langsam, zu langsam, fokussierte er seinen Blick auf mich und meine stumme Aufforderung zu verschwinden.   

>Er ist der Dämon?<, fragte er mich seltsam fassungslos. Als würde er Luzifer kennen, oder zumindest wissen, dass es seine Stimme war, die mich soeben gerufen hatte. Ich ignorierte es. 

>Ja. Verstehst du jetzt, warum ich dich aus dem Haus haben will, bevor er dich siehst? Er würde dich zu Hackfleisch verarbeiten. Und mich gleich hinterher. Also geh< Ich könnte mich verhört haben, aber ich meinte zu hören, wie Alan leise vor sich hin murmelte, dass er das eher weniger glauben würde. Doch er leistete keinerlei Widerstand, als ich ihn am Arm packte, zur Haustür zerrte und ihn, nachdem ich diese geöffnet hatte, bestimmt nach draußen schob. Mal wieder. >Zisch ab<, meinte ich noch, bevor ich die Tür hinter im zu knallte. Oder besser gesagt, zuknallen wollte. Sein Fuß, den er wohl in letzter Sekunde zwischen Tür und Rahmen geschoben hatte, ließ das nämlich nicht zu.

>Jetzt wirst du mich mit Sicherheit nicht mehr los, Angel. Ich komme wieder. Und dann will ich Antworten< Nach diesen Worten zog er seinen Fuß zurück und verschwand so rapide, dass ich es kaum mitbekam. Ich fackelte nicht lange und schloss die Tür so schnell, als wäre sie nie offen gewesen.     



Etwas kurz das Kapitel, aber ich mochte das Ende :D

Zwischen Himmel und Hölle (slow updates)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt