Kapitel 25

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Phil ließ Thomas keine Zeit, um abzuschätzen, was er in den nächsten Momenten tun würde. Er stürzte sich auf ihn, wobei Thomas ihm nur knapp ausweichen konnte. Er wusste, dass er nicht den Hauch einer Chance hatte. Die hatte er selbst dann nicht gehabt, als er noch als das Phantom gegen Neuromind gekämpft hatte. Sie waren nur deswegen ebenbürtig gewesen, weil er Phil in dem Glauben gelassen hatte, dass das Phantom viel stärker sei als er. Und weil Phil, wie sehr er ihn auch gehasst hatte, viel zu gut war um brutal und blutig zu kämpfen. Das war jetzt vorbei. Er konnte Phil weder Angst machen, noch würde dieser Rücksicht nehmen. Thomas spürte, wie er Angst bekam. Angst davor, zu sterben. Er wollte weg Rennen, doch er wusste, dass er es nicht weit bringen würde. Er wollte zurückschlagen, doch er wollte Phil nicht verletzen. Letztendlich blieb ihm nur noch eines, das er tun konnte. Er machte sich wieder unsichtbar und trat schnell einige Schritte zur Seite. Phil sah wütend auf die Stelle, wo er vorher gestanden hatte. "Du Feigling!", spie er. "Zeig dich!" Thomas zeigte sich nicht wieder, sondern erschuf dort eine Illusion von Dunkelheit, die sich rasch in dem Raum ausbreitete. Phil knurrte wütend. "Lass die Spielereien, Phantom. Es ist vorbei." Thomas jedoch erschuf mehrere Illusionen von sich selbst, die alle um Phil herum standen, bevor er die Dunkelheitsillusion wieder hob. Sein Kopf dröhnte von der Anstrengung, die die Nutzung seiner Kräfte mit sich brachte. Phil fuhr herum, betrachtete jede Version des Phantoms, um herauszufinden, wer heraus fiel, wer die echte Version war. "Du weißt, dass das nichts bringt", sagte er wütend. "Es wäre viel einfacher, wenn du mit diesem Versteckspiel aufhören würdest." Mit den letzten Worten klang seine Stimme etwas netter, fast als wollte er ihm gut zureden. Doch Thomas spürte, wie wenig davon echt war, antwortete nicht und blieb unsichtbar. Als er merkte, dass seine Hände zitterten, ballte er sie zu Fäusten. Er überlegte fieberhaft, was er tun sollte. Wegrennen? Vielleicht konnte er es zu dem Port schaffen, wenn er unsichtbar blieb. Langsam machte er ein paar Schritte von Phil weg, jedoch nur um kurze Zeit später gegen eine unsichtbare Wand zu stoßen. Phil grinste grimmig. "Du kommst hier nicht weg, Phantom. Ich habe eine telekinetische Mauer um uns errichtet. Du kannst weder fliehen, noch dich ewig vor mir verstecken. Also gib auf." Thomas beobachtete Phil unruhig, während er versuchte, eine Stelle zu finden, wo er möglichst weit von der Mauer von von Phil entfernt sein würde. "Na schön", murmelte Phil leise als Thomas nicht antwortete, dann hob er eine Hand und richtete sie auf die Küche, in der es kurz darauf zu Klirren begann. Erschrocken beobachtete Thomas, wie ein Dutzend scharfer Messer aus der Küche auf sie zuflogen. "Ich mache dir ein Angebot", sagte Phil. Am liebsten hätte Thomas ihn anders genannt, denn das, was er noch war, hatte kein bisschen Ähnlichkeit mit seinem Freund. Leider fiel ihm in dem Moment nichts Passendes ein. "Ich lasse diese Messer solange durch den Raum fliegen, bis du dich entweder zu erkennen gibst oder sie ihr Ziel treffen." Thomas rührte sich nicht und schwieg. Er war sich sicher, dass keine der Möglichkeiten gut ausgehen würde. Er hielt die Illusionen von sich selbst und die Unsichtbarkeitsillusion über sich und atmete tief durch. "Wie du meinst", sagte Phil mit einem gefährlichen Halblächeln, bevor er die Messer fliegen ließ. Sie flogen blitzschnell und in allen möglichen Höhen und Richtungen, sodass es kaum möglich war, ihnen auszuweichen. Wenn sie durch eine Illusion flogen, durchquerten sie sie mühelos ohne von ihrem Kurs abzukommen. "Fake", murmelte Phil jedes mal, wenn sie es taten, als würde er jede einzelne auf einer Liste abhaken. Es dauerte nicht lange, bis ein Messer sich in Thomas' Schulter bohrte. Ein scharfer Schmerz durchzuckte ihn und trat in Einklang mit dem dröhnenden Pochen in seinem Kopf. Für einen Augenblick war er unkonzentriert und ließ die Abbilder von sich wie seine Unsichtbarkeitsillusion fallen. Einen Moment später hatte er die Kontrolle zurück, doch es war nun nutzlos. Phil hatte ihn bereits gesehen. Allein die sich wandelnden Gesichtszüge, die ihn als Phantom maskierten, waren ihm geblieben. "Das war einfach", sagte Phil schlicht, aber mit einem zufriedenen Unterton in der Stimme. Thomas schwieg. Was sollte er auch sonst tun? Er wünschte sich Phil zurück. So, wie er vorher war, und er hatte keine Ahnung, wie er das schaffen sollte. Er kämpfte schon genug darum, die Angst und den Schmerz zu unterdrücken, und konnte keinen rationalen Gedanken fassen, der Phil irgendwie helfen würde. Phil ließ die restlichen Messer, die reglos in der Luft schwebten, achtlos fallen, packte Thomas anschließend mit seiner Telekinese und drückte ihn unsanft gegen die nächste Wand. Dort ging er ein Stück auf ihn zu, blieb jedoch wenige Meter vor ihm stehen. "Und was jetzt?", fragte Thomas, während er sich selbst verfluchte, dass ihm nichts Besseres einfiel. "Was jetzt ist?", fragte Phil. Dabei lächelte er grimmig. "Nun. Du weißt, was jetzt kommt. Nämlich das Ende." "Klar", entgegnete Thomas trocken. Irgendwas - vielleicht die Hoffnungslosigkeit der Situation - sorgte dafür, dass er seine Angst plötzlich verdrängen und sich zusammenreißen konnte. "Für das Ende stehst du immernoch verdammt weit weg von mir. Oder bist zu zu feige, um mich mit deinen eigenen Händen zu töten und lässt deine Kraft für dich die Drecksarbeit erledigen?" "Es spielt keine Rolle, wie du stirbst." Phil kam etwas näher. "Nein, natürlich nicht", antwortete Thomas. "Aber du willst doch Rache nehmen, oder? Denn die Wut, die du spürst, beruht nicht nur auf Gerechtigkeit. Sonst wärst du nicht so wenig du selbst. Denn Phil würde niemals Rache nehmen, egal wer ihm was angetan hätte." "Du versiehst dich. Denn ich bin ich-" Thomas unterbrach ihn. "Ja, ja. Du bist du selbst. Das kannst du eigentlich nicht beurteilen, aber du sitzt gerade am längeren Hebel, von daher lassen wir das Thema." Phil musterte ihn skeptisch. "Du wirst endlich das kriegen, was du verdienst, Phantom", sagte er dann, während er den Griff des Messers, das noch immer in Thomas' Schulter steckte. Dieser unterdrückte einen Aufschrei und biss die Zähne zusammen. Schließlich schaffte er es, zu nicken. "Ja, werde ich", erwiderte er dann ruhig. "Und gemessen an dem, was ich getan habe, ist es höchste Zeit. Ich wünschte bloß, du würdest das nicht tun müssen. Denn wenn in dir noch irgendwas von dem ist, was mal mein Freund war, wird er damit Probleme haben." Phil stand jetzt direkt vor ihm, ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. "Glaub mir, in mir ist nichts, das mit dir befreundet ist oder sein würde. Und generell denke ich nicht, dass irgendjemand es bereuen würde, wenn du diese Welt verließest und in das Loch zurückkehrst, aus dem du gekrochen warst." "Doch. Es gibt einen, der das bereuen würde. Und das bist du. Zumindest der, der du vor Stunden noch gewesen bist", antwortete Thomas. Er konnte nicht verhindern, dass die Verzweiflung in seiner Stimme Einzug nahm. "Glaubst du wirklich, dass es den Phil jemals gegeben hat?" Phil lächelte gehässig. "Vielleicht hab ich dir ja auch nur alles vorgespielt. Eine einzige, große Farce." Thomas schüttelte mit dem Kopf. "Das hättest du nicht getan. Du bist immer der Moralische von uns gewesen. Verdammt, ich hab mich immer gewundert, wie jemand so gut sein kann. So rein." "Vielleicht war all das gespielt. Eine Illusion, so wie du deine schaffen kannst. Ein einziges Lichtbild."
In Thomas Kopf taten sich Bilder von Phil auf, der ihn nur belog. Er stellte sich vor, wie er ihn mit seinem typischen, warmen Lächeln anlächelte, dass sobald Thomas wegsah zu einer kalten Maske wurde. Thomas erschauderte und schüttelte das Bild ab. "Hör auf damit. Lass es einfach, es wird sowieso jetzt nichts mehr zur Sache tun." Phil nickte. "Aber weißt du was?", fuhr Thomas fort. "Ich kann es verstehen. Diese Wut, die du in dir hast. Dieses Verlangen, dich zu rächen. Das hatte ich auch. In dem Punkt sind wir gleich." Phil hielt inne, dann kniff er die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. "Du irrst dich", sagte er. "Wir sind nicht gleich." Dabei fasste er wieder den Griff des Messers und bewegte es, sodass es sich tiefer in Thomas' Wunde bohrte. Dieser keuchte vor Schmerzen auf und biss die Zähne zusammen, bevor er sich zwang, weiterzusprechen. "Doch. Du bist wütend, oder? Du denkst, dass ich es verdient habe, zu leiden. Das dachte ich über O.R.I.O.N auch." "Aber ich bin gut. Ich will Menschen helfen", erwiderte Phil. Seine Stimme klang weiterhin kalt. "Ich dachte auch, dass uns geholfen wäre, wenn ich jeden einzelnen O.R.I.O.N Mitarbeiter umbringen würde. Jeder denkt, dass er gut ist. Das gibt keine Garantie, dass er es auch wirklich ist." Phil antwortete kurzzeitig nichts. "Wir sind nicht gleich", erwiderte er dann. Es klang etwas mechanisch. "Doch." Thomas sah ihn fest an. "Und du kannst es mir sogar beweisen, indem du genau das tust, was du tun willst." Phil sah ihn nun etwas länger an. "Wir. Sind. Nicht. Gleich", wiederholte er wieder, es klang fast mechanisch. "Du... du bist anders. Du bist abartig. Böse." "Und du wirst dasselbe tun, was ich getan habe", sagte Thomas. "Das macht dich zu meinem Ebenbild." "Sei verdammt noch mal endlich leise", fuhr Phil ihn an. "Du irrst dich nämlich. Du, Phantom, bist ein Monster. Und nichts an dir gleicht mir." Thomas musterte Phil, der hasserfüllt zurückstarrte. "Ich verstehe, wie wütend du bist", sagte Thomas schließlich ruhig. "Und ich weiß, wie sehr du deine Wut rauslassen willst. Ich kenne das, von jedem Mal, wenn ich mich an irgendeinem von O.R.I.O.N gerächt habe." "Hör auf, den Guten zu spielen. Du verstehst gar nichts. Du willst mich nur manipulieren. Du willst, dass ich Sympathie für dich empfinde. Aber das tue ich nicht. Und das werde ich auch nicht. Du wirst alleine sterben, Phantom." Bei dem letzten Satz spürte Thomas, wie ihm das Herz in die Hose sank und er die Hoffnung verlor. Er schüttelte mit dem Kopf. "Nein, ich verstehe das, Phil", sagte er dann. "Also tue es. Lass deine Wut raus und nimm Rache an mir." "Liebend gern" Phil grinste leicht spöttisch, doch er klang wieder seltsam mechanisch. Auch sein Grinsen erreichte nicht seine Augen. Dann zog er das Messer aus Thomas' Schulter. Dieser biss wieder die Zähne zusammen und gab keinen Laut von sich. "Siehst du?", sagte er dann lächelnd, Thomas glaubte aber Heiserkeit in seiner Stimme zu hören. "Ich mache es selbst. Keine Telekinese." Dann setzte er das Messer auf Thomas' Brust an.

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