17. Kapitel

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Fassungslos standen ich, Frank und Miles da. Und dann passte alles zusammen und die ganzen Informationen, die ganze Wahrheit stürzte auf mich ein.

Du bist mit Miles verwandt.

Du bist mit Frank verwandt.

Als Frank sagte, er geht zur Beerdigung seiner Nichte, war es deine Mutter, die beerdigt wurde.

Du bist mit Roy verwandt.

Deine Familie ist Teil und Führer einer Mördersekte.

Du wirst deinen Vater nie finden - du wirst vorher sterben.

Hier und jetzt hast du die letzte Chance, dein Testament zu machen.

Fast deine komplette Familie besteht aus Mördern.

Und das, was mich unter anderem am härtesten traf: Selbst wenn du überleben solltest, (was sehr unwahrscheinlich ist) wirst du nie wieder normal leben können.

Denn dein ganzes Leben besteht aus einer verdammten Lüge.

Und diese Informationen, die mein Unterbewusstsein mir um die Ohren schleuderte, stimmten.

Aber dann entschied ich mich plötzlich. Und hätte ich mich in diesem Moment nicht entschieden, wäre ich definitiv nicht mehr auf Erden unterwegs gewesen.

"Nein.", sagte ich leise und schaute Roy fest in die Augen. Ich wusste ganz genau, dass überall seine Leute auf uns warteten.

"Wie bitte?", rief Roy höhnisch, "Das Nesthäkchen hat was zu sagen!" Er lachte abwertend und sah mich dann, auf eine Wiederholung wartend an. Aber nicht wirklich interessiert.

Ich fasste all meinen Mut, atmete tief ein.

"Nein!", schrie ich mit aller Kraft. Ich ließ nicht zu, dass mein Leben zu Ende war. Es würde später vielleicht noch okay werden - nicht in Ordnung, aber okay. Ich würde nicht sterben, ich würde mich wehren!

Und unmittelbar nachdem ich es ausgesprochen hatte, nachdem Roy mich irritiert angeguckt hatte, Frank und Miles mich verständnislos gemustert hatten, packte ich meinen Großonkel und Miles und rannte los.

Es war kein Plan, es war keine ausgeklügelte Idee, keine Option, die Sicherheit verschaffte, und auch keine richtige Flucht.

Es war die letzte Chance. Mehr nicht.

Roy lachte kurz auf und brüllte danach etwas Unverständliches in den Wald. Es war klar, dass es nicht "Lasst sie gehen" war, es war auf jeden Fall ein Befehl, uns zu folgen.

Aber ich würde mich um alles in der Welt nicht umdrehen, nicht stehen bleiben. Ich würde weiterrennen. Und nicht nur um mein Leben.

Von überall stürmten Uniformierte zwischen den Bäumen hervor und stoben auseinander wie Fliegen. Alles um uns einzukesseln, doch das gelang ihnen nicht. Wir waren zu schnell, meine Füße trugen mich wie der Wind und selbst Miles mit seinem schmerzenden Knöchel wusste, jetzt war keine Zeit, zu schwächeln. Frank rannte hinter mir, Miles geschützt zwischen uns. Er war zwar größer und älter als ich, aber mit seinem verstauchten Fuß war er so gut wie ausgeliefert. Wie ein Fisch in der Wüste.

Von den Seiten suchten starke Hände an unseren Klamotten nach Halt, um uns im nächsten Moment wegzureißen und niederzustechen. Doch ich schlug sie weg und bahnte mir einen Weg durch die Leute. Ob ich sie mit den Ellenbogen wegstieß oder sie einfach überrannte - ich schaffte es, erfahrenen Kämpfern zu entkommen.

Ich musste sichergehen, dass Miles und Frank noch hinter mir waren, aber umdrehen war tödlich. Schließlich entschied ich mich, zu rufen.

"Miles? Frank? Seid ihr hinter mir?", rief ich leicht panisch.

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