Kapitel 18

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"Okay, also hat Mission 'O.R.I.O.N beobachten' jetzt begonnen?", fragte Thomas, wobei Phil einen leicht skeptischen Unterton in seiner Stimme erkannte. "Gab es sonst noch etwas, was wir zu besprechen haben? Oder ist die Gruppensitzung beendet?" Während die anderen Jonas ansahen, als würden sie erwarten, dass er die Frage beantwortete, betrachtete dieser Thomas nur für eine Zeit lang aufmerksam. Thomas fragte sich, ob Jonas nur nachdachte, oder seine Gedanken nach irgendetwas durchforstete. Bei dem Gedanken daran wurde ihm unwohl. "Ich denke", fuhr Jonas schließlich fort. "Wir sollten etwas gegen deine Blockade unternehmen." Dabei tippte er sich mit zwei Fingern an die Schläfe. Thomas warf Jonas einen misstrauischen Blick zu. Erinnerungen an die Zeit, als seine Blockade gerade frisch war, und er wieder und wieder bei dem Kampf gegen sie das Bewusstsein verloren hatte durchströmten ihn aufs neue. Seine Fähigkeit, Illusionen zu erschaffen hatte ihm schon genug Qualen bereitet, und erst recht in dieser Gruppe wollte er sie nicht noch einmal durchleben. "Nein, das ist keine gute Idee", widersprach er deswegen. "Es funktioniert nicht. Ich selbst hab es schon oft genug versucht." Gleichzeitig blinzelte er mehrmals, um die Erinnerungen an den vergangenen Schmerz zu verdrängen. Allein der Gedanke daran, ihn wieder durchleben zu müssen erfüllte ihn mit einer Angst, die er nicht vor den anderen zugeben wollte, und wenn er daran dachte, dass Jonas wahrscheinlich davon schon alles wusste, wurde ihm übel. "Ich weiß", erwiderte Jonas. In seiner Stimme lag etwas Mitfühlendes, fast, als wenn er sich für das entschuldigen wollte, was Thomas widerfahren war. Obwohl das für diesen keinen Sinn ergab. Er hatte ja mit dem Ganzen nichts zu tun gehabt, also sollte er lieber aufhören, in seinen Gedanken herumzuwühlen, und dadurch so zu tun als würde er ihn kennen. "Tut mir leid", antwortete Jonas auf seine Gedanken. "Aber ich sagte bereits: Ich kann nichts dagegen tun." Thomas verdrehte genervt die Augen, doch Jonas redete einfach weiter. "Eine Blockade ist meistens etwas Mentales. Und ich könnte versuchen, sie zu lösen. Natürlich ist es deine Entscheidung, aber du wärst damit stärker." "Und vielleicht auch etwas nützlich für uns", fügte Kat schnippisch hinzu, wofür sie sich von Jonas erneut einen bösen Blick einfing. Thomas schaffte es, Kats Kommentar zu ignorieren, stattdessen sah er Jonas halb misstrauisch, halb nachdenklich an. Phil beobachtete ihn genau. Er wusste nicht, was er von Jonas' Idee halten sollte. Einerseits freute er sich, dass Thomas zumindest in dem Punkt geholfen werden konnte, andererseits hatte er Angst darum, dass dabei etwas schief gehen könnte. Er hatte zwar keine Ahnung, wie genau eine Blockade funktionierte, oder wie man sie lösen konnte, ging aber gleichzeitig davon aus, dass sie nicht so leicht zu lösen sein würde, erst recht, wenn Thomas schon so oft bei dem Versuch gescheitert war. "Bist du sicher, dass du sowas kannst? Blockaden lösen?", fragte Phil Jonas, nachdem Thomas eine kurze Zeit über nicht geantwortet hatte, weil er nachdachte. "Ja, ich schätze schon", antwortete Jonas, obwohl er dabei leicht verunsichert klang. "Ach ja?", hakte Phil nach, der die Stirn gerunzelt und die Arme vor der Brust verschränkt hatte." Wie oft hast du sowas denn schon gemacht?" Thomas sah seinen Freund leicht verwirrt an. Der ungewöhnlich scharfe Ton, mit dem Phil die Frage gestellt hatte war ihm nicht entgangen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Phil sich so besorgt um ihn verhalten würde, eher hatte er gedacht, dass er Jonas vertrauen und denken würde, dass er Thomas helfen konnte. "Ich... Na ja. Nie. Aber ich weiß, was ich tun muss." "Ach ja? Woher?", erwiderte Phil skeptisch. Jonas wurde leicht blass und senkte den Kopf und Phil meinte für einen kurzen Moment einen dunklen Schatten wie eine Erinnerung die ihn bedrückte, über sein Gesicht huschen zu sehen, doch bevor er Jonas dazu auffordern konnte, seine Frage zu beantworten, mischte Thomas sich ein. "Phil, warte" Dann sah er zu Jonas. "Ich denke, wir sollten es versuchen." "Bist du dir sicher?", fragte Phil besorgt. Thomas schüttelte mit dem Kopf. "Nein, bin ich nicht", antwortete er relativ leise. "Aber ich will meine Kräfte endlich wieder haben. Und das kann ich nicht, wenn ich mich hinter meiner Angst verstecke." Dabei funkte ein Hauch Entschlossenheit in seinen Augen auf, die Phil zugleich erfreute und besorgte. Er hatte keine Ahnung, wie mächtig sein Freund sein würde, wenn er seine vollen Kräfte zurückerlangt hatte, und er wusste nicht, was Thomas dann damit anstellen würde. Was, wenn er seinen Rachefeldzug gegen O.R.I.O.N fortsetzte? Und dabei möglicherweise noch selbst verletzt wurde? Vielleicht war die Lösung der Blockade am Ende doch nichts Gutes. Phil sah zu Jonas, der seinen Blick nachdenklich erwiderte bevor er schließlich verständnisvoll nickte. "Versuch, ihm zu vertrauen", hörte Phil Jonas' Stimme in seinen Gedanken. Verwirrt blinzelte er. Er hatte nicht daran gedacht, dass dieser auch zu so etwas fähig war. Obwohl es eigentlich logisch erschien. "Du weißt schon, was zwischen uns los ist? Vertrauen ist da ziemlich Mangelware", erwiderte er in Gedanken, wobei er von seinen eigenen Worten überrascht war. Er hatte nicht gedacht, dass er solche Probleme damit hatte, dass sein Freund eben das Monster war, welches er all die Jahre bekämpft hatte. Er hatte bisher alles hinter seiner Besorgnis um Thomas verdrängt, sodass alles andere in den Hintergrund gerückt war. Unwillkürlich tauchte in seinem Gedanken die Frage auf, was er tun würde, wenn Thomas so weiter machen wollte, wie er es bereits als Phantom getan hatte? Konnte er ihn weiter bekämpfen? Und, wenn nicht, konnte er zulassen, dass er sich oder andere weiterhin so in Gefahr brachte? "Wir versuchen es erst einmal", sagte Jonas an Thomas gewandt, wobei Phil das Gefühl hatte, dass er gleichzeitig auch zu ihm sprach. Thomas nickte. "Okay, wann?" "Ich dachte, jetzt", erwiderte Jonas schulterzuckend. "Jetzt?", wandte Phil überrascht ein. Jonas nickte. "Wir müssen dafür nichts vorbereiten oder so, also können wir es genauso auch jetzt versuchen." Er warf einen kurzen, prüfenden Blick zu Thomas. "Außer natürlich, du würdest lieber noch etwas warten", fügte er dann vorsichtig hinzu, doch Thomas schüttelte energisch mit dem Kopf. "Nein, wir können anfangen." Kat stöhnte genervt auf. "Na toll. Dann tut es auch endlich." Jonas warf ihr einen scharfen Blick zu, worauf sie kurz zusammen zuckte, ihn anschließend wütend anfunkelte, aufsprang und aus dem Raum stolzierte. Phil fragte sich, ob Jonas wohl in Gedanken etwas zu ihr gesagt hatte, und wenn ja, was es gewesen war, was sie so wütend gemacht hatte. Jonas sagte nichts darauf, er lächelte nur und zuckte mit den Schultern, als wollte er sich bei Phil und Thomas für Kats Verhalten entschuldigen. "Na ja, ich schätze, wir sollten in ein anderes Zimmer gehen. Damit man sich besser konzentrieren kann." "Viel Glück", sagte Charlie, wobei er leicht unsicher lächelte. Entweder hatte ihn Kats Wut erschreckt, oder er spürte auf irgendeine Weise Thomas' Angst und Phil's Bedenken bei dem Vorhaben, sodass er es genauso skeptisch sah wie sie. "Ihr könnt auch gerne hier bleiben. Würde mich mal interessieren, wie so etwas aussieht", wandte Cole scherzend ein, wobei Felix zustimmend nickte. Jonas schüttelte mit dem Kopf. "Nichts gegen euch, aber ihr stört die Konzentration." Dann stand er auf und sah zu Thomas. "Also, kann's losgehen?" Thomas nickte knapp und stand auch auf, und auch Phil erhob sich von seinem Platz. "Ich komme auch mit",sagte er. Jonas hob schon zu einem Widerspruch an und wollte ihm sagen, dass auch er die Konzentration stören könnte, doch ein kurzer Blick in Phil's Gedanken verriet ihm, dass dies ein fruchtloses Unterfangen sein würde. Er seufzte leise. "Also gut, dann los." Damit verließ er das Wohnzimmer, während Phil und Thomas ihm folgten. "Wir haben eine Art 'Trainingsraum', dort können wir es probieren", erklärte Jonas, bevor er kurz mit dem Kopf schüttelte. "Erinnert mich daran, dass ich euch einmal das ganze Haus zeige. Es ist eigentlich unhöflich, das nicht zu tun, und ich glaube nicht, dass es den anderen von selbst einfallen würde." Phil musste bei der Bemerkung leicht schmunzeln. "Okay", erwiderte er. Thomas sagte darauf nichts. Er hatte die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen gepresst und schien ganz in Gedanken versunken.

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