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Ich sehe sie fallen, sehe wie ihre goldenen Haare im Wind flattern, wie sich ihr himmelblaues Kleid aufbauscht.

Ich höre ihre Stimme, die Stimme eines Engel, doch dieses Mal ist sie zu einem entsetzlichen Schrei verzogen, ein hilfloser Schrei, denn sie weiß, dass sie sterben wird.

Ich starre ihr einfach hinterher, kann nichts tun, mich nicht rühren. Ich spüre den Schmerz in meinem Arm nicht, sehe nur die scharfen Scherben, die darin stecken.

Alles kommt mir so vor, als würde ich es durch einen dünnen Schleier erblicken, es nur aus einer weiten Entfernung beobachte, als wäre ich nicht an dieser Situation beteiligt.

Ich höre das dumpfe Geräusch, als sie auf dem Boden aufschlägt, höre die plötzliche Stille, als ihr Schrei verstummt.

Ein Zittern fängt an in mir zu wachsen und ich kann nichts dagegen tun. Hilflos stolpere ich ein paar Schritte zurück, weg von dem sperrangelweit geöffneten Fenster, weg von ihr.

Ich schleppe mich aus dem Haus, laufe, laufe wohin mich meine Beine tragen. Es beginnt zu regnen, erst nur ein paar vereinzelte Tropfen, dann immer mehr und immer stürmischer.

Der Wind heulte um mich, reißt an meiner Kleidung. Es kommt mir so vor, als würde die Welt weinen, weinen über den Verlust einer Seele, über den Verlust ihrer Seele.

Seit diesem Tag weiß ich was die Gesellschaft mit mir anstellen kann, weiß ich wie uns unsere Träume zerstören können uns zu bösen, garstigen Kreaturen formen.

Ich habe an diesem Tag erfahren, wie selbstsüchtig wir wirklich sind, wir schrecken nicht einmal davor zurück anderen weh zu tun, Menschen die für einen alles bedeuten. Sie werden auf einmal wegen unwichtigen Dingen wertlos.

Sie bedeutete mir alles. Alles, und gleichzeitig nichts.

Schwarzer RegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt