Kapitel 4

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Zum Glück hatte ich bis jetzt noch keine weiteren Massagen bei Mats, doch es ist nur einer Frage der Zeit, bis ein dummer Zufall uns wieder zusammen führt. Seit anderthalb Monaten ist er jetzt schon hier und bis jetzt haben wir seit dem Vorfall an seinem ersten Tag nicht mehr gesprochen. Wenn wir uns mal über den Weg gelaufen sind, dann hat jeder seinen Blick abgewandt um die aufkommenden Gefühle so gut es geht zu unterdrücken. Erneut erwische ich mich dabei, wie ich Mats auf dem kleinen Bildschirm suche. Erschöpft lasse ich mich zurück auf die Liege fallen. Es ist zum verrückt werden. An sich haben ja alle Recht. Was spricht gegen eine Beziehung, wenn wir beide noch Gefühle für den anderen haben? Wir machen uns damit kaputt. Vielleicht sollte ich mal mit Mats sprechen. Vielleicht hilft das ja. Ich glaube, dass mache ich. Völlig in Gedanken versunken merke ich gar nicht mehr, was auf dem Spielfeld vor sich geht. Erst als die Tür aufgeht schrecke ich hoch und öffne meine Augen wieder. Mats humpelt gestützt von zwei Sanitätern rein. ,,Na Emi, gut geschlafen", begrüßt mich Peter schmunzelt. ,,Ich habe nur etwas entspannt", stelle ich direkt klar. ,,Jaja." Seit ich einmal bei meinem Dienst hier unten eingeschlafen bin, da ich total übermüdet war, werde ich damit immer von Peter aufgezogen.
,,Was ist passiert?" ,,Doch geschlafen, hm?" Mats legt sich auf die Liege. ,,Übles Foul." Ich verziehe das Gesicht. Mats ist niemand der große Shows abzieht und so wie er da liegt, scheint es ziemlich schmerzhaft zu sein. ,,Denkst du, du schaffst das alleine? Eigentlich muss ich wieder oben sein. Mach einfach die Schritte wie wir es geübt haben." ,,Okay. Falls was ist, funke ich." Peter nickt und verlässt den Raum. ,,Hat Markus schon draufgeschaut?", frage ich. Mats nickt. ,,Eisspray ist schon drauf. Aber mehr konnte er nicht machen." Ich werfe einen Blick auf seinen Knöchel, der schon ziemlich angeschwollen ist. Vorsichtig berühre ich den Fuß.
Sofort zuckt Mats zusammen.
,,Entschuldige." ,,Ist okay. Mach ruhig." Er lächelt einmal gequält. Mats trägt immer noch sein Trikot, seine Haare hängen ihm schwitzig ins Gesicht, nur vom verletzten Fuß wurde der Schuh und der Strumpf gezogen. Wieder fasse ich den Fuß an. Im ersten Moment ist die Haut wegen dem Eisspray kalt, doch nach kurzer Zeit spüre ich deutlich die pochende Hitze. ,,Achtung", warne ich vor und nehme den Fuß in meine Hand. Mats zischt einmal kurz auf, fängt sich dann aber direkt wieder. Egal wie ich den Fuß bewege, immer hat er Schmerzen. ,,Okay, also ehrlich gesagt kann ich jetzt noch nicht wirklich was machen. Wir müssen warten, bis der Schmerz etwas abgeklungen ist", erkläre ich kurz und gehe zum kleinen Kühlschrank, um ein Kühlpack rauszuholen. Dieses wickel ich ordentlich um den verletzten Knöchel.

,,Willst du was trinken?" ,,Wäre nett, ja", antwortet Mats und setzt sich etwas auf. Ich reiche ihm eine Wasserflasche und setze mich mit auf die Liege. Das mit dem reden hatte ich mir einfacher vorgestellt. ,,Eigentlich wollte ich mit dir reden", fange ich an und warte seine Reaktion ab. Überrascht sieht er hoch.
,,Aber irgendwie..." ,,Ist das nicht so einfach", beendet er seufzend meinen Satz. Ich nicke. Er lässt sich zurück auf die Liege fallen. ,,Einerseits wünsche ich mir nichts sehnlicher, als das wir wieder zusammen sind, ich deine Nähe spüren kann, so wie früher. Doch im nächsten Moment werfe ich all diese Gedanken wieder weg, weil es da diese eine Barriere in meinem Kopf gibt." ,,Genauso geht es mir auch", gebe ich leise zu. Er dreht sich etwas auf die Seite, wobei seine Hand meine kurz streift. ,,Es ist zum verrückt werden", sagt Mats und fängt an zu lachen. ,,Zwei Erwachsene, die sich aufführen wie pubertierende Teenager. Die sich nicht im klaren über ihr Gefühlschaos sind." Sein Lachen wird lauter und jetzt muss auch ich grinsen. ,,Und das alles nur, weil ich zu den bescheuerten Bayern gewechselt bin." Unser Lachen verstummt langsam wieder. Stille legt sich über uns. ,,Glaubst du wir wären noch zusammen, wenn du nicht gewechselt hättest?" Er zuckt mit den Schultern. ,,Kommt drauf an, ob etwas anderes gravierendes passiert wäre." Sein Blick wandert meinen Körper entlang und bleibt bei meinen Handgelenken stehen. Seine Lippen ziehen sich zu einem Lächeln. ,,Du hast es also noch", stellt er fest und es klingt fast so, als wäre er erleichtert. Ich folge seinem Blick zu meinem silbernem Armbändchen, dass er mir damals geschenkt hat. ,,Ich konnte es nicht entbehren. Mein Handgelenk hat sich immer so leer angefühlt." Er streicht über die dünnen, innereinander geschlungenen Linien. Seine Hand verharrt auf meiner. Er sucht mit seinen dunkelbraunen Augen nach meinem Blick und keiner von und beiden unterbricht den Kontakt. Auch nicht, als er mir immer näher kommt und ich bereits seinen heißen Atem auf meinen Lippen spüren kann. Ohne Vorwarnung wird die Tür aufgerissen. Sofort fahren Mats und ich peinlich berührt auseinander. ,,Und wie siehst es aus?", fragt Peter. ,,Wir müssen warten bis der Schmerz etwas zurück gegangen ist und die Schwellung abgeklungen ist", informiere ich ihn. Peter entfernt das Kühlpack und versucht Mats Fuß zu bewegen. Als er sein schmerzverzehrtes Gesicht sieht, legt er den Fuß vorsichtig wieder zurück auf die Liege. ,,Du hast vollkommen recht Emily, gut gemacht. Neues Kühlpack drauf und dann kannst du Mats die nächste Halbzeit Gesellschaft leisten. Ich bin drüben, Massagen machen." ,,Brauchst du dabei Hilfe?", biete ich an. Nicht um von Mats weg zu kommen, sondern einfach um höflich zu sein. ,,Nein ich hab ja Heiko und Sabrina, mehr Platz ist eh nicht, wir schaffen das schon. Kümmer du dich ruhig um unseren Schwerverletzten." ,,Hey", beschwert sich Mats empört. Peter klopft ihm auf die Schulter. ,,Schön liegen bleiben", grinst er und verlässt dann den Raum.

,,Spielst du eigentlich noch Fußball", erkundigt sich Mats nach einigen Minuten Schweigen. ,,Nein. Hab dafür keine Zeit mehr. Bin ja fast immer mit der Mannschaft unterwegs. Unsere Dorfmannschaft hat sich eh aufgelöst. Die einen sind ins Ausland, andere studieren oder arbeiten Vollzeit. Das klappt nicht mehr." ,,Schade eigentlich." ,,Ja. Aber Zeiten ändern sich nunmal." Er nickt. ,,Würdest..." Mats schluckt einmal bevor er weiter spricht. ,,Hättest du vielleicht Lust noch mal mit mir essen zu gehen? So wie früher?" ,,Glaubst du das ist sinnvoll?" ,,Nein. Eigentlich ist es sogar ne dumme Idee. Aber wen juckt es Emi. Wir können machen was wir wollen. Und eigentlich würde ich gerne einfach was Zeit mit dir verbringen. Lassen wir die Gefühle doch einfach raus und gehen wie gute Freunde essen." ,,Das hört sich gar nicht mal so schlecht an." ,,Ich würde vorschlagen wir warten ab was mit meinem Fuß ist und entscheiden dann." ,,Okay. Aber kein Wort zu deinen Kollegen. Ich will Gerüchte vermeiden, du kennst die Jungs." ,,Von mir erfährt niemand was."

Immer wieder BVBWo Geschichten leben. Entdecke jetzt