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Ich hasse Regen. Regen erinnert mich an Tränen, an Tränen der Freude und ich will mich nicht freuen. Es gibt keinen Grund dazu, schon seit Jahren nicht mehr.

Ich kann das gleichmäßige tropfen nicht mehr hören, halte mir die Ohren zu und laufe schnell weiter, die Weinflasche unter den Arm geklemmt und das dicke Kuvert in der linken Jackentasche.

Das Haus kommt immer näher, warum kann es nicht auch laufen? Schnell, schneller als ich, unerreichbar. Doch es ist festgewachsen, hat seine Wurzeln tief in den Boden geschlagen.

Bald wird alles vorbei sein. Ich kann sein verhasstes Gesicht direkt vor mir sehen, das arrogante Lächeln, dass mein ganzes Leben zerstört hat. Ich tue das Richtige, niemand wird ihn vermissen, niemand wird mich finden.

Hinter den riesigen Fenstern brennt kein Licht. Vielleicht schläft er schon, ich sollte wieder umdrehen. Nein! Ich muss es tun, es ist das Richtige. Er hätte all das nicht tun dürfen, er verdient nichts besseres.

Ich stehe direkt vor seiner Tür, ich muss nur klingeln. Nichts weiter tun, als meinen Arm ausstrecken und den Knopf betätigen. Warum tue ich es nicht? Ich will das fröhliche Tanzen des Regens nicht mehr hören, will die feuchte Erde nicht mehr riechen, die mich an warme Sommertage erinnert.

Ein Schrei entfährt mir, als die Tür sich auf einmal öffnet und ich in sein Gesicht blicke. Habe ich doch geklingelt? Ich sehe keine Angst in seinen Augen, warum auch? Er kann meine Gedanken schließlich nicht lesen.

Er bittet mich gut gelaunt hinein, kein Funke von Reue in der Stimme. Ich setze eine freundliche Maske auf und folge ihm ins Wohnzimmer. Ich bin gut darin meine Gefühle zu verbergen, ich muss gut sein, es rettet mir das Leben.

Er bietet mir einen Platz auf der gigantischen Couch an und ich übergebe ihm die Flasche die ich mitgebracht habe. Wein, eindeutig nicht mein lieblings Getränkt und das weiß er auch von unseren letzten Treffen, deswegen wundert er sich nicht, dass ich ein Glas Martini bevorzuge. Das ist gut so, sehr gut.

Ich kaue nervös auf meinem Kaugummi herum, als er in die Küche verschwindet um Gläser zu holen. Mein Blick schweift durch den Raum, wahrscheinlich das letzte Mal, hoffentlich. Ich mochte dieses Haus nie, viel zu ordentlich, viel zu modern. An den weißen Wänden hängen keine Fotos, so als würde er auf dieser Welt leben, ohne irgendjemanden zu kennen, ohne eine Person die ihm etwas bedeutete. Wahrscheinlich ist es auch so, wahrscheinlich ist das Geld sein einziger Freund, seine Familie. Er muss ein sehr trostloses Leben führen, deshalb ist es nicht schlimm was ich tun werde, ich werde niemand andere verletzen, nur ihn. Ich tue das Richtige!

Ich schrecke auf, als er die Getränke auf dem gläsernen Couchtisch abstellt. Glastisch, nein denk nicht daran, es ist Vergangenheit. Abgeschlossen, für immer.

Mit dem freundlichsten Lächeln das ich zustande bringe schenke ich ihm Wein ein und nehme mein Martini Glas entgegen. Ich bekomme kaum mit, was er zu mir sagt. In spätestes einer halben Stunde, wird auch er es vergessen haben, es hat also keine Bedeutung, nicht für ihn, nicht für mich, für niemanden.

Gelegentlich nicke ich zustimmend um den Schein zu waren, aber er redet sowieso ohne Punkt und Komma und stellt keine Fragen. Er stellt nie Fragen, nur Bedingungen.

Ich beobachte wie er einen Schluck nach dem anderen von dem Wein trinkt, ich beobachte ihn wie eine Katze eine Maus, doch es fällt ihm nicht auf. Hoffentlich schläft er ein, bevor wir zu dem eigentlichen Grund unseres Zusammentreffens kommen. Hoffentlich, aber ich habe fast nie Glück.

Stille. Hat er mich etwas gefragt? „W...wie bitte?" „ Möchtest du noch etwas trinken?" Er ist immer noch freundlich, keine Spur genervt. Ich nicke, zwinge mich zu einem Lächeln. Er steht auf, doch nicht lange. Es ist als wäre er von der einen auf die andere Sekunde gelähmt. Seine Beine brechen einfach unter ihm weg, können ihn nicht mehr halten.

Er wirkt verwundert, als wüsste er nicht wo er sich befindet. Schock. Ich habe nicht mit so einer Wirkung gerechnet , dachte er würde einfach einschlafen. Und tief in mir keimt ein Glücksgefühl auf. Ich weiß ich sollte mich nicht freuen, ich bin ein Mörder, doch damit habe ich mich schon lange abgefunden.

Seine Augen verdrehten sich, trotzdem kommt es mir so vor als würde sein Blick mich durchbohren, doch ich habe keine Angst vor ihm. Jetzt nicht mehr. Seine Augenlider flattern, aber es kommt mir so vor, als würde er noch alles mitbekommen, als wäre er geistig noch komplett da. Er kann das Lächeln auf meinen Lippen sehen. Er weiß, dass ich es war. Er wird sterben, doch er hat keine Angst. Ich sehe es in seinen Augen. Er versucht sich aufzurappeln, will mir den Triumph nicht vergönnen gewonnen zu haben, doch seine Bewegungen sind langsam und unkontrolliert, als wäre er betrunken.

Ich möchte nicht sehen wie er stirbt. Ich stehe auf, gehe mit dem Martini Glas in die Küche und wasche es ab. Keine Spuren hinterlassen!

Ich höre wie er mich auslacht. Warum? Ich habe gewonnen, nicht er. Ich will fort, lasse das Glas einfach stehen. Ist doch egal. Niemand wird mich finden, niemals. Ich laufe den Flur entlang und hinaus ins Freie. Ich lasse ihn hinter mir, ein für alle mal. Ich fühle mich frei, frei wie ein Vogel.

Es regnet immer noch, doch es stört mich nicht. Ich mag den Regen. Er erinnert mich an Triumph, an Sieg, an Freiheit.

Schwarzer RegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt