9. Kapitel

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Ich atmete schwer. Ich konnte meine Augen nicht öffnen, mein Körper tat weh. Ich verspürte ein Kratzen an meinen Handgelenken. Langsam drückte ich meine Lider hoch. Alles war noch ein bisschen verschwommen, wurde aber klarer. Ich warf einen Blick auf meine Hände und sah, dass sie gefesselt waren. Was zum...? Ich sah mich genauer um und erkannte dunkle Gestalten in den Ecken des kleinen Betonraums. Dann wandte ich meinen Blick zur Seite und entdeckte Miles. Er war, so wie ich, auf einem Stuhl angebunden und seine Handgelenke waren durch Stricke verknotet. Ich versuchte, meine Hände herauszuziehen, aber der Knoten war zu fest. Die sperrigen Gestalten kamen näher und ich erkannte sie- schwarze Uniform, rote Manschettenknöpfe, gesticktes Zeichen. Die Mörder! Die Männer flüsterten vor sich hin und ein großes Messer glänzte in der Hand des einen Mannes auf. Ich riss die Augen auf. Miles war immer noch bewusstlos. "...Und jetzt ist seine liebe Nichte dran!", beendete der eine seinen Satz und strich über sein Messer. Eine Träne schlich sich in mein Auge, aber ich dachte die ganze Zeit über etwas anderes nach: Warum Nichte...? Ich hatte keinen Onkel. Mein einziger Onkel war lange verschollen... sein Name begann mit 'F', aber ich konnte mich nicht mehr genau erinnern. "Na, meine Liebe?", raunte der Messerhaltende und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich schüttelte meinen Kopf heftig. Er machte eine gehässige Miene und legte mir die Klinge an den Arm. Meine Jacke war weg! Ich spürte, wie meine Haut aufriss, als er mit der Klinge meinen Arm entlang fuhr. Er grinste boshaft und ich schloss kurz die Augen. Die einzelne Träne löste sich und glitt meine Wange hinunter. "Nicht weinen, Schätzchen!", lachte er schadenfroh. Miles kam langsam zu sich. "Ah! Das Söhnchen ist auch schon wach!", lachte ein anderer. Das Söhnchen?! Miles sah grimmig drein und murmelte irgendetwas. Ich besah mir hilflos die Wunde an meinem Arm. Die warme Substanz lief an meinem Arm herunter und färbte ihn rot. Die Scenen aus der alten Schule blitzten vor meinem inneren Auge auf. Der Tag, an dem meine Mutter ermordet worden war, zeigte sich in meinem Gedächtnis. Ich hatte mit zusehen müssen, wie meine Mutter getötet worden war. Ich hatte geschrien, gekreischt und bin geflüchtet. Und jetzt? Jetzt war ich an der Reihe... Plötzlich schossen mir Tränen in die Augen und überströmten meine Wangen. "Warum heulst du?!", schrie mich ein Mann an. Alle Blicke waren auf mich gerichtet. Dann spürte ich einen spitzen Gegenstand an meiner Hose. Ich fuhr ganz leicht mit den zusammen gebundenen Händen darüber, sodass es niemand sehen konnte. Es war ein kleines Messer. Mein Taschenmesser! Es hatte die Schutzkappe verloren und stach ein wenig durch meine Tasche. Ich starrte die Männer durch meinen Tränenschleier hindurch an. "Kommt wir machen das morgen!", sagte ein großer Uniformierter und alle schlenderten zum Ausgang. Hinter ihnen viel die schwere Eisentür zu und wurde von außen verriegelt. "Das ist alles meine Schuld...", flüsterte Miles. Wieso seine Schuld? Meine Mutter wurde von ihnen getötet, nicht seine! Er hat überhaupt nichts mit der ganzen Situation zu tun! "Wieso denn deine Schuld?" Er sah zu mir rüber und ich erkannte seinen traurigen Blick. "Ohne mich wären wir nicht hier!", sagte er etwas lauter. Was faselt der da?! "Das sind die Mörder meiner Mutter! Dich kennen die doch gar nicht!" Er sah mich verwirrt an. Dann schüttelte er den Kopf und schien zu überlegen. Da fiel mir wieder mein Taschenmesser 'für Notfälle' ein. Das war ein Notfall! Ich drückte es aus meiner Hosentasche und begann an meinen Fesseln zu schneiden. Die Seile wurden dünner und dünner. Miles sah auf, als er das leise Geräusch bemerkte. Er sah mich vielsagend an und nickte mir stumm zu. Ich säbelte weiter und irgendwann sprang das Seil. Ich knotete meine restlichen Fesseln auf und lief zu Miles. Auch ihm knotete ich alles auf. Dann suchten wir nach einem Ausgang. Ich entdeckte ein kleines Fenster am oberen Rand der Wand. Es hatte ein winziges Schloss und keine Eisenstäbe davor. Ich deutete wortlos auf das Fenster und Miles hob mich hoch. Er kam mit ausgestreckten Armen an die untere Kante. Ich zog mein Messer und begann, wahllos in dem kleinen Schloss rumzustochern. Und nach kurzer Zeit machte es wirklich "Klick"! Ich öffnete schnell das kleine Fenster und stieg über Miles' Hilfe hinaus. Ich zog mich durch das Laub nach oben und sah, wie Miles sich ebenfalls hochzog. Im nächsten Moment stand er auch schon vor mir. Dann rannten wir los. So schnell wir konnten, einfach weg! Zum Glück war es die richtige Richtung- nach Bakersfield. Wir sprinteten weiter. Mindestens eine halbe Stunde rannten wir durch den Wald. Wir wussten es beide: Es war egal, ob wir nicht mehr konnten. Wenn wir jetzt nicht rannten, waren wir tot!

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Hallo :). Ich habe mich bemüht, das Kapitel noch heute hochzuladen, auch wenn es relativ spät ist und das Kapitel nicht so lang. Ich hoffe,euch gefällt es trotzdem. Kommis und Votes sind nicht verboten ;D!

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