Blaue Augen

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Milch
Eier
Kekse

Oh ja!! Die Kekse darf ich auf keinen Fall vergessen. Wenn mein Bruder und ich nicht unser Hauptnahrungsmittel bekommen, dann gibt es bei uns nur schlechte Laune und die hat man im Leben schon genug.

Ich griff nach meinen Lieblingsschokokeksen und warf sie in den Einkaufswagen hinein. Ein bisschen das Einkaufen auflockern, ist ja immer okay.

Mit einem Grinsen lief ich weiter. Heute hatte ich sehr gute Laune und musste die ganze Zeit lächeln, weil mein Buch mit einem Happyend aufhörte. Sowas machte mich immer glücklich. Zu wissen, dass es in ihrer Welt immer gut ausgeht. Das lässt mich Hoffnung schöpfen, für meine eigene Geschichte.

Ich liebe Bücher einfach! Meine Mama sagte immer zu mir:"Du musst auch mal wieder in die Realität kommen, mein Schatz."
Das Problem bei mir war nämlich, dass ich immer viel zu sehr mit den Figuren litt. Ich fühlte mich so ein, dass ich auch in dieser Welt lebte. So, dass ich aus unserer entfliehen konnte.

Manchmal war diese Empathiefähigkeit nicht so toll, weil man dann dauernd weinen muss, aber oft war ich auch froh so einfühlsam zu sein.

Ich schob meinen Wagen in den nächsten Gang und suchte, mit meinen Augen, die Fächer nach den Eiern ab. Als ich sie dann endlich gefunden hatte, wollte ich sie gerade in den Einkaufswagen legen, als mir hinten etwas sehr schweres in den Rücken fiel. Alle spassierte ganz schnell. Durch dieses etwas konnte ich mein Gleichgewicht nicht mehr halten und flog mit den Eiern in der Hand auf den Boden zu.

Ich kniff leicht meine Augen zusammen und streckte sofort meine Arme aus, um mich selbst abzufangen. Immerhin brauchte ich nicht noch einen blauen Fleck! Jedoch vergaß ich die Eier in meiner Hand und so hörte ich nur noch das Knirschen der Schalen, als sie zerbrachen.

Ich schaute mich um und musste zu meinem Leidwesen feststellen, dass die Eier überall waren. In meinen Haaren, auf dem Boden, an meiner Jacke, in den unteren Bereichen des Regals und noch vieles mehr. Überall sah man sie.

Erschrocken blieb ich dort sitzen, wo ich gelandet bin und dachte nichts mehr. In solchen Momenten ist man so sehr geschockt, dass man eigentlich nicht fassen kann, was man selbst angerichtete hat.

Als ich realisierte, dass ich jetzt mal schleunigst aufstehen muss, um nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, war es schon zu spät. Eine Verkäuferin kam mit schnellem Schritt auf mich zu und ihr Gesischtsausdruck schwankte zwischen sauer und besorgt. Das konnte ich schon verstehen. Immerhin ist das ganz schön viel Arbeit, was ich hier gerade fabriziert habe.

Mit einem schlechten Gewissen versuchte ich aufzustehen und dabei nicht in das Gelbe um mich herum zu treten. Als ich es dann endlich geschafft hatte, war die Verkäuferin bei mir angelangt. Auf ihrem Namensschildchen stand Frau Meier.

"Mein Gott, Kind! Was haben sie gemacht und wie konnte das überhaupt passieren? Es ist ja bestimmt nicht so schwer, mal einen Eierkarton ordentlich in seinen Einkaufswagen zu legen!" sagte Frau Meier. Mit einem schuldbewussten Blick sah ich zu ihr auf. "Es tut mir leid. Ich weiß selbst nicht so genau, wie das passieren konnte. Irgendetwas hat mich plötzlich zu Fall gebracht und ich wollte mich noch abfangen und hatte die Eier dabei total vergessen, was wiederum die Sauerei hier erklärt. Es tut mir wirklich leid. Holen sie mir bitte einfach etwas mit dem ich das hier wegmachen kann und dann ist alles wieder wie vorher."

Diesmal schaute Frau Meier nicht mehr wütend aus und mit sanfter Stimme sprach sie nun zu mir:" Ist okay Kindchen. Ich gehe dir jetzt noch schnell einen Lappen holen und dann brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen." So verschwand sie mit ihrem Namensschildchen um das nächste Regal.

Na super!! Jetzt stand ich hier alleine und musste ein ziemlich komisches Bild abgeben mit meiner ganzen Erscheinung. So hatte ich Zeit zum Nachdenken und ließ nochmal den Unfall vor meinem inneren Auge ablaufen und alles was danach passierte. So kam ich zu diesem Entschluss:

Mir war vorhin was aufgefallen, als ich der Verkäuferin schilderte, was genau passiert ist. Irgendetwas schweres war da doch gewesen!! Irgendetwas, was eigentlich für den Mist hier verantwortlich war.

Ich drehte mich um und sah zuerst auf den Boden, ob da irgendetwas lag, was nicht hierher gehörte. Doch da war nichts. Dann sah ich nach oben und schaute einem Jungen in seine  blauen Augen.

Meerblaue Augen, von welchen ich fasziniert war. Bei der Iris war das Blau sehr dunkel, fast wie der Himmel nachts. Jedoch am äußeren Rand hell, wie das Meer. Das ganze wurde noch von einem schwarzen Ring um der Farbe gekrönt, was das Blau in Bewegung zu versetzen schien. Wie erstarrt stand ich dort und sah einfach nur in diese wunderschönen Augen. Ich blendete alles aus, vergaß meine Situation in der ich mich befand und stand einfach nur da, unfähig den Blick abzuwenden. 

Plötzlich wurde ich jedoch von einem lauten Scheppern in den Ohren geweckt, was neben mir erklang und so schaute ich auf die vermeintliche Stelle und fand den Putzlappen und einen Eimer Wasser vor.

"Danke." sagte ich zu Frau Meier, welche mit einem freundlichen Nicken wieder verschwand  und mir noch, beim Gehen, hinterher rief: "Wenn du fertig bist, gibst du alles  vorne an der Kasse ab, okay?" Diesmal nickte ich. Somit verschwand sie endgültig, mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck, um das Regal.

Als ich mich wieder  zu diesen faszinierenden Augen umdrehen wollten, waren sie weg. Ich schaute jeden Menschen an, der in einem Umkreis von 10 Metern Entfernung zu mir stand, doch dieses Blau sah ich nirgendwo.

Enttäuscht schnappte ich mir das Putzzeug und fing an die Sauerei zu bereinigen.

Die Geschichte der wahren Liebe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt