Kapitel 2

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Etwas gelangweilt sitze ich auf der Massageliege und verfolge das Spiel auf dem kleinen Monitor. Heute hab ich das Pech Dienst unten zu haben, obwohl ich bei Bayern viel lieber oben bin. Am liebsten würde ich jetzt mit Tom in der Dortmunder Kurve sitzen, doch diese Zeiten sind vorbei. Tom ist Vollzeit als Leiter in einem Fitnessstudio beschäftigt und ich hab in meinem Job auch nicht viel Zeit. Genervt seufze ich auf, als Dortmund mal wieder den Ball verliert. Immer wieder erschwische ich mich selber dabei, wie meine Augen bei jedem Kamerawechsel nach dem Innenverteidiger mit der Nummer 5 suchen. Kopfschüttelnd löse ich meinen Blick vom Spiel. Das muss aufhören. Ich muss ihn endlich komplett vergessen, ganz aus meinem Kopf verbannen. Hoffentlich wechselt er nicht zum BVB.

Abpfiff der ersten Halbzeit. Es steht immer noch 0:0 und die Spieler sind schon ziemlich kaputt, da es draußen heftig regnet. Da sogar Gewitterwarnung besteht kann es sein, dass das Spiel noch später angepfiffen wird. Die meisten Spieler gehen warscheinlich in den Whirlpool, damit sie aufgewärmt werden, was bedeutet, dass ich nicht so viel zu tun haben werde. Auf einmal geht die Tür auf. ,,Oh sorry", murmelt jemand. Moment. Das ist doch Mats. Er ist gerade wieder am rausgehen, als er auch bemerkt, dass ich hier sitze und sich wieder umdreht. ,,Emi?" Unsicher sieht er mich an. ,,So sieht man sich wieder was?" ,,Arbeitest du hier?" ,,Ja. Mach ne Ausbildung zur Physio."
,,Okay dann werde ich mal wieder gehen. Hab eigentlich unseren Physioraum gesucht."
,,Gang runter, letzte Tür rechts", antworte ich ihm. Langsam nickt er. ,,Danke." Dann verlässt er den Raum. Mein Puls kommt wieder etwas runter. Was macht der nur mit mir?

Ich sotiere ein paar Sachen, während Peter an Julian rum hantiert, welcher sich im Spiel was vertreten hat. Es klopft, aber die Tür geht nicht auf. Normalerweise kommen die Spieler einfach so rein. ,,Ja?", sagt mein Ausbilder etwas verwirrt. Die Tür öffnet sich und Mats kommt zum Vorscheinen. Er sieht immer noch aus, wie vor zwei Jahren, nur die Haare sind vielleicht etwas kürzer. ,,Ähm kann ich vielleicht mal kurz mit Emily reden?", fragt er unsicher. ,,Mats wie stellst du dir das vor? Ich muss arbeiten." ,,Es dauert nicht lang." ,,Es passt aber gerade nicht." Stirnrunzelnd sieht Peter mich an. ,,Wenn du möchtest kannst du kurz gehen. Das hier schaff ich auch alleine." Er lächelt mir kurz zu. Eigentlich hab ich keine Lust mit ihm zu reden, doch jetzt komme ich da nicht mehr raus. ,,Na schön." Ich stelle die Flasche Desinfektionsmittel ins Regal und folge Mats in den Gang. Ein Stück von der Tür weg, in einer kleinen geschützten Ecke, bleibt er stehen. Ich lehne mich an die Wand und sehe ihn an. ,,Schieß los." ,,Ich weiß, dass du mich vermutlich hasst", fängt er an, doch ich unterbreche ihn.
,,Wer sagt, dass ich dich hasse?"
,,Naja du hast damals Schluss gemacht und..." ,,Ja, rein aus der Situation raus. Weil ich keine Fernbeziehung wollte. Das hat nichts mit hassen zu tun." ,,Du hast dich aber nie gemeldet." Ich stoße mich von der Wand ab.
,,Ich hab mich nie gemeldet? Ich glaube du hast da was falsch verstanden. Du hättest dich melden sollen. Du bist immerhin abgehauen. Dass du erstmal mit der Situation klarkommen musstest, okay, ich habe auch meine Zeit gebraucht. Aber zwei Jahre?" ,,Es ist halt nicht einfach sich dann wieder zu melden. Was hätte ich deine Meinung nach schreiben sollen? Hi Emi? Wie geht's dir? Was machst du gerade? Oder hättest du lieber einen ellenlangen Text gehabt wie sehr ich liebe?" ,,Nein. Ich weiß es nicht. Aber trotz der zwei Jahre, hab ich nie aufgehört dich zu lieben Mats. Ich hatte keine Beziehung die länger als zwei Wochen hielt. Was meinst du wie es mir ging, als du dich nicht gemeldet hast?" ,,Ehrlich gesagt konnte ich dich auch nicht vergessen", murmelt er und sieht mir fest in die Augen. Ich schweige. ,,Vielleicht können wir ja wieder neu starten, wenn ich zurück komme." ,,Du kommst also wieder?" Er nickt. ,,Sehr warscheinlich." ,,Wie stellst du dir das vor Mats? Neu anfangen. Willst du einfach so da anfangen, wo wir aufgehört haben? So tun, als hätte es die zwei Jahre nicht gegeben? Das bin ich nicht und das weißt du. Das kann ich nicht, für sowas bin ich nicht geschaffen." Ich spüre wie mir allmählich die Tränen hochkommen. Das alles macht mich fertig. ,,Ich weiß." ,,Ich muss dann mal wieder." ,,Warte. Eins noch." Ich drehe mich wieder um und versuche krampfhaft die Tränen zu unterdrücken. Er kommt näher an mich ran und starrt auf meine Lippen. Wie so oft verliere ich mich in seinen Augen. Ehe ich weiß, was passiert liegen seine Lippen auf meinen. Das Adrenalin schießt durch meinen Körper und ein angenehmes Gefühl breitet sich in meinem Bauch aus. Wie sehr ich ihn vermisst habe, wie sehr ich das alles vermisst habe. Langsam lösen wir uns und meine Tränen fangen endgültig an zu fließen. ,,Das funktioniert nicht. Nicht so. Auch wenn ich dich liebe." Ich quetsche mich an ihm vorbei und bringe Abstand zwischen uns. Ohne noch auf irgendwas zu warten, gehe ich zurück zum Physioraum. Vor der Tür wische ich mir einmal über die Augen und gehe dann rein. ,,Alles klar Emily?", fragt Peter sofort. ,,Geht schon." ,,So wie ich dich kenne willst du nicht drüber reden, oder?" Ich schüttel den Kopf. ,,Kann ich irgendwas machen?"
,,Du fährst jetzt nach Hause. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dich in dem Zustand weiter arbeiten lasse." ,,Aber..." ,,Nichts da. Wir sehen uns morgen." Er zwinkert mir einmal zu. Dankbar lächel ich ihn an und verlasse das Zimmer wieder. Hoffentlich renne ich jetzt nicht noch irgendwem über den Weg.

Immer wieder BVBWo Geschichten leben. Entdecke jetzt