Kapitel 3

3.4K 79 0
                                    

Aus dem Fenster sehe ich Mats, wie er sich in schwarz- gelben Trainingssachen mit seinem Team aufwärmt. Heute ist sein erster Tag und irgendwie ist es ein vertrauter Anblick ihn hier so zu sehen. Und es zerreißt mich innerlich, weil ich weiß, dass wir beide noch nicht über den anderen hinweg sind. Und doch können wir nicht einfach so wieder zusammmenkommen, als ob nichts passiert wäre. Obwohl Mats das bestimmt könnte, aber ich tu es nicht. Irgendetwas in meinem Kopf blockiert es. ,,Emily, wenn du noch länger aus dem Fenster starrst, dann merkt er es irgendwann." Ich drehe mich um. ,,Nein wird er nicht. Mats ist viel zu sehr auf das Training fokussiert", antworte ich Heiko und reiße meinen Blick von Mats los. ,,Ich versteh nicht wieso du deine Chance nicht nutzt. So vieles spricht für eine neue Beziehung." ,,Und zu wenig auch." Heiko will gerade etwas antworten, als mein Handy klingelt. Mein Blick geht zu Peter. ,,Darf ich kurz?" Er nickt. ,,Mach nur. Ist ja gerade eh nichts los." Ich verlasse den Raum und nehme Toms Anruf an. ,,Dir ist klar, dass ich gerade arbeite du Idiot oder?" ,,Scheint ja nichts los zu sein, wenn du Zeit zum telefonieren hast." ,,Ja komm, was willst du?" ,,Hab Pause und Langeweile." ,,Natürlich. Was auch sonst." ,,Und wie macht er sich so?" Ich gehe aus der Tür und blicke auf den Rasen, auf welchem die Spieler gerade ein Trainingsspiel veranstalten. Wie so oft suchen meine Augen nach der Nummer 15. ,,Ganz gut. Was willst du jetzt hören?" ,,Keine Ahnung", lacht Tom. ,,Das alles macht mich momentan so fertig." ,,Was hälst du von einem Film-Fressabend?" ,,Mit Zuckerwatte und High School Musical?" ,,Natürlich." ,,Ok. Am Wochenende hab ich frei, was hälst du von Samstag auf Sonntag?" ,,Perfekt. Ich bin um vier bei dir." ,,Alles klar", stimme ich zu. ,,Okay Emi, meine Pause ist gleich vorbei. Wir sehen uns."
,,Tschüss", verabschiede ich mich und werfe noch einen kurzen Blick auf den Rasen, wobei er kurz bei dem dunkelhaarigen Innenverteidiger stehen bleibt. Kopfschüttelnd wende ich mich ab und kehre zum Physioraum zurück.

,,Emily, kannst du die Beinmassagen übernehmen? Ich würde dir morgen dann mal ein paar extra Sachen zeigen, aber heute passt das zeitlich nicht so ganz." ,,Klar. Kein Problem." Ich gehe ins Nebenzimmer und stelle mir alle Sachen schon mal hin. Da hier in dem Raum kein Fenster ist nehme ich mein Handy raus und schreibe noch etwas mit ein paar Freunden. Die Tür geht auf und Roman erscheint. ,,Hi Emi, hast mal wieder die Ehre", grinst er und schließt die Tür hinter sich.
,,Na super. Hoffentlich keine Adduktoren." ,,Ne Abduktoren."
,,Du hast noch nie Abduktoren im Einzelnen bekommen." ,,War nur ein Witz. Ich krieg heute komplett." Ich nicke. ,,Okay. Kennst das Spiel ja." Während ich meine Hände desinfiziere positioniert er sich auf der Liege. ,,Dein Ex macht sich gut beim Training." ,,Wow, bester Gesprächsanfang." ,,So bin ich halt Emi. Ich finde immer die richtigen Worte." Ich lache ironisch auf. ,,Ja bestimmt. Der perfekte Bürki ne?" ,,Aber klar doch. Fußballspieler müssen arrogant sein, damit sie ihren Ruf nicht verlieren." Er zwinkert mir zu. ,,Natürlich. Was auch sonst." Ich verdrehe die Augen und lasse meine Finger über sein Knie gleiten. Ein leises Aufkeuchen ist von ihm zu hören. Mit gerunzelter Stirn fahre ich erneut über die Stelle, doch ich kann nichts spüren. ,,Einmal bitte anwinkeln." Er führt die Bewegung aus und direkt danach strecke ich sein Bein wieder vorsichtig. ,,Tut irgendwas weh?" ,,Nichts."
,,Okay, ehrlich gesagt kann ich dir da noch nicht wirklich helfen. Am besten fragst du gleich mal Peter." ,,Mach ich."

Gerade ordne ich das Regal etwas, als die Tür aufgeht und der nächste Spieler reinkommt. ,,Hi", murmelt eine mir nur allzu bekannte Stimme. Nein. Verdammt das darf nicht wahr sein. Natürlich war mir klar, dass ich früher oder später mit ihm in Kontakt komme, aber heute schon? Wieso Karma, was habe ich dir bloß getan? Ich drehe mich um. ,,Hey", entgegne ich und zwinge mich zu einem Lächeln. Etwas unbeholfen steht Mats im Raum und weiß nicht so recht was er machen soll. ,,Ich komme nicht drumherum, also leg dich hin, umso schneller haben wir beide es hinter uns." Er nickt zustimmend. ,,Was steht an?", frage ich und widerstehe dem Drang in sein vertrautes Gesicht und seine liebevollen Augen zu schauen. Er schluckt einmal. ,,Innenschenkel, Rückschenkel und Wade." Innerlich seufze ich auf. Warum auch nicht. Wenn dann direkt volle Ladung. Kann es eigentlich noch schlimmer werden? Zögernd zieht Mats seine Hose aus und legt sich hin. Es ist nicht das erste mal, dass ich einen Spieler in Boxershort massieren muss, dass gehört dazu und mit der Zeit habe ich mich auch dran gewöhnt, aber bei Mats ruft es unvermeidbare Bilder hoch. Zaghaft setze ich meine Fingerspitzen an seinen Innenschenkel und locker die Muskeln mit kleinen Kreisen. Ich merke wie er sich unter meinen Berührungen anspannt. Seine Hände sind zu Fäusten geballt und die Muskeln sind so fest, dass ich da nichts massieren kann. ,,Mats bitte, es ist genauso schwer für mich, aber bitte reiß dich zusammen. So funktioniert das nicht." ,,Sorry", nuschelt er und entspannt sich etwas. Ich fahre mit meiner Arbeit fort. Es ist komplett ruhig, man hört nur das regelmäßige Atmen von uns beiden. Doch über was sollen wir auch groß reden? Über was unterhält man sich in so einer Situation mit seinem Ex? Da niemand von uns beiden ein Gespräch anfängt bleibt es bis zum Ende der Massage leise.
,,So das wars", unterbreche ich die Stille. Er setzt sich auf und schaut mir ins Gesicht. Unvorbereitet starre ich in seine Augen, verspühre den Drang ihn zu berühren und zu küssen, so wie früher. Mit viel Mühe wende ich mich ab. ,,Danke." Seine Stimme ist nicht laut, trotzdem habe ich es gehört, da es keine anderen Geräusche gibt, die es übertönt hätten. ,,Ist mein Job", antworte ich und versuche meine Stimme gleichgültig klingen zu lassen. Er nickt und verlässt ohne weiteres den Raum. Diese Scheiß Gefühle. Warum können sie sich nicht einfach in die hinterste Ecke meines Körpers verkriechen und nie wieder rauskommen?

Immer wieder BVBWo Geschichten leben. Entdecke jetzt